Heppenheim. Gammastrahlung ist Strahlung aus dem Universum mit der höchsten Energie, die bisher gemessen wurde. Woher sie kommt, wird derzeit noch intensiv erforscht. Ein Thema also für studierte Physiker, die sich seit vielen Jahren mit der Materie auseinandersetzen. Aber nicht nur: Die Heppenheimerin Vanessa Guthier hat sich exakt dieses Thema für ihre Teilnahme am Wettbewerb „Jugend forscht“ ausgesucht – und wurde Bundessiegerin.
18 Jahre ist Vanessa alt, Physik fasziniert sie bereits seit Langem. Früher besuchte sie das Heppenheimer Starkenburg-Gymnasium. „Ich hatte den Eindruck, dass ich immer sehr schnell mit den Aufgaben fertig war und fand, dass die Themen zu wenig in die Tiefe gingen, insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich“, blickt die Schülerin zurück. Zusatzangebote fehlten, also schaute sie sich um, wo es eine Schule geben könnte, in der sie sich besser aufgehoben und gefördert sehen würde.
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Bei der Internet-Recherche stieß sie auf die Landesschule Pforta in Naumburg, ein Internatsgymnasium, dessen Anfänge zurück bis ins 16. Jahrhundert reichen. Träger ist das Land Sachsen-Anhalt. Hier werden rund 300 begabte Schüler von der 9. Klasse bis zum Abitur (G8) in den drei Sparten Naturwissenschaften, Sprachen und Musik gefördert.
Die Internetseite der Begabtenschule sprach Vanessa an, und sie besuchte den Tag der offenen Tür. Was sie dort sah, hat sie begeistert: „Ich fand die Gemeinschaft ziemlich beeindruckend und entschloss mich, es auszuprobieren.“ Darauf hin bewarb sie sich für die Aufnahme in den naturwissenschaftlichen Zweig – und wurde nach dem erfolgreich absolvierten Aufnahmetest auch aufgenommen. Seit der 9. Klasse ist sie nun dort, „es hat mir gleich gut gefallen“, sagt sie. Gerade steckt sie mitten im Abitur, in der kommenden Woche steht noch die mündliche Prüfung in Sozialkunde an. Sie lobt die Förderung, die sie im Internat bekommen hat und die Ausstattung der Schule, die ganz andere finanzielle Möglichkeiten habe. Teilweise gibt es dort sogar noch historische Experimente aus der langen Tradition der Schule. Ein weiterer Vorteil: Dort sind nur Schüler, „die wirklich wollen“.
Themen-Idee kam ihr im Praktikum
Bei „Jugend forscht“ hat sie zum ersten Mal teilgenommen, und zwar in der Sparte „Geo- und Raumwissenschaften“. Auf ihr Thema kam sie durch ein zweiwöchiges Praktikum am Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik, das sie im vergangenen Frühjahr absolviert hat. Tag für Tag hat sie sich dort mit der Gammastrahlung auseinandergesetzt. „Es gibt verschiedene Objekte im Weltall, die bisher für Gammastrahlung verantwortlich gemacht werden, dazu zählen Sternhaufen“, erklärt sie.
Vanessa Guthier hat nach weiteren Sternenhaufen gesucht, die bisher noch nicht in den Zusammenhang mit der Erzeugung von Gammastrahlen gebracht wurden. „Ich habe versucht, Leitlinien zu suchen, welche Eigenschaften ein Sternhaufen haben muss, um Gammastrahlung zu erzeugen.“ Sie schrieb ein Computerprogramm, mit dem sie die spezifischen Bedingungen identifizieren konnte, die erfüllt sein müssen, damit Gammastrahlung entstehen kann. Und tatsächlich entdeckte sie zwei Sternhaufen, die sehr wahrscheinlich Gammastrahlen erzeugen, dazu konnte sich auch die Leitlinien darstellen. Nicht nur ein toller Erfolg für die Schülerin, sondern auch ein wichtiger Beitrag für die Forschung.
Studium in Heidelberg soll folgen
Mit ihren Ergebnissen landete sie erst im Regionalentscheid auf dem ersten Platz, später wiederholte sie dieses Ergebnis beim Landesentscheid. Beim Bundeswettbewerb setzte sie sich gegen sieben Konkurrenten durch. In Heidelberg will Vanessa Guthier ab dem Herbst Physik studieren. Eine Pause will sie nicht machen: „Ich freu mich einfach viel zu sehr auf das Studium.“ Der Erfolg bei „Jugend forscht“ bestätigt sie in ihrem Ziel. Welche Fachrichtung sie einschlagen will, lässt sie sich noch offen: „Ich habe viele Bereiche noch nicht kennengelernt.“ Ist sie hochbegabt? Das weiß Vanessa Guthier nicht. Es würden zwar Intelligenztests im Internat gemacht, die Ergebnisse erhielten die Schüler jedoch nicht. „Das verhindert, dass sich die Leute an Zahlen ausrichten, die nichts über den Charakter und den Menschen an sich aussagen.“
An den Wochenenden, meist an jedem zweiten, fährt sie nach Hause zur Familie, die im Heppenheimer Stadtteil Erbach wohnt. Die Zwillingsschwester und die jüngere Schwester besuchen beide das Starkenburg-Gymnasium. 5,5 Stunden dauert die Fahrt mit dem Zug. Daheim warten mehr als hundert Zimmerpflanzen darauf, von ihr gegossen zu werden. Ein weiteres Hobby der 18-Jährigen ist Zumba. Darüber hinaus führt sie in einer eigenen Theatergruppe Regie. rid/ü
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