Altstadt

Bergsträßer Weinmarkt und Heppenheimer Festspiele auf einer Baustelle

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fran/ü
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Heppenheim. Es scheint fast so, als hätten die Bauarbeiter im Kurmainzer Amtshof den Besuch des Magistrats mit Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) und Erster Stadträtin Christine Bender (SPD) an der Spitze erwartet. Denn urplötzlich wird es ruhig auf Heppenheims derzeit wohl größter und wichtigster Baustelle – just in dem Moment, als Burelbach mit seinem Fahrrad vor dem Bauzaun vorfährt.

Zwei Fliegen mit einer Klappe will das Stadtoberhaupt an diesem sonnigen Nachmittag schlagen: Zum einen gilt es, Kilometer für die Stadtverwaltung beim Stadtradeln zu sammeln; zum anderen wollen sich die Mitglieder des höchsten Verwaltungsgremiums ein Bild der Lage im Amtshof verschaffen. Der wird seit über einem Jahr in ein modernes Kulturzentrum umgebaut, wobei alle Beteiligten nach diversen archäologischen Funden und damit einhergehenden Verzögerungen zunehmend unter Zeitdruck stehen.

© Christopher Frank

Denn: Bis zum Beginn des Weinmarkts am 24. Juni sind es nicht einmal mehr sechs Wochen. Und nur kurz darauf sollen die Akteure der Festspiele das historische Gebäudeensemble nach dann dreijähriger Pause wieder mit kulturellem Leben erfüllen.

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Können beide Großveranstaltungen angesichts der Verzögerungen sowie der weltweiten Lieferprobleme und des allgegenwärtigen Rohstoffmangels tatsächlich wie geplant über die Bühne gehen? Diese Frage stellen sich nicht nur viele Bürger, diese Frage stellt sich auch der Magistrat – wenngleich Bender noch am Dienstag im Sozial-, Kultur- und Sportausschuss betont hatte: „Der Weinmarkt ist durch die Baustelle in keiner Weise gefährdet. Wir werden endlich wieder feiern können – keine Frage.“ Allerdings räumte sie such ein: „Ob wir den kompletten Amtshof nutzen können, müssen wir noch abwarten.“ Es handle sich schließlich um eine „enge und anspruchsvolle Baustelle, bei der abschnittsweise vorgegangen werden muss und man nicht viele Dinge parallel zueinander durchführen kann“.

Vor Ort überwiegt nun ebenfalls der Optimismus. So geht die Erste Stadträtin und Baudezernentin davon aus, dass alle Buchten des Amtshofs am 24. Juni wie gewohnt öffnen können – und öffnen werden. Gleichwohl müssen sich Buchtbetreiber wie Gäste dann wohl auf einen eher unüblichen Bodenbelag einstellen. Zwar werde das Baumaterial zu großen Teilen ins Innere des Amtshofs sowie in die Kellerräume verlagert, doch müsse man wahrscheinlich behelfsmäßige Platten auslegen, da die Zeit wohl nicht ausreichen wird, um bis zum Weinmarkt-Auftakt auch noch das Pflaster zu verlegen, so Bender.

Geschlossen soll bis dahin jedoch bereits die Decke über den Kellerräumen sein, in denen sich einst die riesigen Tanks der Bergsträßer Winzer befanden. Dem Laien erscheint dies beim freien Blick in die Tiefen des Kellers derzeit zwar noch vergleichsweise unrealistisch, doch betont die Erste Stadträtin: „Die Betonplatte ist schon mal drin. Das war technisch sehr aufwendig und mitunter auch heftig. Aber jetzt kann es dort eigentlich recht zügig vorangehen.“ Aktuell steht die Bewehrung auf dem Plan, unmittelbar danach soll betoniert werden. „Und das geht dann normalerweise wirklich ganz schnell“, lautet das sachkundige Urteil des ehrenamtlichen Stadtrats Steffen Gugenberger, seines Zeichens Malermeister und mit Baustellen von Berufs wegen bestens vertraut. Das dürften die neuen Ausrichter der Festspiele nur allzu gerne hören. Sie wollen und sollen schließlich einen geschlossenen Amtshof vorfinden, um das Freilufttheater wiederzubeleben.

Bei der Baustellenbesichtigung wird dies natürlich auch thematisiert. Dazu sagt die Erste Stadträtin: „Wir wollen versuchen, während der Festspiele im Gewölbekeller und den Innenräumen weiterzuarbeiten, allerdings in Absprache und mit großer Rücksicht auf die Schauspieler. Das Theater soll und darf davon nicht beeinträchtigt werden.“

Apropos Gewölbekeller: Über eine Treppe gelangen die Magistratsmitglieder in die historischen Gemäuer. „Hier ist bereits alles entkernt und ausgebaut worden“, sagt Bender stolz. Mathias Matzeit (Grüne) zeigt sich hocherfreut über die „angenehme Temperatur“ – zumal „es sich nicht besonders feucht anfühlt“. Bei sommerlichen Außentemperaturen bietet dieser Arbeitsbesuch also tatsächlich auch eine gewisse Abkühlung. Als „nicht die klügste Entscheidung“ wertet Bürgermeister Rainer Burelbach hingegen die eine oder andere Umbaumaßnahme, die dort bereits vor Jahrzehnten stattgefunden haben muss: Zum Teil wurden damals Decken ins Gewölbe gezogen, sie werden der Nachwelt wohl erhalten bleiben müssen.

Unweigerlich fällt nun der Blick auf eine Holzkonstruktion, die stark an ein Fachwerk erinnert. Doch die Konstruktion dient ausschließlich der Baustellen-Sicherheit. Sie soll dafür sorgen, dass das Gewölbe stabilisiert wird und nicht zu sehr unter den tagtäglichen Erschütterungen der Baumaschinen leidet. Stichwort: Einsturzgefahr.

Mehr Fluchtwege

Zugleich kommen beim Rundgang durch die Kellerräume Erinnerungen hoch. Stadtrat Helmut Bechtel (SPD) blickt auf eine Weinprobe vor über 20 Jahren zurück, Christine Bender erinnert sich an so manche Fastnachtsparty, die hier zumeist an Altweiberfastnacht und nach dem sonntäglichen Umzug stattgefunden hat. Nicht nur sie hat dabei das Gedränge im Kopf, das durch die schmalen Treppen noch einmal verstärkt wurde. Die Fluchtwege waren oftmals kaum mehr zugänglich. Dies soll sich künftig ändern: Die Haupttreppe wird nach unten deutlich breiter, darüber hinaus betonen Burelbach und Bender: „Wir haben künftig vier Ausgänge, vom Brandschutz her ist dann alles vorhanden.“

Und sogleich schießen wieder Bilder in den Kopf: Wann kann hier endlich wieder gefeiert, getanzt oder gelacht werden? Egal, ob an Fastnacht oder bei anderen Veranstaltungen. „Unter Berücksichtigung der unzähligen Fragezeichen hoffen wir, dass es dieses Jahr noch klappt. Sicher lässt sich das aber nicht sagen“, so Bender. Priorität haben ohnehin erst einmal die beiden Großveranstaltungen im Sommer.

Auf der Baustelle im Amtshof geht es voran. Wo einst die Tanks der Winzer gelagert waren, sollen zusätzliche Kellerräume für das neue Kulturzentrum entstehen. Neue Treppen und Notausgänge sollen für mehr Sicherheit sorgen. © Christopher Frank

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