Heppenheim. 120 Jahre ist es her, seit sich 21 Winzer aus der Region zusammengeschlossen und die Bergsträßer Winzergenossenschaft gegründet haben. Heute sind aus diesen zwei Handvoll Winzern 335 Winzerfamilien geworden, die rund 236 Hektar Rebfläche entlang der hessischen und badischen Bergstraße bewirtschaften.
Und dazwischen war einiges los: erntereiche Jahre, Frost, Auszeichnungen, der Umzug in die Darmstädter Straße, politische Schwierigkeiten, das Wirtschaftswunder und so viel mehr. Zentral war dabei immer die Gemeinschaft. „Wir sind ein Wir-Betrieb. Der Zusammenhalt der Mitglieder ist unsere DNA“, erklärt Patrick Staub, Vorstandsvorsitzender der Bergsträßer Winzer eG.
Seit 2014 ist die Genossenschaft im Viniversum als Weinerlebniswelt mit einer Vinothek und zwei Veranstaltungsräumen in der Darmstädter Straße in Heppenheim zu finden. Im Zentrum steht die Vermarktung der Weine, der Verkauf im Viniversum selbst, in lokalen Supermärkten sowie verschiedene Events.
Bis dahin war es jedoch ein langer Weg. Im Jahr 1904 lud der damalige Heppenheimer Bürgermeister Höhn am 21. August zu einer Gründungsveranstaltung ein. In anderen Regionen gab es bereits seit 1880 eine Welle der Gründungen von Winzergenossenschaften und nun schien die Zeit reif für die Bergstraße. Wirtschaftlich war es herausfordernd für die Weinbauern und damals wie heute hatten es kleine Erzeuger allein schwerer als in der Gemeinschaft. So wurde der Starkenburger Winzerverein ins Leben gerufen, am 27. September 1904 startete die Hauptlese. In den ersten Jahren lag der geografische Schwerpunkt zunächst auf Heppenheim.
Ein zentrales Jahr für den Starkenburger Winzerverein war 1937, als er nach vielen Verhandlungen die Dauergenehmigung für den Wirtschaftsbetrieb erhielt. Unter großem finanziellem Aufwand wurde der Saal des Amtshofes in der historischen Heppenheimer Altstadt umgebaut und der „Winzerkeller“ wurde eröffnet.
Erfrorene Ernte in den 50er Jahren
Im Jahr 1953 wurde der erste Bergsträsser Weinmarkt gefeiert und eine Weinkönigin wurde gekrönt. Eine wortwörtliche Eiszeit mussten die Winzer im Winter 1955/56 durchstehen, als die Reben bei minus 28 Grad fast restlos erfroren. Doch schon bald ging es wieder aufwärts und 1958 gab es die bisher größte Ablieferung. Es zeichnete sich ab, dass in den bisherigen Betriebsräumen auf Dauer nicht mehr weitergearbeitet werden konnte. Hinzu kam die Verschmelzung der Starkenburger Winzergenossenschaft mit der aus Bensheim-Auerbach. Im selben Jahr zog die Genossenschaft vom Winzerkeller in den Kellereineubau in der Darmstädter Straße an der B3.
1970 erfolgte schließlich die Verschmelzung mit der Winzergenossenschaft Bensheim. Nur ein Jahr später kam ein neues Weingesetz, wodurch das „Weinbaugebiet Hessische Bergstraße“ entstand. Die „ausgegrenzten“ badischen Gemeinden durften ihre Trauben weiterhin nach Heppenheim bringen, wo sie seither unter dem Label Anbaugebiet „Baden“ vermarktet werden – streng getrennt von den hessischen Weinen.
Ein richtiges Erfolgsjahr war 1996, als aus London die „Meldung des Jahres“ kam: Der Weihnachtseiswein wurde zum weltbesten Eiswein gekürt. Dass dieser Eiswein vier Jahre später für heiße Schlagzeilen sorgte, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Im Jahr 2000 wurde er im Playboy erwähnt und sorgte für heftiges Aufsehen.
Weitere vier Jahre später feierte die Genossenschaft ihr 100-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass durchstöberte der ehemalige Vorstandsvorsitzende Reinhard Antes alte Archive und fasste die Geschichte der Bergsträßer Winzer eG zusammen. Im Jahr 2007 wurde schließlich der Erlebnispfad „Wein & Stein“ eingeweiht und weitere sieben Jahre später eröffnete das Viniversum. Im selben Jahr gründete sich die Jungwinzerinnengruppe „Vinas“. Wenige Jahre nach der Eröffnung des Viniversums gab es dort einen Brand im Obergeschoss, der aufwendige Reparaturen forderte. Auch dieser Herausforderung stellte sich die Bergsträsser Winzergenossenschaft und die alten Weine im Keller nahmen keinen Schaden. Mittlerweile hat der Keller einen Fassraum von 5,5 Millionen Liter, erklärt Patrick Staub.
Wein- und Sektfest zum Jubiläum
Mit dabei sind einige historische Fässer, die in den letzten Jahren aufbereitet worden sind. Die Genossenschaft geht davon aus, dass es sogar Fässer aus dem Gründungsjahr 1904 gibt. Diese zogen damals von der Amtsstube in die Darmstädter Straße. Besonders stolz ist die Genossenschaft, so Staub, auf die Tatsache, dass sie über die Jahrzehnte hinweg insgesamt 18 Staatsehrenpreise des Landes Hessen erhalten hat.
Allein das, aber vor allem das Jubiläum sind Gründe zum Feiern. Am Gründungstag, dem 21. August, taten die Mitglieder das bereits zusammen. heute und morgen (23. und 24. August) wird das traditionelle Wein- und Sektfest gefeiert und am Sonntag (25.) gibt es eine Jubiläumsweinprobe. Die Tickets dafür sind ausverkauft.
Wer es zu keinem dieser Events schafft, hat im Laufe des Jahres noch viele Möglichkeiten, die 120 Jahre zu feiern – sei es beim Bergsträßer Winzerfest, bei der Herbstwanderung oder einem Gourmet-Menü. Was zukünftig auch im Fokus stehen wird, ist das Thema Nachhaltigkeit. Doch egal, ob mit historischem Wert oder innovativ, eines ist sicher immer dabei: ein leckerer Tropfen aus der heimischen Bergstraße. lsp/ü
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