Heppenheim. Mit einer faustdicken Überraschung hatte die Stadtverordnetenversammlung am 7. Oktober aufgewartet: Auf Antrag der Fraktion der Tierschutzpartei stimmte das Stadtparlament mit deutlicher Mehrheit für eine „Steuerbefreiung für Tierheim-Hunde“ – obwohl der Antrag bei den vorangegangenen Beratungen in den Ausschüssen noch mehrheitlich abgelehnt worden war.
Im Klartext sollte das bedeuten: Wer künftig im Heppenheimer Tierheim einen Hund erwirbt und seinen Wohnsitz in der Kreisstadt hat, wird dauerhaft von der Hundesteuer befreit. Bislang galt dies lediglich für die ersten zwölf Monate. Danach war eine jährliche Zahlung von mindestens 96 Euro fällig.
Die Überraschung ist groß
Doch die Betonung liegt auf dem Wörtchen „sollte“: Das letzte Wort ist in Sachen Steuerbefreiung für Tierheimhunde nämlich noch nicht gesprochen. Denn zur Überraschung aller Stadtverordneten berichtete Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) in der jüngsten Sitzung: „Zum Beschluss vom 7. Oktober läuft derzeit eine Anfrage beim Hessischen Städtetag.“ Es bestünden Bedenken „bezüglich der Vereinbarkeit mit geltendem Recht“, führte der Rathauschef aus. Die Lampertheimer Stadtverwaltung habe die Kollegen in der Kreisstadt auf diese Problematik hingewiesen, da sie sich derzeit mit dem gleichen Thema auseinandersetzen müssten.
Ungläubige Blicke wanderten daraufhin durchs Plenum, allen voran Yannick Mildner und Alexander Fritz von der Tierschutzpartei waren perplex. „Wie kann das sein?“, fragte Mildner und verwies – wie bereits in der Begründung des Antrags im Oktober – auf Kommunen, die die Steuerbefreiung für Tierheimhunde schon seit längerer Zeit ohne rechtliche Bedenken umgesetzt hätten. „Beispielsweise in Mannheim sind Hunde aus dem Tierheim bereits seit Anfang 2020 von der Hundesteuer befreit“, sagte der Fraktionsvorsitzende.
Der Bürgermeister betonte seinerseits, er sei von der Mitteilung aus Lampertheim ebenfalls überrascht worden. „Es steht jedoch im Raum, dass dieser Beschluss womöglich gegen das Gleichheitsprinzip, also sogar gegen das Grundgesetz verstößt“, sagte Burelbach. Das Grundrecht in Artikel 3 des Grundgesetzes besagt in erster Linie, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind. Im Fall der Hundesteuerbefreiung heißt das: Es dürfte demnach für die jeweiligen Besitzer eigentlich keinen Unterschied machen, ob Tiere aus dem Heppenheimer Tierheim stammen oder aus einer anderen Einrichtung.
Die Lampertheimer Stadtverwaltung interpretiert den Artikel der Verfassung sogar noch etwas weiter. Allen voran Gregor Ruh, Fachbereichsleiter Finanzen im Rathaus der Spargelstadt, hat diesbezüglich in der Vergangenheit schon des Öfteren mahnend den Zeigefinger erhoben. Forderungen nach einer Steuerbefreiung für Tierheimhunde waren in Lampertheim bereits Anfang des Jahres laut geworden – in erster Linie von der damaligen sozial-liberalen Koalition.
„Aus dem Grundsatz, dass wesentlich Gleiches auch gleich zu behandeln ist, leitet sich das Gebot der Steuergerechtigkeit ab“, hieß es nur wenige Tage nach der Heppenheimer Parlamentsentscheidung zudem in einer Beschlussvorlage aus dem Stadthaus. Demnach dürften „gleiche Besteuerungstatbestände nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen für die Gesamtheit der Hundehalter führen“. Die Lampertheimer CDU sieht dies ähnlich. So betonte Fraktionschef Alexander Scholl im Oktober: „Der Hessische Städtetag sieht die Befreiung kritisch. Wir müssen uns nicht unbedingt in Gefahr bringen.“
Burelbachs Kollege Gottfried Störmer (parteilos) relativierte diese Äußerung wiederum in der Form, dass der Hessische Städtetag signalisiert habe, das Vorhaben sei „grenzwertig, aber nicht völlig daneben“. Gleichwohl bietet auch diese Aussage reichlich Raum für Spekulationen und Interpretationen.
Angesichts dieser unsicheren Rechtslage appellierte Burelbach dann auch an die Heppenheimer Stadtverordneten, die Stellungnahme des Hessischen Städtetages abzuwarten und keine voreiligen Diskussionen zu führen.
Einig sind sich alle Beteiligten freilich weiter in der Sichtweise, dass das Heppenheimer Tierheim entlastet und die Arbeit der Mitarbeiter vonseiten der Stadt honoriert werden müsse. „Menschen, die sich einen Hund aus dem Tierheim holen, schenken einem verwaisten Tier ein neues Zuhause und sorgen für die Entlastung des Tierheims“, lautet nicht nur die Prämisse von Yannick Mildner. fran/ü
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