Zwingenberger Bürgermeisterwahl

„Clever & Smart“ als Geschenk für Sebastian Clever

Sebastian Clever „will Bürgermeister für alle sein“ und lobt den fairen Wahlkampf in Zwingenberg.

Von 
Michael Ränker
Lesedauer: 
Wahlsieger Sebastian Clever (l.) nimmt die Gratulation von Mitbewerber Stefan Juchems (r.) entgegen. © Thomas Zelinger

Zwingenberg. „Passen Sie gut auf Zwingenberg auf“, gibt Stefan Juchems dem neuen Rathauschef des ältesten Bergstraßenstädtchens mit auf den Weg – und gratuliert Sebastian Clever per Handschlag zur gewonnenen Wahl. Clever hat sich bekanntermaßen am Sonntag mit 54,94 Prozent gegen Juchems mit 45,06 Prozent der Stimmen als Nachfolger des langjährigen Bürgermeisters Holger Habich durchgesetzt (Wahlbeteiligung: 83,37 Prozent). Am südlichen Eingang des „Bunten Löwen“ – gegenüber des Portals zum Rathaus, in das Clever voraussichtlich am 3. April offiziell einziehen wird – kommt es am Sonntagabend zur ersten Begegnung der beiden Bewerber. Und die fällt durchweg freundlich aus.

„Ein Gewinn, das erleben zu dürfen“

Für Stefan Juchems, der als unabhängiger Kandidat antrat, aber der Partei Bündnis 90/Die Grünen angehört und von der Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie sowie den Sozialdemokraten unterstützt wurde, war es trotz der knappen Niederlage „ein Gewinn, das erleben zu dürfen“. Dem Seeheim-Jugenheimer, den vor wenigen Monaten in Zwingenberg noch niemand kannte, ist es binnen kurzer Zeit gelungen, viele Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen. Für Sebastian Clever, Parteichef der örtlichen Christdemokraten, von der CDU nominiert und den Freidemokraten unterstützt, war die Kandidatur „das Spannendste, was ich bislang in meinem Leben gemacht habe“. Und da kann Juchems nur zustimmen.

Im Gewölbekeller des „Bunten Löwen“, wo Gemeindewahlleiter Ralf Barthel mit seinem Team per Beamer die lokalen Ergebnisse der Bürgermeisterwahl auf eine Leinwand projiziert, gibt es dann für Wahlsieger Sebastian Clever kräftigen Beifall über Parteigrenzen hinweg – und auch für den unterlegenen Stefan Juchems wird nicht minder stark applaudiert, ebenfalls unabhängig von der politischen Couleur. Zu den ersten Gratulanten zählt Erste Stadträtin Karin Rettig (FDP), die dem Magistrat der Stadt Zwingenberg zurzeit als „Interims-Bürgermeisterin“ vorsteht und die Verwaltung leitet. Sie macht kein Geheimnis daraus, dass sie froh ist, wenn der neue Bürgermeister seinen Dienst antritt. Und sie scherzt: „Aber der Dienstwagen wird mir schon fehlen.“

Landrat Christian Engelhardt (CDU) bezeichnet den Wahlsonntag als „Hochamt für die Demokratie“. Er ist nach Zwingenberg gekommen, um den Ausgang der Bürgermeisterwahl „live“ mitzuerleben. Und er dankt beiden Bewerbern für ihre Bereitschaft zur Kandidatur: „Denn es ist gut, dass es eine Auswahl gab – und das noch dazu in Person von zwei qualifizierten Bewerbern.“ Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Sebastian Clever: „Ich finde den Job als Landrat ja megasuper – und Bürgermeister dieser wunderschönen Stadt zu sein, das wird sicher auch toll.“

Knappes Ergebnis spiegelt die unterschiedlichen Stimmen in der Stadt wider

Sebastian Clever bedankt sich, wie kurz darauf auch Stefan Juchems, für die Unterstützung der Bevölkerung. Das „knappe Ergebnis“ stehe „für die vielen unterschiedlichen Stimmen“, die es nun einmal in Zwingenberg und Rodau gebe. Vor allem mit Blick auf diejenigen, die ihn nicht gewählt haben, verspricht der neue Rathauschef: „Ich will Bürgermeister für alle sein.“ Clever bedankt sich bei Juchems für „einen fairen Wahlkampf“. Mit etwas Abstand zur Wahl wollen sich die beiden Kontrahenten zusammensetzen, um sich über ihre Erfahrungen im Wahlkampf auszutauschen, Clever lädt Juchems dazu „auf eine Tasse Kaffee“ ein.

Stefan Juchems wiederum spricht am Sonntagabend im „Löwenkeller“ von einem „Kaltstart von 0 auf 100“: Während sein Herausforderer in Zwingenberg lebt und Kommunalpolitik macht, sei er als Externer ins älteste Bergstraßenstädtchen gekommen. Er habe aber schnell „die Kraft der Bürgerinnen und Bürger spüren können“ und er sei zuversichtlich, dass sie von Clever – wie auch „die vielen Ideen, die gesprudelt sind“ - weiter genutzt werden könne. „Wenn man es nicht versucht, dann hat man schon verloren“, fühlt sich Juchems trotz der Niederlage ein Stück weit als Gewinner – dafür gibt‘s erneuten Beifall, auch von Wahlsieger Clever.

Respekt für Stefan Juchems

„Stefan Juchems wäre der geborene Bürgermeister“, findet es Evelyn Berg als Sprecherin der Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie „sehr schade“, dass Juchems sich trotz des „sehr guten Ergebnisses“ am Ende nicht durchsetzen konnte. Sie bescheinigt Juchems, er habe einen „sehr guten und sehr fairen Wahlkampf geführt“. Ulrich Kühnhold, Fraktionsvorsitzender der GUD, spricht ebenfalls jenseits der nachvollziehbaren Ernüchterung von einem „bemerkenswerten Ergebnis“: „Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich auf die Art von Stefan Juchems eingelassen“, der sich mit „mit sehr viel Herzblut“ eingebracht habe.

Einen „sehr guten und engagierten“ Wahlkampf attestiert auch Regina Nethe-Jaenchen, Fraktionsvorsitzende der SPD, dem unterlegenen Herausforderer: Juchems habe „viele in Bewegung gebracht“ und „gute Ideen“ zutage gefördert. Klar sei man mit dem Ergebnis „nicht zufrieden“, aber in der Höhe von rund 45 Prozent sei es „sehr anerkennenswert“.

Ähnlich knappes Wahlergebnis wie 2007

  • Ein ähnlich knappes Wahlergebnis wie bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag gab es auch bei der ersten Kandidatur des Ende November nach knapp 18 Jahren aus dem Amt geschiedenen Holger Habich.
  • Der hatte sich, nachdem er zuvor zehn Jahre lang ehrenamtlich Kommunalpolitik im Rodauer Ortsbeirat beziehungsweise in der Stadtverordnetenversammlung gemacht hatte, für die Bürgermeisterwahl im Frühjahr 2007 beworben.
  • Der damalige Amtsinhaber Dieter Kullak hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet, nachdem ihm CDU und FDP, die ihn ursprünglich auf den Schild gehoben hatten, eine erneute Unterstützung versagt hatten.
  • Habich trat gegen die SPD-Stadträtin Gabriele Keßler und den GUD-Stadtverordneten Hans-Henrich Spieß an.
  • Spieß schied im ersten Wahlgang aus, in der Stichwahl setzte sich Habich mit 53,7 Prozent gegen Keßler mit 46,3 Prozent durch (Wahlbeteiligung: 55,6 Prozent).

Während GUD und SPD den Sonntagabend nicht, wie ursprünglich geplant, im Wahlkampfbüro von Stefan Juchems ausklingen lassen, sondern im „Löwenkeller“, versammeln die Clever-Unterstützer sich bei einer von der CDU im „Adlersaal“ organisierten Wahlparty. Für den Wahlsieger gibt es dort lange anhaltenden Beifall, der wiederum bedankt sich in einer kurzen Rede - sichtlich entspannt - für die große Unterstützung. In der Tat hatte Clever viel zu verlieren: Der Patentanwalt und Partner in einer entsprechenden Kanzlei hat diese Berufstätigkeit zugunsten der Kandidatur als Bürgermeisterwahl aufgegeben.

CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Neumeister bedankt sich bei Clever für dessen Bereitschaft zur Kandidatur und für den engagierten Wahlkampf. Und er hat auch ein Geschenk mitgebracht: Für den Wahlsieger gibt‘s es einen Jubiläumsband der Comic-Serie „Clever & Smart“ mit dem Wunsch, dass der neue Bürgermeister seine erste Amtszeit „nicht nur clever, sondern auch smart erlebt“.

Mehr zum Thema

Kommunalpolitik

Sebastian Clever gewinnt die Bürgermeisterwahl in Zwingenberg

Veröffentlicht
Von
Eric Horn
Mehr erfahren
Gesprächsrunde

Bürgermeisterwahl: Grundschüler haben Kandidaten ausgefragt

Veröffentlicht
Von
Michael Ränker
Mehr erfahren
Mittelstandsunion

Wenn der Führerschein immer wieder vorgelegt werden muss

Veröffentlicht
Von
Michael Ränker
Mehr erfahren

Die ersten Termine als Bürgermeister in spe hat Sebastian Clever schon im Kalender notiert, mit der Ersten Stadträtin Karin Rettig beispielsweise kommt es bereits am Mittwoch zu einem Treffen. Ziel sei es, so Clever, dass er in den nächsten Wochen bis zum offiziellen Dienstantritt schon in möglichst viele Prozesse und Projekte eingebunden werde.

Die Ernennungsurkunde soll es dann im Rahmen einer Stadtverordnetenversammlung geben, die Stand Sonntagabend auf den 3. April terminiert ist. Und terminiert werden muss danach auch eine weitere Wahl, nämlich die eines neuen CDU-Vorsitzenden. Weil er „Bürgermeister für alle“ sein wolle, hat Sebastian Clever im Wahlkampf angekündigt, dass er sein Amt als Parteichef im Falle einer Wahl zur Verfügung stellen wird.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke