Gläubigerversammlung

Wie es für Galeria weitergeht - und was das für Mannheim bedeutet

Die Gläubigerversammlung hat dem Sanierungsplan für Galeria Karstadt Kaufhof zugestimmt. Damit hat der Warenhauskonzern eine Zukunft. Was die Entscheidung für die Filiale in Mannheim bedeutet

Von 
Christian Schall
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Das Kaufhaus von Galeria Karstadt Kaufhof am Paradeplatz in Mannheim. Wie es dort weitergeht, dazu haben Insolvenzverwalter und Management am Dienstag nichts gesagt. © Christian Schall

Essen/Mannheim. Der angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof hat auf dem Weg zur Rettung die letzte große Hürde genommen. Am Dienstag hat die Gläubigerversammlung in der Messe Essen dem Sanierungsplan von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus zugestimmt. Auch das Insolvenzgericht, das Amtsgericht Essen, habe den Plan schon bestätigt. „Ich freue mich sehr für die Belegschaft, aber auch für die Gläubiger“, sagte Denkhaus.

Damit geht es für das Unternehmen insgesamt weiter - wieder einmal, nach dem inzwischen dritten Insolvenzverfahren binnen dreieinhalb Jahren. Allerdings werden, wie schon bei den beiden vorherigen Sanierungsverfahren, erneut Warenhäuser geschlossen. Laut Plan sollen 16 der 92 Kaufhäuser nicht weitergeführt werden, darunter auch das am Mannheimer Paradeplatz. Etwa 100 Menschen würden dort ihren Arbeitsplatz verlieren. Dass 16 Häuser schließen werden, wurde auch am Dienstag noch so kommuniziert. Rund 1400 Stellen - 450 im Servicecenter in Essen und fast 1000 in den Filialen - würden im Zuge des Insolvenzverfahrens abgebaut.

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Jedoch können sich die Angestellten und Kunden in Mannheim Hoffnung machen. Wie bereits vergangene Woche von dieser Redaktion exklusiv gemeldet, gibt es einen Käufer für die Immobilie in P 1. Seit Dienstag ist auch sein Name öffentlich bekannt: Es handelt sich um den Mannheimer Projektentwickler Egon Scheuermann. Bernd Beetz, Präsident des SV Waldhof Mannheim und künftiger Miteigentümer von Galeria, hat maßgeblich die Verhandlungen für die Rettung des Kaufhauses geführt. Auch Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) hat sich stark für den Erhalt der Filiale eingesetzt.

Denkhaus sagte am Dienstag nichts dazu, ob noch Häuser von der Schließungsliste gestrichen werden könnten: „Das können wir noch nicht sagen. Wir haben einen Interessenausgleich und Sozialplan unterschrieben. Diesen muss ich umsetzen.“ Im Augenblick seien keine Verhandlungen mit den Vermietern geführt worden. „Wir haben die Vermieter nur aufgefordert, wenn sie noch Angebote nachbessern wollen, können sie das gerne tun. Das werden wir uns nächste Woche anschauen.“ Dann werde gemeinsam mit Beetz und dem Management entschieden, ob noch Standorte und, wenn ja, welche von dieser sogenannten Schließungsliste heruntergenommen werden.

Bei den Beschäftigten in Mannheim bleibt die Ungewissheit

Solange sich das Unternehmen oder der Insolvenzverwalter nicht dazu äußern, bleibt bei den Mitarbeitern die Ungewissheit. Weder Filialgeschäftsführer Niko Rauch noch Verdi-Gewerkschaftssekretärin Sabine Möller hatten am Dienstag weitere Informationen, die über die Berichterstattung dieser Redaktion hinausgehen. „Wir würden uns Klarheit über die Zukunft der Filiale wünschen“, sagte Möller. So gehe das Hoffen und Bangen weiter. „Ich weiß, dass das für die Belegschaft sehr unschön ist, aber wir müssen uns an das Arbeitsrecht halten, und das erfordert diese Notwendigkeit“, erklärte Denkhaus.

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Das Management indes richtet den Blick nach vorne. Der neue Eigentümer Bernd Beetz erklärte: „Ich muss einen besseren Job machen als meine Vorgänger.“ Er kündigte an, Kunden ein besseres Einkaufserlebnis bieten und eine neue Mentalität in der Belegschaft etablieren zu wollen. „Wir haben die Kompetenz, aber auch den Kampfgeist“, so Beetz.

Nach Ende der Beschwerdefrist kann das Amtsgericht Essen das Insolvenzverfahren in den kommenden Wochen aufheben. Dann ist der Weg endgültig frei für die Sanierung des Handelsriesen und die Übernahme durch die neuen Eigentümer: Dabei handelt es sich um die US-Investmentgesellschaft NRDC und die Beteiligungsfirma von Beetz, der bis 2012 Vorstandschef des Kosmetikkonzerns Coty war. Im Juli möchte Denkhaus an sie übergeben.

Handelsexperten hatten Ende von Galeria vermutet

Anders als es mancher Handelsexperte vorhergesagt hatte, geht es für Galeria weiter. Dennoch zahlen Unternehmen und Beschäftigte erneut einen großen Preis. Die Gewerkschaft Verdi stellte vor dem Messegebäude in Essen für jede Schließfiliale ein symbolisches Holzkreuz auf. „Herr Beetz, investieren Sie in die Mannschaft“, steht auf einem der Plakate. Auf einem anderen heißt es in Bezug auf den gefallenen österreichischen Unternehmer: „Benko, danke für nichts!“

Der Schnitt bei Galeria erfolgt dabei längst nicht so tief wie erwartet. Experten hatten im Januar vorhergesagt, dass allenfalls 20 bis 30 Standorte erhalten bleiben. Viele äußerten Zweifel, dass sich überhaupt ein Interessent finden würde.

Karstadt und Kaufhof verschwinden aus dem Namen

An der nicht-öffentlichen Veranstaltung in Essen nahmen am Dienstag rund 120 Personen teil, die rund 4600 Gläubiger vertreten haben. Sie müssen mit der Annahme des Insolvenzplans wieder auf viel Geld verzichten. Vermieter, Lieferanten und andere Gläubiger wie der Bund hatten Forderungen in Höhe von 886,1 Millionen Euro angemeldet. Voraussichtlich fließen nur bis zu 22,5 Millionen Euro - das sind 2,5 bis drei Prozent - an sie zurück. Zahlungen aus den Ansprüchen gegen den bisherigen Eigentümer, die Signa-Gruppe von René Benko, könnten die Quote noch erhöhen. Weil vom finanziell angeschlagenen Mutterkonzern zugesagte Hilfen ausgeblieben waren, rutschte Galeria zu Jahresbeginn erneut in die Insolvenz.

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Den Grundstein für den Neuanfang hat der Insolvenzverwalter gelegt. Hauptziel von Denkhaus war es, den Konzern mittelständischer aufzustellen. Der Unternehmenssitz in Essen wird aufgegeben. Die Verwaltung soll 2025 - deutlich verschlankt - in eine Filiale in Düsseldorf einziehen. Die Mietbelastung sinkt dadurch dem Vernehmen nach um rund 80 Millionen Euro pro Jahr. Auch der Name ändert sich. Die Warenhauskette heißt künftig nur noch Galeria, die traditionsreichen Marken Karstadt und Kaufhof verschwinden. Sie seien zu eng verbunden mit den jüngsten Pleiten.

Und dennoch sind Zweifel und Unsicherheit auch mit dem Ja der Gläubiger nicht verschwunden. Das liegt auch daran, dass viele wichtige Fragen nach wie vor unbeantwortet sind. Wie gelangt Galeria zurück in die Erfolgsspur? Wie behauptet man sich gegen Handelsriesen wie Amazon und neue Portale wie Shein und Temu? Und wie wird verhindert, dass das Warenhausunternehmen 2025 erneut in Schieflage gerät?

Schönheitsprodukte, Handtaschen, Schuhe und Wäsche sollen die Schwerpunkte im Sortiment sein. Das kündigte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche kürzlich an. Viel mehr ist über den zukünftigen Kurs nicht bekannt. Die neuen Besitzer hielten sich öffentlich bisher bedeckt. Man wolle warten, bis das Verfahren abgeschlossen sei, hieß es. Entscheidend wird sein, was Beetz und die Investmentgesellschaft NRDC um den früheren Kaufhof-Eigentümer Richard Baker und Sohn Jack in die Warenhauskette stecken. Im Insolvenzplan steht, dass sie „umfangreiche finanzielle Mittel“ für Sanierung und Neuausrichtung zugesichert hätten, nicht aber, wie viel. (mit dpa)

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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