Heppenheim. Wenn im Heppenheimer Tierheim das Telefon klingelt, geht es nur höchst selten um Small Talk. Dann melden sich in aller Regel Menschen, die ihre Tiere vermissen oder sich von ihnen trennen müssen, Interessenten für die Adoption eines Schützlings des Tierschutzvereins – oder, immer öfter, die Mitarbeiter im Veterinäramt des Kreises Bergstraße. Sie suchen nach einer Beschlagnahmung wegen schlechter Haltung eine Unterkunft für die heimatlos gewordenen Tiere.
Das duldet naturgemäß keinen Aufschub. So auch im Oktober 2021, als es gleich um eine größere Anzahl hilfsbedürftiger Tiere aus einem Privathaushalt ging: 52 Neuankömmlinge, meist Hühner, Wachteln, Enten und Kaninchen, dazu einige Hunde, Katzen und Kanarienvögel, wären einzufangen und abzugeben, hieß es, und die Mitarbeiter im Tierheim überlegten nicht lange.
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Im Umgang mit Geflügel sind sie geübt, und das Platzproblem auf dem Tierheimgelände löste der Pferdestall. Der Neubau für die Welsh-Pony-Stuten Mona und Funny, die ebenfalls nach einer Beschlagnahmung im Juni 2020 im Tierheim ihr Gnadenbrot genießen, war für alle Fälle schon etwas größer geplant worden und gerade bezugsfertig. Er verfügt über fünf geräumige Boxen von je zwölf Quadratmetern Grundfläche und war somit bestens geeignet, den Großteil der Neuankömmlinge zu beherbergen.
„Was man im Tierheim sehr schnell lernt, ist zu improvisieren“, sagt Katrin Hassanin, Vollzeitpflegerin und Vorsitzende des Tierschutzvereins Heppenheim und Umgebung.
Zunächst mussten Vorkehrungen getroffen werden, um nicht nur das Federvieh vor dem Zugriff hungriger Räuber zu bewahren: Boxen und Auslauf wurden so gesichert, dass dem Fuchs der Zutritt verwehrt war und Kaninchen, Hühner und Co. in Ruhe aufgepäppelt werden konnten – tagsüber draußen im Gehege, nachts drinnen.
„Immer flexibel bleiben“, beschreibt Tierheimleiterin Lisa Engraf die Einfangaktion vor sieben Monaten. Mit Tierpfleger Robin Jackwerth und den Veterinäramtsmitarbeitern hätten sie sich vor Ort erst einmal einen Überblick verschafft, wie auf dem sehr weitläufigen, nicht eingezäunten Gelände taktisch am besten vorzugehen wäre. Eine Sache sei sofort klar gewesen: Im Freien, mit Fluchtgefahr in Richtung Feld und Flur, hätten die Helfer keine Chance gehabt, die flinken Hühner und Kaninchen in die Transportboxen zu befördern.
Da blieb als Operationsbasis nur die Scheune, und nach zwei, drei Stunden waren insgesamt 38 Tiere gesichert, inklusive der Vierbeiner und Vögel aus dem Wohngebäude. „Alle Tiere haben es eigentlich mit Fassung getragen, sie waren ziemlich entspannt und sind im Tierheim unbeschadet angekommen“, erinnert sich Engraf. Die restlichen 14 Tiere, darunter auch zwei Kornnattern, hätten die Veterinäramtsmitarbeiter am Tag darauf ins Tierheim gebracht. jn/ü
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