Einzelhandel

Wie das Team von Galeria in Mannheim um den Erhalt der Filiale kämpft

Der erste Schock über die Schließung von Galeria Karstadt Kaufhof in Mannheim hat sich etwas gelegt. Jetzt kämpft das Team darum, dass es doch noch weiter geht. Was sie dafür tun und warum es Grund zur Hoffnung gibt

Von 
Christian Schall
Lesedauer: 
Mit elf schwarz gekleideten Puppen im Schaufenster macht die Belegschaft von Galeria Karstadt Kaufhof am Paradeplatz auf ihr Schicksal aufmerksam. © Thomas Tröster

Mannheim. Zwei Wochen alt ist die Nachricht, dass Galeria Karstadt Kaufhof sein Warenhaus am Mannheimer Paradeplatz zum 31. August schließen will. Seitdem ist das Entsetzen groß - bei den Bürgern der Stadt und im Umland, in der Kommunalpolitik, im Einzelhandel und bei den Gewerkschaften. Vor allem aber bei den Beschäftigten, die dort mitunter seit Jahrzehnten arbeiten, mit dem Haus und dem Unternehmen eng verwurzelt sind und jetzt nicht wissen, wie es ab September beruflich für sie weitergeht.

„Die Angst um den Arbeitsplatz war immer präsent. Aber die Nachricht über die Schließung war ein Dolchstoß“, beschreibt Alexandra Gödicke die Gefühlslage des gesamten Teams in P 1. In den beiden zurückliegenden Insolvenzverfahren sei es immer um die Zukunft des Unternehmens als Ganzes gegangen, aber nicht um das Haus am Paradeplatz. Doch seit der angeschlagene Kaufhauskonzern, der sich nach Abschluss des Sanierungsverfahrens nur noch Galeria ohne Karstadt und Kaufhof nennen will, die Schließungsliste mit 15 weiteren Standorten veröffentlicht hat, wissen sie, dass jetzt alles auf dem Spiel steht.

Kommentar Schließung von Galeria in Mannheim hat nur Verlierer

Veröffentlicht
Kommentar von
Christian Schall
Mehr erfahren

Gödicke ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Kaufhauses und seit 39 Jahren im Unternehmen. Die jetzige Situation hat sie schon einmal erlebt: 2002, als sie noch im Kaufhof im Ludwigshafener Rathaus-Center arbeitete und dort das Aus verkündet wurde. „Eine Kollegin macht das nun zum dritten Mal mit, zuletzt war sie in N 7 von der Schließung betroffen.“ Noch keine vier Jahre ist das her. „Das macht etwas mit einem“, sagt die Betriebsratsvorsitzende Ute Zethner, die dem Unternehmen sogar seit 46 Jahren angehört.

Für den Erhalt werden im Kaufhaus Unterschriften gesammelt. © C. Schall

„Es war nicht angenehm, so etwas vorzutragen“, beschreibt Filialgeschäftsführer Niko Rauch die Situation, als er mit dem Betriebsrat in der Kantine die Entscheidung verkündete. „Da war erst mal eine innere Leere, es gab Unverständnis, und es sind Tränen geflossen.“ Die Betriebsrätinnen bestätigen: „Viele Kollegen standen unter Schock, bis sie es realisiert hatten. Es herrschten Fassungslosigkeit, Entsetzen und Trauer über den Arbeitsplatz.“

Lange und intensive Gespräche nach dem großen Schock

Doch der Zusammenhalt in der Belegschaft ist groß. Zweieinhalb Stunden saß das Team danach noch zusammen, trotz des Schocks wurde viel miteinander geredet. „Das war gut und wichtig, egal, wie das hier ausgeht“, meint Rauch. „Man hat dabei gesehen, wie stark das Team ist.“ Weil einige Beschäftigten eine lange Betriebszugehörigkeit haben, sei man „ wie eine große Familie“, so der Betriebsrat. Dass es am Montag nach der Verkündung nur eine Krankmeldung gab, zeige die gute Moral, lobt Rauch. „So einen Zusammenhalt wie in dieser Filiale habe ich selten erlebt“, freut sich Gödicke.

Aus dieser Stärke heraus wollen sie für den Erhalt kämpfen. Schon die Solidaritätsbekundungen bei der Demo am 1. Mai haben sie ermutigt. „Eine tolle Veranstaltung“, so Gödicke, „die Kollegen haben realisiert, wie wichtig sie für die Stadt sind.“ Eine Unterschriftenaktion ist bereits initiiert, überall im Kaufhaus liegen Listen aus. Auch eine Online-Petition für den Erhalt des Standorts wurde gestartet, zu finden im Internet mit den Suchbegriffen „Galeria Mannheim Petition“.

Um auf die Schicksale der Mitarbeiter aufmerksam zu machen, haben sie außerdem ein Schaufenster mit elf schwarz gekleideten Puppen dekoriert, die stellvertretend für das Team stehen. Auf ihrer Brust tragen sie ein Namensschild mit den Daten ihrer Betriebszugehörigkeit, die bei allen am 31. August 2024, dem geplanten Schließungstermin, endet.

Etwas Hoffnung, dass es doch anders kommt, schöpfen sie daraus, dass in den vergangenen Insolvenzverfahren von Galeria ebenfalls einige Standorte nachträglich gerettet wurden, zuletzt etwa Viernheim. Zuversicht habe auch Oberbürgermeister Christian Specht mit seinen Aussagen verbreitet, der von Gesprächen mit einem Immobilieninvestor berichtet hatte.

Doch wie realistisch ist eine Zukunft für Galeria am Paradeplatz? Nach Informationen dieser Redaktion wird weiter über den Standort verhandelt, die Entscheidung zur Schließung soll nicht endgültig sein. Denkbar sei auch eine kleinere Verkaufsfläche. Erschwerend bei den Verhandlungen ist, dass der Eigentümer der Immobilie, eine Signa-Gesellschaft, ebenfalls insolvent ist.

Von der Schließung wäre auch der Supermarkt GoAsia betroffen

Erst im vergangenen Sommer war das Gebäude vollständig in den Besitz von Signa übergegangen: Signa Prime Selection hatte eine 20-Prozent-Beteiligung des Mannheimer sowie von acht weiteren Galeria-Standorten in besten Innenstadtlagen vom offenen Immobilienfonds Hausinvest der Commerz Real (Commerzbank-Gruppe) zurückgekauft. Inzwischen steht das Gebäude dem Vernehmen nach zum Verkauf.

Von der Schließung betroffen wären auch Fremdunternehmer wie der Supermarkt GoAsia im Untergeschoss. „Es ist noch nicht entschieden, ob wir das Geschäft weiterbetreiben können“, erklärt das Unternehmen auf Anfrage. „Wenn es möglich ist, würden wir den Standort gerne weiterbetreiben.“ Zur Not habe man eine zweite Filiale in L 15 und müsste eine neue Fläche suchen.

Schließung in Mannheim

Warum OB Specht noch Hoffnung für die Mannheimer Galeria-Filiale hat

Veröffentlicht
Von
Christian Schall
Mehr erfahren

Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus jedenfalls ist zu Verhandlungen bereit, wie er dieser Redaktion erklärt: „Wenn neue Angebote von Vermietern kommen, werden wir sie uns auch anschauen. Gespräche über Mietverträge sind bis Ende Mai/Anfang Juni möglich, um noch von der Schließungsliste zu kommen. Dabei sind für uns die Entwicklung des Personals in der Filiale und der Warenfluss wichtig.“ Heißt: Es sollte bald eine Einigung erfolgen, solange das Personal noch da ist.

Dem Betriebsrat ist bewusst, dass die Zeit drängt. „Je näher der Termin kommt, umso mehr steigt der Druck“, wissen Zethner und Gödicke. Denn wenn die Belegschaft abwandere, werde es schwer, das Kaufhaus zu retten. „Außerdem wollen wir unsere Leute behalten.“

Unterstützung erhalten sie von der Gewerkschaft Verdi und vom Filialgeschäftsführer. „Wir geben noch nicht auf. Ich gehe vorweg, und wir werden alles dafür tun, dass die Filiale bleibt“, sagt Niko Rauch.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke