Kritik

Im Heppenheimer Stadtparlament kriselt es

Äußerungen der kleineren Fraktionen lassen auf einen Riss zwischen der Großen Koalition und der Opposition schließen.

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fran/ü
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Yannick Mildner. © Jährling

Heppenheim. Die Stimmung in den politischen Gremien der Kreisstadt ist in den vergangenen zwölf Monaten gekippt. Zeigten sich die meisten Fraktionsvorsitzenden vor einem Jahr in einer Umfrage mit Blick auf das Miteinander in Parlament und Ausschüssen noch weitestgehend zufrieden, so lassen die jüngsten Äußerungen der kleineren Fraktionen auf einen tiefen Riss zwischen der Großen Koalition und der Opposition schließen.

Im Januar 2022 sprach die SPD-Fraktionschefin Andrea Pfeilsticker und Franz Beiwinkel, Fraktionsvorsitzender der Grünen, noch von einer „guten Kollegialität“ oder einer „Atmosphäre, die nicht allzu schlecht ist“.

Davon kann nach den jüngsten Äußerungen der FDP-Fraktion wohl kaum noch die Rede sein (wir berichteten). Die Liberalen hatten der Koalition zuletzt öffentlich einen „nicht immer fairen Umgang“, teilweise sogar „herablassende Kommentare“ vorgeworfen. Und auch vor der Verwaltung machten FDP-Fraktionsvorsitzender Christopher Hörst und seine Mitstreiter bei ihrer Schelte nicht Halt: Zu leichtfertig würden immer wieder Gremiensitzungen abgesagt, worunter die Demokratie merklich leide, lautete der Vorwurf.

Heppenheim vorangebracht

Offene Unterstützung erhalten die Liberalen diesbezüglich nun auch von der zweiköpfigen Fraktion der Tierschutzpartei im Stadtparlament. „Seit Bildung der Koalition aus CDU und SPD 2016 gab es etliche Anträge der Opposition – aus ausnahmslos jeder Fraktion – die Heppenheim vorangebracht hätten. Diese wurden vonseiten der Koalition oft aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt“, schließt sich Fraktionsvorsitzender Yannick Mildner der Kritik an Union und Sozialdemokraten an.

Er erinnert dabei unter anderem an die von seiner Fraktion gewünschte Katzenschutzverordnung, die von der Koalition im Oktober 2021 jedoch mit dem Argument abgelehnt wurde, dass sie „nicht wirklich erforderlich“ sei.

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Auch ein Ablehnen von Oppositionsanträgen, „um diese dann in leicht geänderter Form selbst einzubringen“, sei in den vergangenen Monaten öfter zu beobachten gewesen, so Mildner. „Hier sollten dann wenigstens alle Fraktionen, die dies wollen, mit ins Boot genommen werden und als gemeinsame Antragsteller fungieren“, fordert er.

Insgesamt wirke der Politikstil der Großen Koalition auf ihn so, als werde die Mehrheit „als reines Machtinstrument missbraucht, statt einen Ideenwettbewerb zuzulassen, um das Beste für die Kreisstadt zu erreichen“. Das von Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) diesbezüglich mehrfach geäußerte Argument, dass es eben Demokratie sei, dass die Mehrheit bestimme, empfindet die Fraktion eigenen Aussagen zufolge als problematisch.

Über Parteigrenzen hinweg

„Natürlich bestimmt in einer Demokratie die Mehrheit. Dies sollte aber nicht dazu führen, dass Anträge, die nicht von CDU und SPD stammen, aus Prinzip abgelehnt werden. Gerade in einer Kleinstadt wie Heppenheim sollte es doch möglich sein, über Parteigrenzen hinweg zu denken“, befindet Mildners Stellvertreter Alexander Fritz.

Es wäre seiner Meinung nach „sogar machbar“, mit wechselnden Mehrheiten zu agieren – was durch den Koalitionsvertrag jedoch weitgehend ausgeschlossen ist. „Anträgen, die Heppenheim voranbringen, wird zugestimmt, jene, die es nicht tun, werden abgelehnt beziehungsweise verbessert“, schlägt Fritz vor. Diese Form des Politikstils scheine mit CDU und SPD jedoch „leider fast unmöglich zu sein“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Weiter monieren Mildner und Fritz, dass es im Parlament oftmals auch um persönliche Befindlichkeiten gehe.

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