Neue Bleibe

Drei Heppenheimer Esel ziehen auf den Gnadenhof

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fran/ü
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Auf dem Weg nach Nieder-Beerbach wussten die drei Esel noch nicht so recht, wie ihnen geschieht. Inzwischen sind sie in der „Tierherberge Mühltal“ schon heimisch geworden. © Saskia Böhm-Fritz

Heppenheim. Selten waren sich Heppenheims Stadtverordnete so einig, wie bei der Entscheidung über die künftige Nutzung des früheren Ziegenzuchtgeländes am erweiterten Erbachwiesenweg: Ohne Gegenstimme wurde vor fast genau vier Wochen der Antrag der Großen Koalition angenommen, der auf dem knapp 12 000 Quadratmeter großen Grundstück unter anderem die Errichtung einer Hundewiese vorsieht. Ein deutlich größerer Teil soll jedoch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – „als Freifläche für eine Mehrzwecknutzung“, was jedoch noch genauer definiert werden soll.

Besonders wichtig war und ist sowohl den Stadtverordneten als auch dem Magistrat aber die Tatsache, dass „das Ziegenzuchtgelände und der frühere Vogelpark als ein gemeinsames Projekt angesehen werden sollte“, wie Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) bei der jüngsten Sitzung des Stadtparlaments noch einmal ausdrücklich erwähnte. „Beide Grundstücke sind schöne Flächen, die hervorragend für Freizeitmöglichkeiten nutzbar sind.“

Vorher müssen beide Areale aber erst einmal freigeräumt werden. Mit Blick auf den Vogelpark heißt das: Sämtliche Bestandsgebäude werden in Kürze abgerissen. Auf dem früheren Gelände des Ziegenzuchtvereins dürften zwar auch bald die Bagger anrollen, zunächst einmal genossen jedoch andere Dinge Priorität – allen voran ein Mann, der dort seit geraumer Zeit in einem Campingwagen lebt, sowie drei Esel, die Burelbach unlängst noch als „herrenlos“ bezeichnet hatte.

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Während der Einsiedler nach wie vor auf dem Gelände zu Hause ist, wurde für die drei Tiere überraschend schnell eine neue Bleibe gefunden. „In Zusammenarbeit mit Alexander Fritz von der Tierschutzpartei konnten wir die Esel an einen Gnadenhof im Landkreis Darmstadt-Dieburg vermitteln“, sagte Burelbach im Parlament. Fritz hatte schon in der vorangegangenen Sitzung am 7. Oktober seine Bereitschaft erklärt, die Vermittlerrolle zu übernehmen. Keine drei Wochen später wurde der „Umzug“ erfolgreich abgeschlossen.

Untergekommen sind die Lasttiere demnach auf dem Gnadenhof des Vereins Tierherberge Mühltal im Ortsteil Nieder-Beerbach. „Hier werden sie fachgerecht gepflegt. Wir sind uns sicher, dort gute, neue Kümmerer für das Trio gefunden zu haben“, sagt der Bürgermeister auf Nachfrage der Redaktion. Im Stadtparlament kündigte er überdies an: „Wir werden den Hof als Dank auch mit einer Spende unterstützen.“

Geld- und Sachspenden dieser Art kann der Verein um seine Vorsitzende Monika Bumann natürlich gut gebrauchen. Schließlich sind auf dem Gelände eines umgebauten Bauernhofes neben den drei Heppenheimer Eseln noch vier weitere Artgenossen, acht Pferde, 34 Hunde, zahlreiche Katzen sowie 13 Schafe beheimatet.

Es habe derweil keiner großen Überzeugungsarbeit bedurft, um die zwei Hengste, die auf die Namen Max und Lukas hören, und Stute Sunny bei Monika Bumann und ihren Mitstreitern im beschaulichen Mühltal unterzukriegen, berichtet Alexander Fritz im Gespräch mit der Redaktion. „Wir haben uns vor einigen Jahren über meine Frau kennengelernt. Da ich weiß, dass Monika bei Tieren ein sehr weiches Herz hat, habe ich einfach nachgefragt.“ Und tatsächlich musste Bumann nicht lange überlegen, als sie die Tiere erstmals zu Gesicht bekam. „Sie waren so zutraulich und gut drauf“, erinnert sich Fritz. Und auch Monika Bumann gibt unumwunden zu: „Bei solchen Tieren kann ich nicht Nein sagen.“

Nach einer Woche bereits eingelebt

Nach etwas mehr als einer Woche hat sich das muntere Trio auf dem Gnadenhof dann auch bereits bestens eingelebt, wie Bumann auf Nachfrage berichtet. „Denen gefällt‘s hier richtig gut. Wir haben ihnen aber auch einen kleinen Tanzsaal hergerichtet. Mit viel Heu und Stroh“, sagt sie – wenngleich sie auch die „schlimme Fehlernährung“ der vergangenen Jahre moniert. „Das braucht seine Zeit, aber auch das kriegen wir hin“, sagt Bumann. In den nächsten Tagen steht für Max, Lukas und Sunny aber erst einmal eine Wurmkur mitsamt Gesundheitscheck auf dem Programm. Die männlichen Tiere müssen zudem kastriert werden, auch die Hufe brauchen einen neuen Schnitt.

Dass es den Tieren in Nieder-Beerbach grundsätzlich deutlich bessergehen wird als auf dem Ziegenzuchtgelände, davon sind Burelbach und Fritz überzeugt. „Das ist für alle Beteiligten eine gute Lösung. Ich habe mich sehr gerne darum gekümmert“, sagt der Stadtverordnete der Tierschutzpartei.

Und zu guter Letzt gewährt er sogar noch einen kurzen Einblick in den Ablauf des durchaus turbulenten Umzugstags: „Ich war an diesem Tag dabei – auf dem Ziegenzuchtgelände und auch in Mühltal. Und ich hätte bis dahin nicht daran geglaubt, irgendwann einmal einen Esel einfangen zu müssen. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung und auch eine gewisse Herausforderung“, sagt er lachend. fran/ü

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