Heppenheim. „Wo sollen wir Bewohner bitteschön parken, wenn Auswärtige uns die Flächen selbst im inneren Bereich wegnehmen?“, ärgert sich Oliver Heinzmann, der in der Kellereigasse wohnt und ein Dentallabor betreibt. Nicht nur, dass Besucher der Kreisstadt die Parkmöglichkeiten der Anwohner deutlich einschränken; auch die Poller, die den Autoverkehr in und aus der Altstadt einschränken, sorgen regelmäßig für Ärger bei den Anwohnern.
Auf den öffentlichen, gekennzeichneten Flächen in der Altstadt darf von 8 bis 18 Uhr eine halbe Stunde geparkt werden. Von 18 Uhr bis 8 Uhr wiederum dürfen nur Bewohner mit Parkausweis ihr Auto abstellen. Das Schild sei jedoch für Autofahrer kaum sichtbar aufgehängt, findet Heinzmann. So belegen die Gäste in den Abend- und Nachtstunden nicht nur die Parkplätze der Anwohner; teils stehen die Autos auch auf unmarkierten Flächen, was noch weitere Schwierigkeiten mit sich bringt: Die Müllabfuhr gibt ein Hupkonzert, da sie an den Besucherautos nicht vorbeikommt. Anwohner können in den engen Gassen nicht rangieren und kommen nicht in ihre Hofeinfahrt beziehungsweise aus dieser wieder hinaus.
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Hinter dem Parkplatz des Landratsamtes stehen normalerweise Poller, die die Zufahrt zum Marktplatz sowie Durchgangsverkehr verhindern. Doch sind diese offen, fahren Besucher der Stadt einfach durch, berichtet Heinzmann von seinen Beobachtungen. Hat dann in der Zwischenzeit jemand den Poller jedoch wieder eingesetzt, hat das die nächste heikle Situation zur Folge: Die Autofahrer sind in der Altstadt eingeschlossen. Zufahrtsberechtigte können die Poller mit einem Dreikantschlüssel öffnen. Doch wer ohne Schlüssel bei geöffneten Pollern in die Altstadt gefahren ist, kommt nun nicht mehr hinaus.
Immer wieder klingeln Autofahrer dann bei Heinzmann, um ihn um Hilfe bei der Entfernung der Poller zu bitten. Seit Jahren schlägt der Anwohner der Stadt daher ein hydraulisches Pollersystem vor, bei dem die Pfähle versenkbar sind und im Boden verschwinden. Das könnte einige Probleme gleichzeitig lösen, findet er.
Die derzeitige Situation ist im Rathaus durchaus bekannt. Versenkbare Poller stehen außerdem bereits auf der Wunschliste der Stadt. Bereits 2017 hatte man sich Gedanken über mechanische Poller gemacht, da diese auch als Terrorabwehr helfen könnten. 2016 war ein Mann mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge in Nizza gerast, es starben 86 Menschen. Ebenfalls 2016 gab es einen Terroranschlag beim Berliner Weihnachtsmarkt. Dort fuhr ebenfalls ein Mann mit einem Lkw in eine Menschenmenge und tötete damit zwölf Personen.
Für den Doppelhaushalt der Jahre 2018 und 2019 hatten CDU und SPD deshalb Mittel zur Anschaffung von Pollern in Höhe von 120 000 Euro beantragt. Das Stadtparlament stimmte mehrheitlich dafür. Durch die Corona-Pandemie verzögerte sich allerdings die Anschaffung und Installation. Im Frühjahr 2022 gab Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) bekannt, dass die Auftragsvergabe für automatisierte und versenkbare Poller an zwei Eingängen zur Fußgängerzone inzwischen erfolgt seien. Außerdem erklärte der Rathauschef, dass sie inzwischen nicht nur aus Sicherheitsgründen aufgestellt werden sollen. „In erster Linie geht es uns derzeit darum, die Zufahrt in die Fußgängerzone auf diese Weise besser zu regeln“, so Burelbach im April. Beispielsweise würde immer wieder beobachtet werden, dass Fahrzeuge in der Bachgasse abgestellt würden, um „mal kurz“ in ein Geschäft zu gehen.
Doch die Installation der Poller birgt auch Herausforderungen. Auf vielen alten Karten sind unterirdische Leitungen nicht festgehalten. Bei der Standortsuche für das Pilotprojekt sei man dann auch „auf ein Unterleben voller Leitungen“ gestoßen, so Burelbach im April. An versenkbare Poller sei auch am Eingang der Fußgängerzone, also vom Postknoten aus, kaum zu denken, da die Stadtbach-Verdolung direkt unter der Fußgängerzone verlaufe.
Zu dieser Zeit ging der Bürgermeister davon aus, dass die ersten Poller zwischen Juli und August 2022 eingebaut und in Betrieb genommen werden könnten. Doch bis heute sind diese nicht zu sehen. Man sei an einer Umsetzung dran, betonen Bürgermeister Burelbach und Erste Stadträtin Christine Bender (SPD) auf Nachfrage weiterhin. Auf einen Zeitraum kann und will sich im Rathaus derzeit jedoch niemand festlegen. „Nach Voruntersuchungen und Vermessung wurden zwei Standorte gefunden, die nach jetzigem Kenntnisstand für den Einbau geeignet erscheinen“, so Bender. „Ob es dabei bleiben kann, wird sich bei den Tiefbauarbeiten herausstellen.“ Wann diese Arbeiten starten könnten, stehe wegen langer Vorlaufzeiten der Unternehmen noch nicht fest.
Losgehen soll es nach derzeitigem Stand an der Kreuzung Zwerchgasse/Stichstraße zur Tiefgarage der Innenstadt, sowie an der Kreuzung Friedrichstraße/Graben. Nach einer Testphase könnte man nach und nach die anderen Zufahrten der Altstadt angehen. fran/bib/ü
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