Altstadt

Der Amtshof ist die wichtigste Baustelle in Heppenheim

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fran/ü
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Dauerbaustelle Kurmainzer Amtshof: Baggerführer Oliver Sander hebt Steine aus einem Baggerloch des Ausstellungsraums unter dem Stadtmuseum, die sein Kollege vorher mit dem Meißelhammer abgetragen hat. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Seit knapp drei Wochen ist klar: Im Sommer 2022 soll Heppenheim wieder zur Festspielstadt werden. Die Darmstädter Theaterfamilie Stromberger tritt in die Fußstapfen der Gründerfamilie Richter und will die Tradition des Theaters im altehrwürdigen Kurmainzer Amtshof wieder aufleben lassen. Und nur wenige Wochen zuvor soll an Ort und Stelle auch endlich wieder Weinmarkt gefeiert werden – sofern es die pandemische Lage 2022 zulässt. Kurz gesagt: Die Wein- und Festspielstadt soll im nächsten Jahr ihrem Namen wieder alle Ehre machen.

Gleichwohl gibt es neben der Pandemie einen weiteren gehörigen Haken: Der Amtshof ist aktuell noch eine Großbaustelle. Für viele aufmerksame Altstadtbesucher scheint es schier unvorstellbar, dass im nächsten Jahr gefeiert, gelacht und Theater gespielt werden kann, wo heute schwere Bagger am Werk sind und metertiefe Baugruben das historische Kopfsteinpflaster ersetzen. Soll doch das historische Ensemble des Amtshofs in den nächsten Monaten in ein Kulturzentrum umgewandelt werden, ohne seinen Charme zu verlieren.

Hinzu kommt die Sorge nach baulichen Verzögerungen, die beide geplanten Großveranstaltungen gänzlich kippen könnten. Ganz so abwegig sind auch diese Sorgen freilich nicht: Anfang 2020 waren bei den Vorarbeiten für die umfangreiche Sanierung unter anderem Teile einer Stadtmauer freigelegt worden. In unmittelbarer Nähe eines der großen Fenster des Ausstellungsraumes des Museums stieß man zudem auf Überreste eines alten Treppenturms. Und noch einiges mehr haben die herbeigerufenen Archäologen vor fast genau einem Jahr im Amtshof entdeckt. Umso größer war das Aufatmen im Rathaus, als die zuständigen Behörden ihr Okay für ein Fortschreiten der Sanierungsarbeiten gaben.

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Nicht ohne Grund hält die Erste Stadträtin und Baudezernentin Christine Bender (SPD) denn auch bei jedem neuen der insgesamt drei Bauabschnitte die Luft an. „Es darf eigentlich nichts mehr passieren. Die Baustelle ist auch so schon äußerst komplex“, sagt sie. Erschwerend kommen die weltweite Rohstoff-Knappheit sowie die dicken Auftragsbücher der Handwerksfirmen hinzu.

Verstärkt wird der Druck zusätzlich durch einen Blick auf den eng getakteten Zeitplan der Arbeiten. Ende Mai ist hier als sogenannte Deadline eingetragen. Noch vor eineinhalb Wochen sagte die Baudezernentin hierzu: „Die Technik ist in diesem Plan noch nicht berücksichtigt. Heizung, Lüftung und Sanitär müssen noch eingefügt werden.“ Hieße im Klartext: Es könnte wohl leicht und locker Juni werden, bis der Amtshof wirklich fertig ist – und Ende Juni ist bekanntlich Weinmarkt.

Entsprechend groß war am vergangenen Mittwoch im Magistrat deshalb die Erleichterung, als das höchste Verwaltungsgremium die schnelle Vergabe der Sanitär- und Lüftungsarbeiten beschloss; auch ein lokaler Betrieb kommt dabei zum Zug. Und die beauftragten Unternehmen sollen schon bald loslegen. „Wir brauchen sie beide schon nach der Weihnachtspause, schließlich müssen verschiedene Teile in den Rohbau eingelegt werden. Ab Januar werden also auch diese Firmen loslegen“, kündigt Bender an.

Schon jetzt arbeiten übrigens mehrere Gewerke parallel. „Abbruch, Rohbau und Stahlbau stehen derzeit auf dem Programm“, sagt die Erste Stadträtin. Zurückgebaut wird momentan unter anderem die Längswand des Kellers, in dem einst die mächtigen Weintanks gelagert waren. Am Ostflügel des Ensembles wird derweil das Streifenfundament betoniert. Es läuft offenbar.

Doch die Zweifel bleiben. Und selbst wenn alle Arbeiten im Zeitplan über die Bühne gehen sollten, müssen Musiker und Buchtbetreiber auf dem Weinmarkt wohl ebenso improvisieren wie die Familie Stromberger und ihre Schauspieler bei den Festspielen.

Denn zumindest im ersten Jahr der Stromberger-Festspiele wird das Publikum noch ohne ein Zeltdach auskommenmüssen – das alte war nicht mehr zu retten. Überdacht werden soll die Bühne stattdessen mit einer aufgesetzten, angemieteten Holzkonstruktion, Besucher dagegen sollen sich per Regencapes schützen können, die am Theatereingang zu haben sein werden. Komfortabler als bisher wird es allerdings auf den Bänken zugehen, die künftig über Rückenlehnen verfügen, wie Ingo Schöpp-Stromberger am 7. Dezember in einer Sondersitzung des Sozial-, Kultur- und Sportausschusses ankündigte.

Darauf könnten die meisten Festspielbesucher aber wahrscheinlich auch verzichten. Für sie, für alle Heppenheimer und auch für die Erste Stadträtin ist erst einmal nur eines wichtig: Dass der Amtshof rechtzeitig fertig wird, damit Heppenheim 2022 endlich wieder Wein- und Festspielstadt sein kann. fran/ü

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