Heppenheim. Das Szenario: Dichter Rauch dringt aus dem Anbau des ehemaligen Gasthauses „Zur Post“ in Kirschhausen. Hier ist die Kegelbahn untergebracht, das wissen die Einheimischen. Es ist 19.30 Uhr, als die Sirene ertönt. Keine fünf Minuten später sind die ersten Brandschützer vor Ort. Einsatzleiter Sebastian May gibt Kommandos, teilt ein. Schnell muss es gehen, denn es besteht der Verdacht, dass sich noch Menschen im Gebäude befinden.
Eine Gruppe Schaulustiger sammelt sich an. Es sind viele Kinder darunter. Menschen stehen an Fenstern und hinter Gartentoren, teilweise mitten im Geschehen. Der Bürgermeister ist da, der Ortsvorsteher, der Stadtbrandinspektor. Das Interesse ist verständlich: Die größte Stadtteilwehr probt in einer Übung den Ernstfall.
Auch der Laie erkennt auf den ersten Blick: Hier sind Frauen und Männer bei der Arbeit, die wissen, was sie tun. Jeder Handgriff sitzt, jeder weiß, worum es in den einzelnen Situationen geht. Vier Atemschutzgeräteträger betreten den Brandort, suchen nach möglichen Opfern. Sie bilden zwei Trupps, lösen sich ab. Feuerwehrmann Michael Stein führt akribisch Buch darüber, wer wann im Gebäude ist. Wie viel Druck jeder Einzelne noch zum Atmen hat, erklärt er. Das ich wichtig, damit man im giftigen Qualm den Rückweg ins Freie nicht zu spät antritt.
Stellvertretend für eine Person wird eine Puppe aus dem Gebäude gerettet, in die stabile Seitenlage gebracht und erstversorgt. Auch einen zweiten „Verletzten“ kann man kurze Zeit später retten.
Dann beginnt die eigentliche Brandbekämpfung. Dass am Ende der Übung Bürgermeister Rainer Burelbach aus dem Toilettenfenster winkt und ruft, man habe ihn vergessen, ist freilich ein Scherz. Denn er hat sich durch den Hinterhof am Ende der Übung dorthin geschlichen. Das Gelächter ist groß.
Per Leiter klettern Brandschützer auf den Balkon. Ein anderer Trupp greift von der Hinterseite des Anwesens ein. Insgesamt sind 38 Feuerwehrleute im Einsatz. Im Ernstfall wären – aufgrund der dichten Wohnbebauung – auch die Kameraden aus Wald-Erlenbach und Sonderbach vor Ort gewesen. Nach rund 20 Minuten heißt es bereits „Feuer aus“.
Gastwirt ist seit 50 Jahren dabei
Alle zwei Wochen treffen sich die ehrenamtlichen Aktiven der Kirschhäuser Wehr zu Übungen am Feuerwehrstützpunkt, erklärt Sebastian May. Er ist zufrieden mit den Kameradinnen und Kameraden. Wir haben eine gute Übungsbeteiligung und sind gut gerüstet für den Ernstfall“, sagt er.
Unter den Zuschauern sind auch Alfred und Ursula Helfert, die ihr beliebtes Lokal, die „Post“, im Dezember 2021 das letzte Mal öffneten. Für Alfred Helfert war es keine Frage, dass er das Gebäude für eine Übung zur Verfügung stellt: Er ist selbst seit 50 Jahren Mitglied bei der Feuerwehr, sein Vater war Feuerwehrkommandant, wie er erzählt.
Um kurz nach 20 Uhr pfeift Werner Trares alle zusammen. Auch er ist zufrieden. Später im Stützpunkt wird noch gemeinsam gegessen und über die Übung gesprochen. Auch die Bambini und die Mitglieder der Jugendfeuerwehr haben einiges gelernt. Vor der Übung haben sie mit einem Schaum-Brandangriff den Großen gezeigt, was sie bereits können. „Wir waren die eigentlichen Stars des Abends“, findet der 12-jährige Erik und lacht. rid/ü
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