Forum Kultur

Streicher-Raritäten im Heppenheimer Kurfürstensaal

Mit knapp 100 Zuhörern war der Abend gut besucht.

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Klaus Roß/ü
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Im Namen von Forum Kultur begrüßte Martin Fraune am Freitagabend die Zuhörer zum ersten Kammerkonzert im renovierten Kurfürstensaal. © Lutz Igiel

Heppenheim. Lang ersehntes Kurfürstensaal-Comeback nach fast dreijähriger Zwangspause wegen Corona und der Amtshof-Sanierung: Die traditionsreiche Kammerkonzertreihe von Forum Kultur konnte am vergangenen Freitag endlich wieder an ihren angestammten, wegen seiner exzellenten Akustik und seines historischen Ambientes besonders geschätzten Veranstaltungsort zurückkehren. Obwohl der Umbau des Gebäudes noch nicht ganz abgeschlossen ist, klappte organisatorisch alles reibungslos – etwa per Behelfseingang in der Mühlgasse.

Vor dem Konzert dankte Forum Kultur-Spartenleiter Martin Fraune den Mitarbeitern der Stadt Heppenheim dafür, dass sie den Saal noch rechtzeitig „spielfertig“ bekommen hatten. Freuen durfte er sich auch über den gestiegenen Publikumszuspruch: Mit knapp 100 Zuhörern war der Abend recht gut besucht.

Diese Resonanz erschien verdient schon angesichts des außergewöhnlichen Programms mit selten aufgeführten Duo- und Triowerken der Streicherliteratur. Ähnlich reizvoll war die namhafte Besetzung mit Franziska Hölscher (Violine), Florian Donderer (Viola) und Tanja Tetzlaff (Violoncello). Donderer (Primarius des Signum-Quartetts und Ehemann der Cellistin) sprang glücklicherweise ein für seine erkrankte Kollegin Sindy Mohamed, die ihrerseits bereits den ursprünglich vorgesehenen BR-Bratscher Wen Xiao Zheng hätte ersetzen sollen.

Spielerische Hochform

Trotz dieser eher ungünstigen Ausgangsbedingungen erlebte das Heppenheimer Publikum drei erfahrene Kammermusikprofis in spielerischer Hochform und bester Feinabstimmung – kraftvoll virtuos die Geigerin (*1981 Heidelberg) und die Cellistin (*1973 Hamburg), optimal balancesicher der offenbar nicht nur seinem Hauptinstrument Geige leidenschaftlich verbundene Bratscher (*1969 Berlin).

Die überraschende Ouvertüre gehörte Mozart als Bach-Bearbeiter, der seiner Trioversion der Klavierfuge BWV 853 ein empfindsames d-moll-Adagio aus eigener Feder voranstellte. Dieses originelle Fundstück ließ allemal bedauern, dass keine weiteren Kostproben aus der je sechs Präludien und Fugen umfassenden Sammlung KV 404a auf dem Programm standen.

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Auch mochte man es schade finden, dass Donderer und Tetzlaff sich bei ihrer erfrischend inspirierten Wiedergabe von Beethovens wohl für zwei Brillenträger entstandenem „Duett mit zwei obligaten Augengläsern“ Es-Dur WoO 32 nur auf den prächtigen Allegro-Satz beschränkten und das ebenfalls überlieferte „Minuetto“ aussparten.

Zu einem wahren Hörabenteuer wurde Ravels einzigartige Sonate für Violine und Violoncello (1920/22), deren kompromisslos moderne Klangsprache mit ihren charakteristischen Härten und Schärfen Hölscher und Tetzlaff herrlich lustvoll zelebrierten. Allein schon für die radikal zugespitzte Virtuosität im Scherzo und Finale hätte sich der Konzertbesuch gelohnt. Die fabelhaft harmonierenden Musikerinnen lieferten hier wirklich Ravel für Fortgeschrittene.

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Nach der Pause folgte dann mit Mozarts 45-minütigem Es-Dur-Divertimento KV 563 von 1788 das immer noch unerreichte Gipfelwerk der Streichtrio-Literatur, in dem Unterhaltungs- und Kunstmusik perfekt zusammenkommen. Hölscher, Donderer und Tetzlaff bildeten ein ebenso spielfreudiges wie detailsensibles Mozart-Team: sehr ausgewogen der konzertante Gestus der Rahmensätze, tänzerisch zupackend die beiden Menuette, superb gesanglich beseelt das besonders expressive As-Dur-Adagio und die farbenreichen B-Dur-Variationen im Zentrum. Dieses kammermusikalische Highlight passte ideal als Auftakt zum Jubiläumsjahr von Forum Kultur. Großer Applaus im Kurfürstensaal, aber leider keine Zugabe. Klaus Roß/ü

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