Weinbauverband

Otto Guthier als Vorsitzender des Weinbauverbands verabschiedet

Otto Guthier wurde im Rahmen eines Empfangs offiziell als Vorsitzender des Weinbauverbands Hessische Bergstraße verabschiedet. Seine 26 Jahre im Ehrenamt wurden dabei in Heppenheim gewürdigt.

Von 
Thomas Tritsch
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Otto Guthier (l.) wurde im Rahmen eines Empfangs nach 26 Jahren als Vorsitzender des Weinbauverbandes Hessische Bergstraße verabschiedet. Die Laudatio hielt Heinrich Hillenbrand (r.). © Thomas Zelinger

Bergstraße. Es war 1998, als Otto Guthier das Erbe seines Vorgängers Vinzenz Antes übernommen hat. Seither war er Vorsitzender des Weinbauverbands Hessische Bergstraße - und für viele in – und außerhalb der Szene so etwas wie das Gesicht des Anbaugebiets. „Er ist länger im Amt als ich auf der Welt bin“, kommentierte die aktuelle Bergsträßer Weinkönigin Katja Simon und betonte damit die beachtliche Zeitspanne, während der Guthier das Anbaugebiet Hessische Bergstraße regional und überregional auf vielen Ebenen vertreten hat.

Geboren wurde er am 9. April 1953 als Spross einer Heppenheimer Winzerfamilie. Nach dem Abitur stellte er sich 1977 für ein Praktikum im damaligen Staatsweingut Bergstraße bei Heinrich Hillenbrand vor. Dass der langjährige Domänenchef und Verbandskollege am Sonntag auch die Laudatio bei Guthiers offizieller Verabschiedung hielt, war im Grunde die perfekte Dramaturgie.

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Hillenbrand nahm die zahlreichen Gäste und Ehrengäste im Heppenheimer „Viniversum“ mit auf eine kleine Reise durch die Biografie seines Kollegen, der 1982 nach dem Studium an der Fachhochschule Geisenheim mit Abschluss als Diplomingenieur für Weinbau und Kellerwirtschaft als Betriebsleiter auf Schloss Westerhaus in Ingelheim am Rhein seine Karriere begann. In dem VDP-Betrieb der Familie von Opel, eines der großen Prestige-Weingüter in Rheinhessen, verdiente er sich erste Meriten in der Branche. 1991 wechselte der Bergsträßer für zwei Jahre als stellvertretender Betriebsleiter ins Staatsweingut Meersburg am Bodensee. Es ist eine Zeit der häufigen Ortswechsel, und Ehefrau Dagmar ist immer dabei. 1977 habe sich beide auf dem Bergsträßer Winzerfest kennengelernt. Klingt fast filmreif.

Schnitt: Am 1. Mai 1993 übernimmt Otto Guthier als Nachfolger von Ewald Petermann die Geschäftsführung bei der Bergsträßer Winzer eG. Unter seiner Regie veränderten sich das Qualitätsbewusstsein und die Kollektion, aber auch das Marketing wurde modernisiert. Im Doppel mit dem Vorsitzenden Reinhard Antes schreiben beide Genossenschaftsgeschichte. Daraus entsteht auch das „Viniversum“, ein 4,5-Millionen-Euro-Projekt, das vor zehn Jahren eröffnet wurde.

Begeisterter Hobby-Astronom fotografiert gerne Himmelskörper

Der Name wurde im Kontext von Guthiers Hobby geboren: der Astronomie. Guthier ist begeisterter Astronom, der seit Beginn seiner Leidenschaft für Kometen mehr als 250 Himmelskörper – darunter Hale Bopp und Hyakutake – beobachtet und fotografiert hat. 25 Jahre lang, bis 2017, war er Vorsitzender der Vereinigung der Sternenfreunde und Mitbegründer der Starkenburg-Sternwarte. 2019 erhielt er für seinen freiwilligen gesellschaftlichen Einsatz das Bundesverdienstkreuz.

Fähigkeit zum Teamwork zeichne auch Guthiers ehrenamtliches Engagement für den Weinbauverband aus, so Heinrich Hillenbrand. Fachvorträge, Exkursionen, Prämierungen sowie die Aktion „Blühende Bergstraße“, der Weinbautag Bergstraße, der Heppenheimer Weinmarkt und nicht zuletzt die langwierige Flurbereinigung sind eng mit seinem Namen und Engagement verbunden. Er war unter anderem bei der amtlichen Weinprüfstelle in Eltville (Rheingau) tätig und in gleicher Funktion auch bei der Landes- und bei der Bundesweinprämierung eingebunden. Otto Guthier ist ehrenamtliches Vorstandsmitglied im Deutschen Weinbauverband. Nach seinem Rückzug aus der Verbandsspitze, die intern bereits im Juni vollzogen wurde, wird er weiterhin im Beirat mitarbeiten - und ist damit auch ein Gremiumskollege von Katja Simon, die Guthier Hingabe, Leidenschaft und Herzblut für den Weinbau attestierte.

Nachfolger von Otto Guthier an der Spitze des Weinbauverbandes ist Johannes Bürkle. Er begrüßte die Gäste im „Viniversum“. © Thomas Zelinger

„Wir werden seinen Rat weiterhin zu schätzen wissen“, sagte sein Nachfolger Johannes Bürkle (37) in Heppenheim. Der Zwingenberger Winzer war bereits seit 2021 stellvertretender Vorsitzender, der Wechsel an der Front war gut und lange vorbereitet. Bürkle betonte, dass Guthier das Anbaugebiet in alle Richtungen vertreten und dabei auch weinbaupolitische Themen engagiert diskutiert habe.

Auch Landrat a.D. Matthias Wilkes sprach in seinen Grußworten von einem fachkundigen Teamplayer, dessen Persönlichkeit das schiere Amt stets überragt habe. Guthier sei eine der Marken des Bergsträßer Weins, so Wilkes, der auch den Landkreis selbst als „Genossen“ in die Winzer eG integriert und die Idee der Botschafter der Bergstraße (samt Botschafter-Wein) umgesetzt hatte. Die erste Repräsentantin war 2003 eine Winzerin: Lisa Edling aus Rossdorf. „Otto Guthier hat den Wein zu einem Marketing-Aspekt der Bergstraße gemacht“ so der Ex-Landrat.

„Ein Pragmatiker, der Projekte realisieren wollte“

Der hauptamtliche Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf wollte Guthiers Amtszeit nicht als Ära bezeichnen: „Er wollte keine Ära prägen, er wollte Dinge anpacken und umsetzen“, so Schimpf. Als Vorsitzender sei er, wie auch als Winzer, immer ein Pragmatiker gewesen, der Projekte realisieren und Probleme lösen wollte. Das galt insbesondere für die Flurbereinigung, die an der Hessischen Bergstraße in Zwingenberg, Bensheim und Heppenheim sehr unterschiedlich verlaufen ist – immer aber mit vielen Hürden und kritischen Stimmen seines der Weinbauern und ihrer Interessenvertretung flankiert war und noch immer ist. Der Weinbau sei auch in der Gegenwart stark unter Druck, sagte Schimpf. Die Winzer müssen sich nicht nur auf den Klimawandel einrichten, sondern sich auch weinbaurechtlichen Neuerungen stellen und die momentan schwierige Marktsituation mit sinkenden Absatzzahlen angehen. Probleme, die dem Verband eine Existenz zusprechen, so der Kreispolitiker.

Titel „Präsident“ ist nicht wichtig

Dass der Chef des Weinbauverbands nur an der Hessischen Bergstraße Vorsitzender und nicht Präsident heißt, habe ihn nie gestört, sagte Otto Guthier im Rahmen des Empfangs zu seinem Abschied. „Wir sind bescheiden“, sagte er augenzwinkernd. Es sei viel wichtiger, als kleines Anbaugebiet mit rund 450 Hektar Rebfläche gut mit den großen Regionen zusammenzuarbeiten und gemeinsam für bessere Bedingungen der Winzer zu kämpfen.

Er selbst sei vor 26 Jahren in große Fußstapfen getreten, so Guthier über die Arbeit von Vinzenz Antes und Heinrich Hillenbrand, ohne die es in der Bergsträßer Kulturlandschaft heute ganz anders aussehen würde, wie er betont.

Otto Guthier dankte allen, die ihn in diesen Jahren begleitet haben: „Das ist nichts für Alleinunterhalter. Es geht nur in einem guten Team!“

Er dankte seiner Frau, den Töchtern Nadine und Caroline (beides ehemalige Weinköniginnen) und seinem Sohn Björn für die Unterstützung. tr

Zu Gast in Heppenheim war am Sonntag auch Peter Seyffardt, Präsident des Rheingauer Weinbauverbands. „Otto war immer ein kritischer Geist, der Dinge klar kommentiert und auch verändert hat.“ Die hessischen Nachbarn werden auch weiterhin eng und konstruktiv mit den Kollegen im zweitkleinsten deutschen Anbaugebiet zusammenarbeiten, so Seyffardt.

Aus Franken war Verbandspräsident Artur Steinmann anwesend, der Badische Weinbauverband wurde von Rainer Zeller vertreten. Maria Zimmermann, Vorsitzende des Tourismus Service Bergstraße, dankte Guthier für die gute Zusammenarbeit, gemeinsam habe man viel Positives für die Verzahnung von Wein und Tourismus auf die Beine gestellt. Zu seinem Abschied freute sich Otto Guthier auch über die Anwesenheit des Ehrenpräsidenten des Rheingauer Weinbauverbandes, Richard Nägler, sowie über seinen Studienkollegen Thomas Schätzel aus dem Weingut Kapellenhof in Selzen, Rheinhessen. Bei Snacks und Bergsträßer Wein wurde im Anschluss an den offiziellen Teil munter weiter geplaudert.

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