Heppenheim. Das Ganze schien nur mehr eine Formsache. Doch dann entbrannte rund um den der Adresse Siegfriedstraße 394 im Heppenheimer Stadtteil Kirschhausen geltenden Bebauungsplan eine langwierige Debatte um einen halben Meter. Diese Differenz machte LiZ/Linke-Fraktionsvorsitzende Ulrike Janßen aus und beunruhigte damit bald auch andere Mitglieder des Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses (BUS).
Sie berief sich auf die hessische Bauordnung. Tatsächlich besagt diese in Paragraf 6, Absatz 5, Satz 2: „In allen Fällen muss die Tiefe der Abstandsflächen mindestens 3 m betragen.” Nun weisen die zur Sitzung im Rathaus aufgehängten und nach und nach von mehreren Personen in Augenschein genommenen Pläne aber jeweils nur zweieinhalb Meter zwischen den vorgesehenen Häusern auf.
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Also alles hinfällig, zum Scheitern verurteilt? Das Gremium ließ sich am Ende nicht beirren, baute auf die Ausführungen der Verwaltung – und votierte zumindest in Gestalt der Großen Koalition aus CDU und SPD sowohl für die hinreichende Behandlung der eingegangenen Stellungnahmen als auch den Satzungsbeschluss. Auf Nachfrage dieser Zeitung machte die Verwaltung später deutlich, warum dieses Unterfangen bedenkenlos so weiterzuverfolgen sei.
Der zuvor von Janßen auf den Plan gerufenen Kreisverwaltung als Prüfbehörde genügt es demnach, wenn die Verwirklichung des Bauplans auf einen Abstand von drei Metern hinauslaufen kann. Dies wiederum ermöglichten die hier relevanten Baufenster, innerhalb derer das Vorhaben zu realisieren ist. Um die vorgeschriebene Distanz einzuhalten, wird entsprechend die Position des einen und/oder des benachbarten Hauses so verschoben, dass drei Meter zwischen beiden bleiben.
Janßen freilich blieb bei ihrer Einschätzung, zumal die Umgebung Platz für eine eindeutig sichere Planung gelassen hätte. Sie stellte sich an dieser Stelle also nicht gegen das jedoch wegen der damit verbundenen Versiegelung durchaus umstrittene Projekt, sie fürchte ein vermeidbares Scheitern an der Bauaufsicht. „Nonsens” nannte das Jürgen Semmler (CDU), aber: „Wir haben ja Meinungsfreiheit.”
Wenn Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss sowie beschließend Stadtverordnetenversammlung auch noch zustimmen, ist der Weg für das Vorhaben frei. Der Plan sieht ausschließlich Doppelhäuser vor: 14 an der Zahl, also 28 Doppelhaushälften.
Nach Abriss des früheren Hotels „Haus Lulay“ will das Schwetzinger Unternehmen Immo Real Estate GmbH dort mehr Wohnraum schaffen. Zu Infrastruktur und Zugang besagt der Plan: „Die Gebäude werden durch zwei Haupterschließungsstiche gegliedert. Von dem oberen Erschließungsstich zweigen wiederum drei kleinere Erschließungsstraßen für je zwei Doppelhäuser ab.”
Keine Winterdienstpflichten
Städtebaulich abgestimmt ist ein einheitlicher Charakter vorgegeben, der aber Raum für Flexibilität „durch getaktete Baufenster ähnlicher Größe und Gebäudehöhe” lässt. Janßen empfahl gleichwohl eine Anpassung: „Damit haben Sie Planungsrecht für den, der die Häuser bauen will.”
Sie bezeichnete die vorliegende Ausarbeitung als „unausgegoren”. Nachdem FDP-Fraktionsvorsitzender Christopher Hörst erwidert hatte, dass ein Verschieben über die Baufenster „schlicht und ergreifend” möglich sei, sprach er sich für ausreichende Zufahrten und auch Parkplätze aus.
Erstere unterstützte Janßen. Den Status nicht-öffentlicher Stichstraßen verteidigte Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), schließlich hätte die Stadt dort dann etwa keine Winterdienstpflichten. So zeigt sich, dass grundsätzlich alle mehr Wohnraum wollen, mitnichten aber ein breiter Konsens vorherrscht, wenn es um die Umsetzung geht. mbl/ü
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