Heppenheim. Trotz Corona, des Krieges in der Ukraine und der weltweiten Energiekrise gilt: Die Kreisstadt Heppenheim steht wirtschaftlich so gut da wie lange nicht. So gut, dass zuletzt sogar die Wirtschaftsvereinigung Bensheim (WVB) neidvoll in Richtung des zuweilen ungeliebten Nachbarn schaute. Bensheim sei in Sachen Gewerbesteuer von der Kreisstadt bereits abgehängt worden, monierte der Unternehmer Jürgen Streit unlängst bei der Jahreshauptversammlung der WVB. Er bezeichnete diese Tatsache als „schmerzhaft“ – wohlwissend, dass es vor gar nicht allzu langer Zeit noch genau umgekehrt war.
Der jeweilige Hebesatz sei für Unternehmen längst auch ein entscheidendes Kriterium bei der Standortwahl, gab Streit darüber hinaus zu bedenken. Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), der Vorsitzende der Heppenheimer Wirtschaftsvereinigung (HWV), Christopher Hörst sowie Sophia Hübner von der städtischen Wirtschaftsförderung können dies nur unterstreichen.
Durch die kurz vor dem Jahreswechsel vom Stadtparlament beschlossene Senkung des Hebesatzes auf nur noch 360 Prozent würden zum einen die ansässigen Unternehmen entlastet, „gleichzeitig erhöht Heppenheim seine Attraktivität für Neuansiedlungen“, stellte Hübner unlängst fest.
Wichtig ist ein positives Image
Gleichwohl bedürfe es neben den Hebesätzen und den schon vor längerer Zeit abgeschafften Straßenbeiträgen weiterer Faktoren, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Heppenheim zu erhalten oder gar weiter zu steigern, mahnte Burelbach im Rahmen der „Heppenheimer Wirtschaftslounge“ am Mittwochabend. „Wir brauchen insgesamt ein positives Image. Dann ziehen die Leute hierhin, dann wollen sie gerne hier arbeiten und wohnen“, sagte Burelbach. Er nannte dabei beispielhaft die hohe Zahl der Einpendler (7659), die von der IHK Darmstadt unlängst veröffentlichte Kaufkraftkennziffer von 107,2, „die unserem Einzelhandel zugutekommt“, sowie das umfangreiche Kulturangebot mit Weinmarkt, Gassensensationen, Musikfestivals oder Festspielen.
Über 90 Personen aus mehr als 60 in der Kreisstadt ansässigen Unternehmen waren der gemeinsamen Einladung von kommunaler Wirtschaftsförderung und Wirtschaftsvereinigung ins „Oma Magret“ auf dem Marktplatz gefolgt, um Neuigkeiten über die wirtschaftliche Entwicklung an ihrem Standort zu erfahren, sich auszutauschen und das eigene Netzwerk bestmöglich zu erweitern.
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Den Standort habe man dabei ganz bewusst gewählt, erklärten Hörst und Burelbach unisono. Zum einen habe das Inhaber-Duo Constance Beier und Jochen Jung mit der großangelegten Sanierung des historischen „Haus Nack“ und der dortigen Neueröffnung des „Oma Magret“ vor vier Wochen großen Mut bewiesen; zum anderen zähle die Gastronomie – nicht nur auf dem Marktplatz – zu den weichen, aber eminent wichtigen Standortfaktoren. „Wir alle können von einer ansprechenden und abwechslungsreichen Gastronomie nur profitieren“, betonte der Bürgermeister.
Jochen Jung nahm das Lob stellvertretend für seine Kolleginnen und Kollegen gerne entgegen, erinnerte zugleich aber an die Probleme, mit der die gesamte Branche aktuell zu kämpfen habe, allen voran an den akuten Personalmangel. „Aktuell fehlen uns sieben Festangestellte“, sagte er. Dass sein Unternehmen – neben dem „Oma Magret“ betreiben Beier und er noch den benachbarten „Schwan“ sowie die „Coccola“-Eisdielen – dennoch vergleichsweise gut dastehe, habe man der Tatsache zu verdanken, dass auch während des Lockdowns die regulären Gehälter gezahlt worden seien.
Christopher Hörst nutzte seinerseits die Gelegenheit, um neue Mitglieder für die Wirtschaftsvereinigung zu gewinnen. „Wir sind der Gewerbeverein, der zugleich Netzwerk sein will“, sagte er. Auch mit diesem gewerkeübergreifenden Netzwerk lasse sich Wirtschaftsförderung betreiben, fügte er hinzu.
Wie Burelbach regte er zudem an, derartige Treffen künftig vermehrt ausrichten zu wollen. Die Stadt tue dies, so Burelbach, seit Jahren – zumeist in Kooperation mit einem Unternehmen. Die Wirtschaftsvereinigung möchte ihre Mitglieder durch eigene Events künftig noch besser miteinander vernetzen.
Dass beides Sinn machen kann, zeigte das Zusammenspiel von Stadt und HWV am Mittwochabend auf verschiedenste Weise: Neue Kontakte wurden geknüpft, bereits bestehende intensiviert. „Es ist schön und wichtig, dass es solche Treffen gibt und auch weiterhin geben soll“, sagte Franz Bechtel, Inhaber eines Tiefbau-Unternehmens mit Sitz an der Breslauer Straße. Stefan Ensinger, Regionalmarktleiter fürs Firmenkundengeschäft an der Bergstraße bei der Volksbank Südhessen freute sich hingegen, „dass man sich auch mal auf eine andere Weise trifft. Zwar kennt man viele Leute schon, doch trifft man sich zumeist zu einem ganz bestimmten Anlass. Heute ist es einfach ungezwungen“.
Wie angenehm ein branchenübergreifender Austausch sein kann, zeigte sich auch beim Gespräch zwischen Boutique-Inhaberin Marion Wilke-Gobes, Raumausstatterin Petra Fischer und dem Motoreninstandsetzer Christian Gölz. Die Geschäftsfelder könnten unterschiedlicher kaum sein, doch verfolgt jeder das gleiche Ziel: den wirtschaftlichen Erfolg an einem attraktiven Standort. fran/ü
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