Politik

Diskussionsrunde: Warum Jungwähler für Rechte stimmen

Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene verlieren die Berührungsängste gegenüber populistischen Parteien.

Von 
Jürgen Reinhardt
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Diskussionsrunde: Benno Hafeneger, ehemaliger Professor der Philips-Universität Marburg, mit Jungwählern im Haus Dornbusch. © Jürgen Reinhardt

Heppenheim. Die naheliegendste und vermeintlich simple Frage kam von einem der jungen Teilnehmer der abschließenden Diskussionsrunde im Haus Dornbusch: „Wer ist schuld?“ Daran nämlich, dass immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene nach Rechts tendieren und die Berührungsängste gegenüber populistischen Parteien verlieren. Das Problem hierbei: Simple Antworten gibt es nicht, und die hatte auch Benno Hafeneger nicht, ehemaliger Professor der Philips-Universität Marburg und auf Einladung der Initiative „Vielfalt.Jetzt!“ am Donnerstagabend in Heppenheim zu Gast.

Die vom evangelischen Dekanat unterstützte Initiative wollte zusammen mit dem Verein „Fabian Salars Erbe“ sowie dem katholischen Jugendbüro Südhessen auf ein Thema aufmerksam machen, das nicht zuletzt mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl immer mehr an Bedeutung gewinnt: das Wahlverhalten junger Menschen und welchen Einflüssen es ausgesetzt ist.

Informationen aus Studien statt persönliche Meinung

Hafeneger ging im Haus Dornbusch dabei unter anderem den folgenden Fragen nach: Warum stimmen Erst- und Jungwähler – und darunter vor allem junge Männer – für rechtsextreme Parteien? Welche Einstellungen bringen Jugendliche mit? Ist das Vertrauen in Politik, Parteien und deren Lösungskompetenz verlorengegangen? Wie funktionieren Strategien von rechten und rechtsextremen Gruppen in sozialen Netzwerken?

Dass seitens der Organisatoren vor Beginn der Veranstaltung eine Art Belehrung über das korrekte Diskussionsverhalten für notwendig erachtet wurde, dürfte mit den Erfahrungen in jüngerer Zeit zu tun haben. Erwies sich im Verlauf des Abends aber als überflüssig: Das „radikalste“, was die Gäste zu hören bekamen, war die Aussage zweier älterer Besucher, dass es insbesondere Schüler mit Migrationshintergrund an Grund- und Hauptschulen oft an Respekt gegenüber Lehrern fehlen lassen und man mit deutlichen Ansagen weiterkomme als mit sanfter Erziehung.

Hafeneger seinerseits betonte zum Auftakt, dass er „keine persönliche Meinung“, sondern ausschließlich aus Jugendstudien erwachsene wissenschaftliche Erkenntnisse weitergeben wolle. Hierzu gehöre, dass es nie zuvor eine so große Distanz junger Wähler zu den etablierten Parteien gegeben habe, Folge eines großen Vertrauensverlustes insbesondere mit Blick auf drohende Krisen.

Das soziale Umfeld spielt eine wichtige Rolle

Zwar seien die meisten jungen Menschen zuversichtlich, was die eigene Person angehe, Gesellschaft und Politik würde eine Lösung der Probleme jedoch nicht mehr zugetraut. Dass verstärkt populistische Parteien gewählt würden, habe unter anderem mit der Vereinsamung durch Corona, Einfluss aus dem Elternhaus oder dem sozialen Umfeld, viel aber auch den Medien, insbesondere den von Rechtsextremen durchaus geschickt bespielten „sozialen“ Netzwerken wie Tiktok und Co. zu tun.

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Außerdem sei europaweit eine Tendenz zu erkennen, rechtsextreme Parteien als „normal“ anzusehen, die, wie in Deutschland die AfD, wiederum die Möglichkeiten parlamentarischer Teilhabe auszunutzen verstünden: Über Anträge, Anfragen et cetera würden bevorzugte Themen permanent in die Öffentlichkeit getragen und so Druck auf Schulen, Verbände, Kultur ausgeübt, um deren Arbeit zu beeinflussen.

„All das zeigt bereits in der Legislative Wirkung“, warnte der Wissenschaftler in Heppenheim. Und die Situation werde sich massiv verschärfen, wenn Parteien wie die AfD exekutive Bedeutung erlangten. Egal, ob auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene. jr/ü

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