Bürgermeisterwahl

Bürgermeister-Kandidat Sebastian Clever im Interview

„Ich bin allen Bürgern gleichermaßen verpflichtet“: Der CDU-Kandidat Sebastian Clever erklärt, warum er sich um den Chefsessel im Zwingenberger Rathaus bewirbt und vor welchen Herausforderungen die Stadt steht

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Eric Horn und Michael Ränker
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Bürgermeisterkandidat Sebastian Clever beim BA-Interview im Pressehaus. © Thomas Zelinger

Zwingenberg. Am 23. Februar stehen in Zwingenberg neben den Bundestagswahlen auch die Bürgermeisterwahlen an. Für die CDU tritt Sebastian Clever an. Unterstützt wird der 44-jährige Patentanwalt von der FDP. Im folgenden Interview beantwortet Clever die Fragen der BA-Redaktion.

Warum wollen Sie Bürgermeister in Zwingenberg werden?

Sebastian Clever: Eine gute Frage! Es war nicht so, dass ich eines Morgens aufgewacht bin und beschlossen habe: „Jetzt werde ich Bürgermeister.“ Mir war jedoch immer klar, dass Zwingenberg einen engagierten Bürgermeister braucht, damit wir weiterhin so gut leben können. Deshalb haben wir in der CDU Ende 2022 eine Kommission gegründet, um eine geeignete Person für das Amt zu finden. Ich selbst war Mitglied dieser Kommission, und Anfang 2023 fragte mich eine Kollegin, warum ich mich nicht selbst zur Wahl stelle – ich wäre doch genau der Richtige. Zunächst habe ich das abgelehnt, weil ich als Patentanwalt eine Kanzlei mit Partnern, Mandanten und Mitarbeitern habe, die auf mich angewiesen sind. Wir suchten also weiter, doch alle angesprochenen Kandidaten sagten ab und gleichzeitig fragten einige zurück: „Warum machst du das nicht?“ Ende 2023 begannen sogar Bürgerinnen und Bürger, die nichts mit der Politik zu tun hatten, mich direkt darauf anzusprechen: „Du wirst doch Bürgermeister, oder?“ Rückblickend hatten es wohl einige früher erkannt als ich selbst.

Anfang 2024 habe ich dann ernsthaft darüber nachgedacht und erstmals mit meiner Frau gesprochen. Ihre Reaktion war eindeutig: „Du bist der Richtige – mach das!“ Danach sprach ich mit meinen Kindern und schließlich mit unserem früheren Bürgermeister. Letztlich überzeugte mich mein Kanzlei-Partner, der sagte: „Sebastian, ich sage es ungern, aber du bist genau der Richtige dafür – mach das!“ Es war also ein langer Entscheidungsprozess, vor allem wegen meiner Verantwortung für die Kanzlei. Für mich ist das kein Karriereschritt, sondern eine Herzensangelegenheit. Ich lebe seit 2011 mit meiner Familie in Zwingenberg und engagiere mich kommunalpolitisch. Die Menschen hier sind mir ans Herz gewachsen, und ich möchte meine Arbeitskraft für die Zwingenbergerinnen und Zwingenberger einsetzen.

Sie wollen Bürgermeister für alle sein, wurden aber von der CDU nominiert. Warum sind Sie nicht als unabhängiger Kandidat angetreten?

Clever: Diese Frage wurde mir schon oft gestellt, und die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Ich bin CDU-Mitglied, Vorsitzender der CDU Zwingenberg und Mitglied ihrer Stadtverordnetenfraktion. Die Menschen hier wissen das. Hätte ich mich als unabhängiger Kandidat aufstellen lassen, hätte ich erklären müssen, warum die Partei, deren Vorsitzender ich bin, mich nicht nominiert oder umgekehrt warum ich mich nicht von der Partei nominieren lasse, deren Vorsitzender ich bin - für beides hätte ich keine Erklärung gehabt. Außerdem halte ich es für wichtig, dass die Wählerinnen und Wähler wissen, auf welchem Wertefundament ein Kandidat steht. Transparenz ist entscheidend. Ich könnte mich auch parteilos bezeichnen, aber letztlich prägt mich meine politische Heimat, und dazu stehe ich.

Was macht Zwingenberg für Sie lebenswert, wo sehen Sie Stärken und Schwächen?

Clever: Zwingenberg ist lebenswert wegen seiner wunderschönen, malerischen Altstadt, der Weinberge, der zahlreichen Veranstaltungen und seiner Lage. Wir sind direkt an die Autobahn und die Bahnstrecke angeschlossen und leben mitten in einer der wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands. Doch wirklich liebenswert machen Zwingenberg für mich die Menschen. Die Zwingenbergerinnen und Zwingenberger sind offen, freundlich und engagiert.

Wir haben ein aktives Vereinsleben mit vielen Ehrenamtlichen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Schwächen sehe ich kaum, aber eine große Herausforderung betrifft nicht nur Zwingenberg, sondern die gesamte Region: die hohen Immobilienpreise. Gerade für junge Familien sind diese eine erhebliche Belastung. Das ist ein Problem, das viele Orte an der Bergstraße betrifft und für das wir Lösungen finden müssen.

Was sind die drei größten Herausforderungen für Zwingenberg in den nächsten Jahren?

Clever: Die größte Herausforderung ist die wirtschaftliche Lage. Das sehen wir aktuell auch bei den Haushaltsberatungen. Zwar steht Zwingenberg im Vergleich zu anderen Kommunen noch gut da, aber steigende Kosten – etwa für Energie oder höhere Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst – belasten den Stadthaushalt. Diese Tarifsteigerungen sind absolut gerechtfertigt, doch sie müssen finanziert werden. Ein weiteres Beispiel sind die Umlagen, die wir an den Kreis abführen müssen. Die steigenden Kosten bei gleichzeitigem Nullwachstum der Wirtschaft werden uns die nächsten Jahre begleiten.

Der Chefsessel im Zwingenberger Rathaus wartet auf einen Nachfolger. © Thomas Neu

Das bedeutet, dass wir Prioritäten setzen und auf manche Dinge vielleicht länger warten müssen, als wir es uns wünschen würden. Die zweite Herausforderung betrifft die Stadtentwicklung. Zwingenberg muss sich weiterentwickeln, ohne seinen Charakter zu verlieren. Wir brauchen eine gesunde Balance zwischen Wachstum und Bewahrung unserer Identität. Die dritte große Aufgabe ist die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Unsere Vereine, das Ehrenamt und das soziale Miteinander sind das Herz von Zwingenberg. Das müssen wir unterstützen und fördern, damit unser Zusammenleben weiterhin so gut funktioniert.

Mit welchen dominierenden Themen sind die Bürgerinnen und Bürger im Wahlkampf an Sie herangetreten?

Clever: Da gab es ganz verschiedene Themen. Wenn ich priorisieren müsste, war der häufigste Wunsch eine bessere und direktere Kommunikation. Das überrascht mich nicht, denn Transparenz ist immer ein wichtiges Anliegen – auch für mich persönlich. Es kommt darauf an, den richtigen Ton und den passenden Kanal zu finden. Ein weiteres großes Thema ist die Kinderbetreuung. In den letzten Jahren gab es häufige Personalwechsel, was für einige Schwierigkeiten gesorgt hat. Meines Wissens nach funktioniert es inzwischen deutlich besser, aber es bleibt ein wichtiges Anliegen. Auch die Sportstätten wurden oft angesprochen.

Wir haben viele Sportvereine, die sich die wenigen Hallenzeiten teilen müssen. Das sorgt natürlich immer wieder für Herausforderungen. Dann gibt es Themen, die durch aktuelle Berichterstattung stärker in den Fokus gerückt sind, wie die Zukunft des Jugendzentrums. Das beschäftigt viele Menschen, ebenso wie die Frage nach einem Grillplatz. Und natürlich spielt der Verkehr eine Rolle. Besonders das Tempo auf der B3 im Bereich der Schule wurde mehrfach thematisiert – ebenso in Rodau. Auch die Beleuchtung auf bestimmten Wegen oder der ÖPNV, insbesondere der Wunsch nach zusätzlichen Busverbindungen, wurden immer wieder angesprochen. Das sind einige der Themen, die mir in Gesprächen häufig begegnet sind.

Welches dieser Themen liegt Ihnen besonders am Herzen?

Clever: Eine Priorisierung dieser und der weiteren Projekte aus meinem Wahlprogramm ist schwierig. Sie stehen inhaltlich nicht in Konkurrenz zueinander, da sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen und teils langfristig, teils kurzfristig umsetzbar sind oder die Mitwirkung von anderen Stellen erfordern. Zum Beispiel kann ein Bürgermeister nicht einfach Tempo 30 auf der B3 anordnen – das liegt in der Verantwortung des Kreises. Die finanzielle Dimension spielt ebenfalls eine Rolle. Manche Maßnahmen lassen sich mit geringem Aufwand realisieren, während andere größere Investitionen erfordern.

Zuletzt war für den JUZ-Bauwagen ein Standort in Nachbarschaft zur Dirtbike-Anlage im Gespräch. © Thomas Neu

In solchen Fällen muss man überlegen, welche Projekte machbar sind und wo möglicherweise Fördermittel genutzt werden können. Mir ist eine nachhaltige Stadtentwicklung wichtig. Das bedeutet, dass wir unsere finanziellen Ressourcen sinnvoll einsetzen müssen. Bei den vielen Projekten, die anstehen, geht es letztlich darum, kluge Entscheidungen zu treffen – was setzen wir zuerst um, ohne dabei die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unnötig zu belasten?

Welche Eigenschaften bringen Sie mit, um an der Spitze der Verwaltung zu stehen?

Clever: Ich bringe methodisches Denken mit und kann Sachverhalte schnell erfassen. Das ist in meinem Beruf als Patentanwalt essenziell – ich muss komplexe Erfindungen in wenigen Minuten verstehen. Diese schnelle Auffassungsgabe hilft mir auch in der Kommunalpolitik. Außerdem ist es für mich selbstverständlich, die richtigen Fragen zu stellen. Gerade in einer Position mit so vielen unterschiedlichen Themen ist das entscheidend: Wo können Probleme liegen? Welche Informationen fehlen noch? Führungsfähigkeiten sind ebenfalls wichtig. Ich habe bereits größere Teams geleitet und immer Wert auf ein gutes Miteinander gelegt.

Ich denke, dass ich den richtigen Ton treffe – nicht nur gegenüber Mitarbeitenden, sondern allgemein im Umgang mit Menschen. Das halte ich für einen wichtigen Aspekt im Bürgermeisteramt. Ein weiterer Punkt ist meine Affinität für neue Technologien. Ich nutze moderne digitale Lösungen täglich und habe beispielsweise in meiner Kanzlei erfolgreich die digitale Akte eingeführt – trotz anfänglicher Widerstände. Diese Erfahrung hilft mir, digitale Prozesse auch in der Verwaltung voranzutreiben. Ich weiß, dass Veränderungen herausfordernd sein können, aber gerade deshalb ist es wichtig, jemanden mit Erfahrung in diesem Bereich zu haben.

Wie wollen Sie den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern pflegen und sie für Ihre Politik begeistern?

Clever: In Zwingenberg ist das direkte Gespräch immer möglich – und ich führe es gerne. Ich unterhalte mich viel mit den Menschen, weil mir der persönliche Austausch wichtig ist. Aber natürlich gibt es viele verschiedene Kommunikationswege. Manche bevorzugen eine direkte Ansprache, andere schreiben lieber E-Mails oder nutzen Messenger-Dienste wie WhatsApp. Ich stelle mich darauf ein und wähle den Weg, der für die Bürgerinnen und Bürger am einfachsten ist, um für alle erreichbar zu sein. Auch in der öffentlichen Kommunikation möchte ich möglichst viele Kanäle nutzen. Mir geht es darum, die Menschen gut zu erreichen – egal auf welchem Weg.

Sie haben in der Stadtverordnetenversammlung eine Mehrheit aus CDU und FDP. Wie wollen Sie als Bürgermeister mit den anderen Fraktionen, SPD und GUD, umgehen?

Clever: Als Bürgermeister bin ich allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen verpflichtet. Das ist mein Anspruch, und das gilt auch im Umgang mit den Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung. Ich werde mir die Anliegen aller Fraktionen anhören und sie nach bestem Wissen und Gewissen beurteilen. Das mache ich übrigens auch heute schon als Stadtverordneter. Meine Stimme wird in meiner Fraktion gehört, und ich höre mir ebenso die Argumente der anderen Fraktionen an. Am Ende geht es darum, gemeinsam zu sinnvollen Entscheidungen zu kommen.

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Wer meine Arbeit in der Stadtverordnetenversammlung in den letzten Jahren verfolgt hat, weiß, dass ich stets versucht habe, zwischen den Positionen zu vermitteln. Natürlich gibt es Themen, bei denen ich eine klare Haltung habe. Aber in vielen Fällen lässt sich ein gemeinsamer Weg finden. Das zeigt sich auch in der Praxis: Wir haben in den letzten Jahren viele Anträge gemeinsam mit der SPD und teilweise auch mit der GUD beschlossen. Das zeigt, dass sachorientierte Zusammenarbeit möglich ist – und genau das werde ich als Bürgermeister weiterführen.

Jugendarbeit braucht nicht nur einen Bauwagen, sondern auch ein Konzept. Darüber besteht Einigkeit. Wie wollen Sie das Projekt zeitnah verwirklichen?

Clever: Wir haben festgestellt, dass die Konzepterstellung durch die Verwaltung derzeit nicht möglich ist – sei es aus personellen oder zeitlichen Gründen. Deshalb müssen wir alternative Wege finden. Es gibt drei Optionen: Erstens könnten wir ein externes Büro beauftragen, das auf solche Konzepte spezialisiert ist. Zweitens könnten wir eine zusätzliche Stelle in der Stadtverwaltung schaffen – sei es in Form einer halben Stelle oder einer Minijob-Lösung. Drittens könnten wir das Projekt ehrenamtlich begleiten lassen.

Wir haben bewusst in der Ausschusssitzung mit den anderen Fraktionen vereinbart, dass Mittel dafür vorgesehen werden, ohne vorab festzulegen, welche der drei Optionen gewählt wird. Es geht darum, flexibel zu bleiben und schnellstmöglich eine praktikable Lösung zu finden. Sollte sich beispielsweise kurzfristig eine geeignete Person melden, könnte es sofort losgehen. Falls sich die Stellenausschreibung verzögert, wäre es möglicherweise sinnvoll, ein Büro zu beauftragen. Ziel ist es, in den nächsten Monaten ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten, damit der Bauwagen aufgestellt und die Jugendarbeit sinnvoll geplant werden kann.

Was kann auf kommunaler Ebene zur Energiewende und zum Klimaschutz beigetragen werden?

Clever: In Zwingenberg haben wir bereits viele Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden installiert. Um die Energieerzeugung weiter auszubauen, wäre eine Überdachung öffentlicher Parkplätze mit Solarmodulen eine Option. Zudem müssen wir die kommunale Wärmeplanung angehen und Heizungsanlagen in öffentlichen Gebäuden modernisieren. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Klimaanpassung. Angesichts der vergangenen Starkregenereignisse in anderen Regionen, die teils schwere Schäden verursacht haben, brauchen wir Schutzmaßnahmen, um künftigen Extremwetterlagen entgegenzuwirken. Gleichzeitig sollten wir innerstädtische Grünflächen erhalten und ausbauen, um die natürliche Kühlung im Sommer zu fördern. All diese Maßnahmen müssen in den kommenden Jahren konsequent umgesetzt werden.

Eine kommunale Wärmeplanung für Kommunen unter 10.000 Einwohnern wird ab 2028 verpflichtend. Wie kann sich Zwingenberg jetzt schon darauf vorbereiten?

Clever: Der allgemeine Rat lautet, dass kleinere Kommunen zunächst die Wärmeplanungen der Mittelstädte abwarten sollten, um von deren Erkenntnissen zu profitieren. Die Erstellung eines eigenen Plans ist aufwendig und kostenintensiv. Sobald belastbare Ergebnisse aus größeren Städten vorliegen, können wir diese für unsere eigene Planung nutzen. Natürlich dürfen wir das Thema nicht auf die lange Bank schieben. Wir müssen die Weichen jetzt stellen, um 2028 vorbereitet zu sein.

Zwingenberg hat dank seiner Rücklagen einen relativ stabilen Haushalt. Wie kann die finanzielle Situation langfristig verbessert werden, ohne die Grundsteuer zu erhöhen?

Clever: Der aktuelle Haushaltsentwurf weist ein Defizit von über 800.000 Euro aus. Dieses wird derzeit aus den Rücklagen ausgeglichen – doch das ist keine nachhaltige Lösung. Ohne Steuererhöhungen gibt es nur wenige Stellschrauben. Erstens Einsparungen bei freiwilligen Leistungen. Das halte ich jedoch für schwierig, da die freiwilligen Leistungen, die wir aktuell finanzieren, für das soziale und kulturelle Leben in Zwingenberg essenziell sind. Zweitens Verkauf städtischer Liegenschaften: Beispielsweise das Bauhofgelände oder Teile des ehemaligen Jugendherbergsgeländes könnten veräußert und entwickelt werden, um Einnahmen zu generieren.

Drittens gezielte Investitionen mit Fördermitteln: Durch strategische Nutzung von Fördergeldern könnten wir Projekte realisieren, ohne die städtischen Finanzen übermäßig zu belasten. Eine Grundsteuererhöhung sollte möglichst vermieden werden. Besonders junge Familien und ältere Bürgerinnen und Bürger sind bereits stark belastet – viele kämpfen mit hohen Wohnkosten. Dennoch müssen wir realistisch bleiben: Wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessert, werden wir uns dem Thema in den kommenden Jahren stellen müssen. Das ist die ehrliche Antwort.

Die Stadt hat die ehemalige Jugendherberge für einen Millionenbetrag erworben, bisher dient sie zur Unterbringung von Geflüchteten. Mittel- bis langfristig soll die denkmalgeschützte Immobilie jedoch anders genutzt werden. Wie gehen Sie das Thema an?

Clever: Es gibt viele Ideen für die zukünftige Nutzung der Jugendherberge, und jede hat ihren eigenen Reiz. Mein Ansatz wäre es, diese Ideen zunächst zu sammeln, strukturiert zu analysieren und dann zu prüfen, welche davon tatsächlich realisierbar sind – und zwar nachhaltig und finanziell tragfähig. Bereits vor dem Kauf der Immobilie gab es Überlegungen, sie als Wohnprojekt für Jugendliche zu nutzen. Eine weitere Idee ist die Einrichtung von Wohnungen für Auszubildende aus dem Kreis Bergstraße oder eine Kooperation mit dem Studentenwerk Darmstadt, um dort Studentenwohnungen zu schaffen. Zusätzlich gibt es Vorschläge für eine kulturelle Nutzung, etwa durch einen Veranstaltungsraum.

Die ehemalige Jugendherberge dient derzeit als Unterkunft für geflüchtete Menschen, der Keller der denkmalgeschützten Immobilie steht leer. © Thomas Neu

Der Zeitpunkt für die Umsetzung hängt allerdings davon ab, wann das Gebäude nicht mehr für die Unterbringung von Geflüchteten benötigt wird – und das ist derzeit noch nicht absehbar. Ich finde alle drei Wohnkonzepte – für Jugendliche, Auszubildende oder Studierende – sehr interessant. Sie hätten den Vorteil, dass sie junge Leute nach Zwingenberg bringen, was ich persönlich sehr positiv finde. Allerdings müssen wir genau prüfen, was wirtschaftlich tragfähig und städtebaulich sinnvoll ist. Eine andere Idee, die immer mal wieder aufkam, war die Einrichtung eines Seniorenheims. Doch das scheitert schlicht an der Lage – die ältere Generation hätte es schwer, den steilen Weg zur Stadt zu bewältigen. Also ein guter Gedanke, aber nicht an diesem Standort.

Die Stadtverordnetenversammlung hat sich für mehr Tempo-30-Zonen auf der B3 ausgesprochen. Die Umsetzung scheiterte bisher an den übergeordneten Behörden. Wie wollen Sie die Geschwindigkeitsbegrenzung dennoch durchsetzen?

Clever: Die Stadtverordnetenversammlung kann Tempo 30 nicht direkt beschließen, sondern nur den Magistrat beauftragen, sich dafür bei den zuständigen Behörden einzusetzen – und genau das wurde getan. Die Behörde argumentiert bislang, dass Tempo 30 an dieser Stelle nicht zulässig sei. Laut geltendem Recht ist eine Reduzierung nur in bestimmten Fällen möglich, etwa aus Lärmschutzgründen. Genau hier gibt es eine offene Diskussion: Ein entsprechendes Gutachten wurde erstellt, aber vom Magistrat zurückgewiesen, und es gibt bislang kein abschließendes Ergebnis. Interessant ist, dass die letzte Bundesregierung Änderungen im Straßenverkehrsrecht vorgenommen hat, die zusätzliche Gründe für Tempo 30 ermöglichen.

Allerdings gibt es noch keine klaren Handlungsanweisungen, wie diese umgesetzt werden sollen. Es wird auf Verhandlungen und Überzeugungsarbeit hinauslaufen. Wir müssen gute Argumente vorbringen und die Behörden davon überzeugen, dass Tempo 30 an bestimmten Stellen – gerade im Bereich der Schulen und Bushaltestellen – sinnvoll ist. Dort sehe ich auch die dringendste Notwendigkeit, denn viele Kinder überqueren dort täglich die Straße. Wir werden also dranbleiben, aber am Ende liegt die Entscheidung nicht bei uns.

Wo sehen Sie dort den größten Handlungsbedarf in Rodau?

Clever: Es gibt einige dringende Themen, die bereits in Angriff genommen wurden. Das Dach des Dorfgemeinschaftshauses ist undicht und muss saniert werden – das ist unstrittig und wird umgesetzt. Ein weiteres Problem ist der Gehweg in der Neckarstraße, der in einem schlechten Zustand ist und kaum noch nutzbar. Auch hier besteht unmittelbarer Handlungsbedarf. Das sind Maßnahmen, die nicht verschoben werden dürfen.

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Wo sehen Sie Zwingenberg in sechs Jahren?

Clever: Mein Wunsch wäre, dass sich Zwingenberg in sechs Jahren noch genauso lebenswert anfühlt wie heute. Die Stadt soll weiterhin ein Ort sein, an dem die Menschen gerne leben und sich wohlfühlen. Selbstverständlich wird es Veränderungen geben, aber das besondere Lebensgefühl von Zwingenberg muss dabei erhalten bleiben – das ist mir wichtig.

Was sind Ihre Lieblingsplätze in Zwingenberg und Rodau?

Clever: Ich bin gerne draußen unterwegs. Besonders im Sommer sitze ich gerne unter den Platanen auf dem Marktplatz – das ist einfach ein schöner Ort. Auch der Blick von den Weinbergen auf die Stadt, vor allem im Frühling, gefällt mir sehr. Und dann gibt es noch den Blick auf die Kirche aus etwas Entfernung – der hat für mich einen besonderen Charme. Baulich finde ich das alte Rathaus in Rodau mit seinem Innenhof besonders gelungen. Auch der Herbstmarkt in Rodau, so wie er zuletzt gestaltet war, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen – die Platzaufteilung passte einfach perfekt. Es gibt viele schöne Ecken in Zwingenberg und Rodau, und genau das macht die Stadt aus.

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