Heppenheim. Die meisten Menschen meckern in Gesprächen über Politiker pauschal über „die”, die es vor allem sich selbst recht machen wollten. Auch Saskia Böhm-Fritz (38) sah und sieht genug Anlass zur Kritik, wollte es anders als die meisten Mitmenschen aber nicht dabei belassen.
Im Zuge der jüngsten Heppenheimer Bürgermeisterwahl reifte im Familienkreis die Erkenntnis: Man müsste eigentlich mehr machen. Gesagt, getan. Die in vielen Vereinen engagierte Heppenheimerin trat noch 2017 der Partei „Mensch Umwelt Tierschutz” bei, weil nur die weitreichend ihren Zielen und Idealen nahe gestanden habe. Am 12. März steht wieder eine Bürgermeisterwahl an, und nun kandidiert sie selbst für Heppenheims höchstes Amt.
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„Ich liebe diese Stadt”, bekennt Böhm-Fritz. In Birkenau verbrachte sie nur die ersten Jahre ihres Lebens, dann ging es 1991 in die Kreisstadt, wo schon vorher regelmäßige Besuche stattfanden, die Familie Wurzeln hat. Mit der verbringt sie am liebsten ihre rare Freizeit. Und natürlich mit ihrem Mann Alexander Fritz. Er folgte ihr schon bald in die Tierschutzpartei, ist im Landesvorstand und gehört seit der Kommunalwahl 2021 Heppenheims Stadtverordnetenversammlung an.
Inklusion in allen Facetten
Beide eint das integrative Streben. Fritz arbeitet leitend in der Altenpflege, Böhm-Fritz im inklusiv orientierten Handel. Die gelernte Bankkauffrau sattelte um auf Einzelhandel und wurde in dem Bereich auch Fachwirtin. In der Marktleitung und als Ausbilderin übt sie bereits eine Führungsrolle aus. Die Arbeit ist ihr wichtig, und sie kann darin Erfüllung finden. Die Arbeit mit Schwerbehinderten sei besonders reizvoll, das I-Tüpfelchen.
Solch große Verantwortung so gern zu übernehmen, ist schon mal eine Grundlage für ihre ambitionierten Ziele. Danach gefragt, ob ihr jemand abgeraten habe, erzählt sie von der uneingeschränkten Unterstützung voll „Rückendeckung und Respekt” aus ihrem Umfeld. Anerkannter Mut, dem wiederum Taten folgen sollen. Böhm-Fritz möchte „das Wir fördern”.
Inklusion, ihr Leitmotiv, beschränke sich beileibe nicht auf Menschen mit Behinderung, sondern sei auch gesellschaftlich in allen Facetten zu verstehen. Das habe mit Migration, Bildung, Alter und vielem mehr zu tun. Im Wahlkampf versucht sie, alle zu erreichen, und doch ist ihr klar, dass das nicht gelingen kann. Aber alle sollen sich angesprochen und rechtzeitig informiert fühlen, vor allem von ihr als Bürgermeisterin. Mindestens bei größeren städtischen Vorhaben, etwa im Bauwesen.
Darum schätzt sie die Arbeit von Bürgerinitiativen, da diese aufrütteln und zurecht Kommunikation einfordern, derer es umfassend bedürfe. Den in Heppenheim intensiv genutzten und von der Stadtverwaltung auch verfolgten Mängelmelder will Böhm-Fritz ausbauen zu einem Kummer-und-Sorgen-Kasten. Der postalisch, per Mail, idealerweise über eine vielseitig einsetzbare App bespielt und gepflegt werden sollte. „Aktuell ist der Bürger in der Holschuld”, sagt sie und will das ändern. Eine fürsorgliche Antwort auf nicht immer unverschuldet mangelnde Informiertheit der Bevölkerung.
Die Bürgerschaft sollte ihrer Ansicht nach gezielt benachrichtigt werden, um dann aber schon realistisch einzuschränken: „bei wirklich sehr großen Projekten”. Der Basisdemokratie zugeneigt, sollten im Zweifel bei Streitfragen letztlich Bürgerentscheide die Richtung weisen. Böhm-Fritz möchte die Menschen wirklich abholen und mitnehmen, ermutigen.
Die jüngst über das Schulbarometer und den nationalen Bildungsbericht wieder deutlich sichtbare Bildungsmisere macht der Aufsteigerin große Sorgen.Was auf den ersten Blick Ländersache ist, könne und müsse doch auf kommunaler Basis Unterstützung erfahren. Dort, wo die Defizite in Unterricht und Alltag auffallen (müssen). An verstärkende Deutschkurse in den Ferien denkt sie dabei. Und an mehr Jugendarbeit.
Zweigleisig fährt die Kandidatin trotz Landtagswahlen nicht
Der Bruchsee zählt zu Heppenheims Orten, an denen sie sich sehr gern aufhält, gern mit Büchern. Naturschätze zu erhalten, ist ihr so wichtig wie das Tierwohl. Auch wenn der Untertitel Tierschutzpartei das suggeriert, sieht die Landesschatzmeisterin sich und ihre Partei aber keineswegs monothematisch aufgestellt.
Das erste der Haupt-Schlagworte lautet Mensch. Den stellt sie im Gespräch mit dieser Zeitung auch in den Fokus. „Wenn es nicht klappen sollte”, sagt Saskia Böhm-Fritz mit Betonung des Konjunktivs zum Rennen gegen Amtsinhaber Rainer Burelbach (CDU) und Mit-Herausforderer Peter Janßen (LiZ), will sie sich unbedingt weiter einbringen.
Auch die hessischen Landtagswahlen stehen in diesem Jahr an. Zweigleisig fährt die Kandidatin aber nicht, für die Stadt will sie verändern und zusammenführen. Gibt es denn noch mehr außer Politik und Familie? Konzerte und Musicals, lautet die Antwort mit einem Schwärmen. Da strebt sie aber nicht auf die Bühne. Und doch passt die Freude am Zuhören. mbl/ü
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