Heppenheim. Auf Kante genäht. Sagt man so, wenn es eng wird mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Und das gilt auch in der Kommunalpolitik, und auch in Heppenheim. Knapp zwei Jahre nach den Kommunalwahlen 2021 wird es für die eine oder andere Partei der Kreisstadt eng, soweit es um Ersatz für ausscheidende Mandatsträger geht.
Im Stadtteil Kirschhausen hat das inzwischen zur Folge, dass statt neun nur noch acht Ortsbeiratsmitglieder den Sitzungen folgen und die SPD nicht mehr im Gremium vertreten ist. Hintergrund ist eine Erkrankung, die sowohl die gewählte Vertreterin wie auch den Nachrücker daran hindert, das politische Amt fortzuführen beziehungsweise anzunehmen.
Aber nicht nur in Kirschhausen (wo die SPD übrigens vor einigen Jahren sogar vergessen hatte, ihre Bewerberliste rechtzeitig abzugeben) gibt es Probleme, alle Ortsbeiratsplätze und die auf Dauer zu besetzen. Denn auch in den anderen Stadtteilen ist es nicht leicht, eine ausreichend hohe Zahl an Bewerbern zu rekrutieren, die sich im Vorfeld einer Wahl für eine Kandidatur zur Verfügung stellen.
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Je nach Einwohnerzahl sollten mindestens sieben beziehungsweise neun Kandidaten bereit sein, sich für fünf Jahre in den Dienst der Kommunalpolitik zu stellen – für den unwahrscheinlichen Fall, dass man sämtliche Wähler auf seine Seite ziehen kann.
Was nicht bedeutet, dass eine Kandidatur gleichzusetzen ist mit Mandatserwerb. In Hambach gibt es derzeit beispielsweise keinen Vertreter der FDP, ebenso wie in Erbach, Mittershausen, Sonderbach oder Wald-Erlenbach.
Freie Wähler fehlen in Hambach, Kirschhausen, Ober-Laudenbach. Die SPD fehlt zwar in Kirschhausen, ist in den anderen Ortsbeiräten aber vertreten, und CDU-Vertreter sind in allen Stadtteilgremien zu finden, meist stellen sie hier die größte Fraktion.
Die CDU hat auch die größten Personalreserven, wenn Mandatsträger ausscheiden, sie kann überall relativ leicht nachlegen. Für die SPD wird es dagegen eng, nach Kirschhausen könnten auch in den Ortsbeiräten von Erbach, Mittershausen und Wald-Erlenbach irgendwann Genossen zur Nachbesetzung fehlen. Aber auch bei Grünen, FDP und Freien Wählern ist das Ende der Fahnenstange in Sicht, der eine oder andere Ortsbeirat könnte aus diesem Grund bis zum Ende der Legislaturperiode 2026 schrumpfen.
Sechs Nachrücker sagten ab
Diese Gefahr besteht beim Stadtparlament eher nicht. Auch wenn an der einen oder anderen Stelle deutlich geworden ist, dass es durchaus haken kann und auch 37 Bewerber keine absolute Gewissheit verschaffen, dass man bis zum Schluss bei voller Fraktionsstärke durchhält. Bevor sich beispielsweise für den SPD-Stadtverordneten Christopher Herbert, der im März 2022 aus persönlichen Gründen ausschied, ein Nachrücker (Alfons Löb) fand, musste das Wahlamt zur Kenntnis nehmen, dass sechs potenzielle Nachrücker nicht mehr nachrücken wollten.
Was mehr als zwei Jahre nach dem Aufstellen der Wahllisten für die Kommunalwahl nicht überrascht: Auch in dieser vergleichsweise kurzen Zeit – in der unter anderem Corona zugeschlagen hat – hat sich für viele Menschen vieles grundlegend geändert, privat, beruflich, vielleicht auch der Wohnort.
Eine Erfahrung, die viele Parlamentsmitglieder teilen
Und das natürlich nicht nur für Sozialdemokraten. Auch die anderen Parteien müssen damit rechnen, dass sicher geglaubte Ersatzleute Mandate ablehnen. Zumal für den einen oder die andere ein vorderer Platz bei der Wahl gar nicht eingeplant war.
Denn seitdem in Hessen 1999 das Kumulieren und Panaschieren eingeführt wurde, können sich auch „Zählkandidaten“, die bewusst „bitte ganz weit hinten“ aufgeführt zu werden wünschen, nicht mehr sicher sein, dass sie nicht doch im Stadtparlament landen. Ist man bekannt und möglicherweise auch noch beliebt, kann man unverhofft da landen, wo man eigentlich nicht unbedingt hinwollte. Eine Erfahrung, die inzwischen eine ganze Reihe von Parlamentsmitgliedern teilt.
In den Parteien sieht man die Zukunft gelassen; in der SPD zählt der Vorsitzende Benjamin Liesenberg immer noch mehr als 20 potenzielle Nachrücker. Und CDU-Fraktionschef Hermann Peter Arnold erinnert sich daran, dass in der vergangenen Legislaturperiode deutlich mehr Wechsel zu verzeichnen waren. Und auch kurz nach der letzten Wahl hatte es zunächst so ausgesehen, als gingen die Wechselspiele munter weiter. So verzichtete Nawid Hariri (FDP) schon Ende März 2021 auf sein nur wenige Tage zuvor erlangtes Mandat, Oliver Wilkening rückte nach.
Kräftig durchgemischt wurde das Parlament dann insbesondere durch die Wahl der ehrenamtlichen Magistratsmitglieder: Vier Mandatsträger von CDU (Steffen Gugenberger und Christoph Zahn), Grünen (Mathias Matzeit) und SPD (Helmut Bechtel) gaben ihren Parlamentssitz zugunsten eines Sitzes im Verwaltungsgremium auf, ihnen folgten wiederum vier Nachrücker – Klaus Bitsch, Thomas Vettel (beide CDU), Sebastian Bommes (Grüne) sowie Christopher Herbert (SPD).
Erst Wechsel, dann weitgehend Ruhe
Nur wenige Wochen nach der Vereidigung der neuen Stadträte gab es dann erneut einen Wechsel: Aus gesundheitlichen Gründen zog sich der inzwischen verstorbene FDP-Stadtrat Michael Casutt aus dem Gremium zurück. Den freien Platz übernahm Oliver Wilkening, der sein Mandat wiederum an den eigenen Sohn weiterreichte – den JuLi-Kreisvorsitzenden Ole Wilkening. Danach kehrte aber tatsächlich Ruhe ein, die CDU musste seitdem nicht mehr wechseln, ebenso wie LiZ/Linke und Tierschutzpartei.
Aber auch bei den Grünen (auf Pia folgte Andrea ) und der SPD ( für Herbert, siehe oben) herrscht knapp zwei Jahre nach den Wahlen mit jeweils nur einem Wechsel weitgehend Ruhe. WichmannHanssenLöbjr/ü
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