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Warnstreik bei Unilever und Intersnack in Heppenheim

Rund 400 Mitarbeiter aus den Werken in Alsbach-Hähnlein und Heppenheim streiken gemeinsam in der Kreisstadt. Auslöser sind laufende Gehaltsverhandlungen.

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cs/ü
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Die Frühschichten von Langnese und Intersnack aus Alsbach-Hähnlein streiken am Langnese Standort in Heppenheim. Rechts: Hermann Soggeberg, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei Unilever Hamburg. © Jährling

Heppenheim. Ein Novum in der Region war der gemeinsame Streik der beiden Frühschichten des Intersnack-Werks in Alsbach-Hähnlein und bei Langnese Unilever vor deren Werk in Heppenheim, zu dem sich rund 400 Mitarbeiter vor dem Werkstor am Montagmorgen gemeinsam getroffen hatten. Zum Streik aufgerufen hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Darmstadt/Mainz, die auch für den Pendelverkehr gesorgt hatte, mit dem die Intersnack-Mitarbeiter nach Heppenheim befördert wurden.

„Auslöser sind die laufenden Lohnverhandlungen, bei denen wir als Gewerkschaft für die Mitarbeiter Lohnforderungen von 9,9 Prozent oder mindestens 360 Euro pro Monat gestellt haben, die Arbeitgeber aber in der ersten Gesprächsrunde Lohnsteigerungen von 2,2 und 2,4 Prozent angeboten haben“, erläuterte dazu in Heppenheim an der Tiergartenstraße Guido Noll, der Geschäftsführer der regionalen Organisation Darmstadt/Mainz von NGG. Diese Lohnsteigerung sollte ab sofort für 24 Monate gelten, da der erst 2023 ausgehandelte Tarifvertrag bereits in einigen Unternehmen ausgelaufen ist.

Große Nachfrage nach Süßwaren und Snacks

„Ein solches Angebot der Arbeitgeber ist für uns nicht akzeptabel, da die Mitarbeiter unter den gestiegenen Lebenshaltungskosten leiden, nicht zuletzt durch die hohe Inflation“, erläutert Noll. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Süßwarenindustrie ihrerseits hohe Absätze verzeichnet und kaum mit ihrer Produktion bei dieser Nachfrage nachkomme. Die Industrie habe zudem allein im vergangenen Jahr gleich zweimal die Erhöhung ihrer Preise vorgenommen, betonte Noll. Er verwies als Beispiel auf die Chips von Intersnack, die vor der Pandemie mit 70 Cent in den Märkten berechnet wurden und heute sogar als Sonderangebot weit über einen Euro kosten.

Der gemeinsame Streik der Frühschichten zwischen 6 und 14 Uhr der beiden südhessischen Firmen habe sich sowohl durch die Kooperationen der gewerkschaftlich organisierten Belegschaften als auch der gleichartigen Tarifverträge in beiden Unternehmen ergeben. „Wir fordern im Übrigen bundesweit die 9,9 Prozent-Erhöhung der Löhne“, betonte Noll, allerdings hätten die einzelnen Tarifverträge aktuell unterschiedliche Laufzeiten.

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Am 16. September soll sich die zweite Verhandlungsrunde zwischen den Vertretern von NGG und den Arbeitgebern anschließen. „Wir erhoffen uns dann ein anständiges Angebot der Arbeitgeberseite“, sagte Noll und verwies darauf, dass man sich mit einem solchen Angebot die Lösung der aktuellen Probleme wünsche. „Sollte es kein uns passendes Angebot geben, werden wir als nächste Runde hier einen 24-Stunden-Streik aller Schichten in den Firmen ausrufen“, so Noll.

Über die bisherigen niedrigen Angebote der Arbeitgeber seien die Mitglieder sauer. „So zeigt man uns keine Wertschätzung“, unterstrich der NGG-Geschäftsführer. Dies unterstreichen auch einige der Streikenden deutlich, die mit ihren gelben Westen unübersehbar vor dem Werkstor entweder auf Bänken oder auch auf dem Boden Platz genommen haben. „Wir wollen mehr Geld als letztes Jahr, denn mit unserem aktuellen Lohn können wir nicht einmal die Preissteigerung im Alltag mehr auffangen“, sagen einige der Streikenden. „Wie soll man damit beispielsweise für seine Wohnungskosten noch aufkommen“, stellt ein junger Mann fest.

„Das ganze Leben ist teurer geworden, daher brauchen wir auch eine entsprechende Lohnerhöhung, um unseren gesamten Alltag einigermaßen zu finanzieren“, sagte ein Mitarbeiter von Intersnack, der darauf verwies, dass gerade der Preisanstieg der Produkte seines Arbeitgebers weiter über dem Inflationsanstieg liege.

Mitarbeitern Sicherheit geben als Ziel

Bastian Martin, der Betriebsratsvorsitzende im Unilever-Langnese-Unternehmen in Heppenheim, verwies auf die ebenfalls gedrückte Stimmung unter seinen Kollegen nach der ersten Verhandlungsrunde zum Thema Lohnerhöhung. „Wir erhalten von den Kollegen viele Anfragen, wie sich dieses Angebot angesichts der gestiegenen Preise für unsere Eisprodukte erklären lasse“, machte er deutlich. So sei der Verkauf der Eisprodukte der Firma allein im August um 20 Prozent gestiegen.

In Heppenheim war auch Hermann Soggeberg, der Konzernbetriebsratsvorsitzende von Unilever Deutschland und Europa, der eigens gekommen war, um die Kollegen bei diesem Streik zu unterstützen. Er verwies dabei darauf, dass der Arbeitgeberverband eigens eine Information zur Einstellung des Streiks wegen der Sicherung der Arbeitsplätze herausgegeben habe. „Derzeit werden in unserem Unternehmen viele Themen diskutiert“, merkte er dabei an und verwies auf den möglichen Verkauf von Langnese.

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Dieser stelle Unilever vor das größte Jobcutproblem der letzten Jahre. Allein in Heppenheim würden durch den möglichen Verkauf 600 Arbeitnehmer den Konzern Unilever verlassen, ebenso auch viele Mitarbeiter in Hamburg. Zudem sei aber derzeit offen, ob der Verkauf überhaupt vorgenommen werde oder ob als Alternative der Börsengang des weltweiten Unilever-Eisgeschäfts angestrebt werde.

„Wir respektieren die Ausübung von Grundrechten, setzen aber mit dem Bundesverband der Süßwarenindustrie und anderen Arbeitgebern auf Dialog statt Konfrontation“, stellte Robert Heldner, der Pressesprecher von Unilever Hamburg, auf Anfrage zum aktuellen Streik in Heppenheim fest. Man habe bereits als Arbeitgeber ein starkes Angebot mit einer zweistufigen Lohnerhöhung gemacht. Ziel sei, den Mitarbeitern Sicherheit zu geben und die Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. „Wir sind zuversichtlich, dass die Tarifverhandlungen erfolgreich fortgesetzt werden“, so Heldner abschließend. cs/ü

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