Wahlforum

Wahlforum „Politik lauscht, Jugend spricht“ in Bensheim

Im Mehrgenerationenhaus des Caritasverbandes brachte die Diskussionsveranstaltung junge Wähler und die Politik zusammen - ehrlich, kritisch und auf Augenhöhe.

Von 
Eva Bambach
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Im Caritaszentrum in Bensheim kamen Jugendliche und Politiker auf Einladung des Vereins „youmocracy“ ins Gespräch. © Thomas Zelinger

Bensheim. „Politik lauscht, Jugend spricht“ – unter diesem schönen Titel brachte eine Diskussionsveranstaltung im Mehrgenerationenhaus Bensheim am frühen Mittwochabend junge Wähler und Politik zusammen. „Sei dabei, wenn junge Menschen und Politikerinnen gemeinsam über die wichtigsten Themen der Wahl diskutieren – ehrlich, kritisch und auf Augenhöhe“, so hatte die Regionalgruppe Mannheim von Youmocracy über Instagram, aber auch über die örtlichen Schulen und lokale Medien eingeladen. Mit Erfolg: 36 junge Menschen, darunter viele Erstwählerinnen und Erstwähler, folgten der Einladung und diskutierten intensiv mit den politischen Vertretern über zentrale gesellschaftliche Themen.

Die Veranstaltung war Teil des Programms „Partnerschaft für Demokratie“, das in Bensheim dank erheblicher Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben“ seit Beginn dieses Jahres umgesetzt wird und Jugendliche und insbesondere Jugendliche sowie junge Erwachsene als Zielgruppe anspricht. Das Mehrgenerationenhaus des Caritasverbandes mit seinem Leiter Andreas Waldenmeier hat die Organisation und Steuerung des lokalen Programms übernommen.

Youmocracy zeichnete als Organisator des Diskussionsforums am Mittwochabend verantwortlich. Die überparteiliche Plattform, die von einem Netzwerk junger Menschen gegründet und verwaltet wird, hat es sich zum Ziel gesetzt, jungen Menschen eine Stimme zu geben und den demokratischen Diskurs zu fördern – unabhängig von Partei- und Milieugrenzen. Auf Instagram will man Anlaufstelle für junge Menschen unterschiedlicher Lebensrealitäten sein, um sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Respektvoll und offen soll auch in regionalen Diskussionsforen - sowohl im digitalen Raum (über Zoom) als auch analog vor Ort - diskutiert werden.

Diese Bundestagskandidaten waren dabei

Gerade in Zeiten von „Fake News“ und „Filterblasen“ wolle Youmocracy Austausch und Zusammenhalt zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen stärken, erklärten Melvin Geretzky und Jennifer Biller als „Demokratiebotschafter“ der Regionalgruppe Mannheim, bevor sie das Procedere des Abends erläuterten. In zwei moderierten Gruppen sollte es um Themen gehen wie Migration und Integration, die Zukunft der EU und die Unterstützung der Ukraine, um Vermögensteuer und Schuldenbremse, aber auch um Klima- und Energiepolitik. Insgesamt vier Politiker und eine Politikerin unterschiedlicher Parteien wechselten nach einem rotierenden System zwischen den beiden Gruppen, sodass die unterschiedlichen politischen Positionen überall gleichermaßen zur Sprache kommen konnten.

Als Bundestagskandidaten waren gekommen: Sven Wingerter (SPD), Michael Meister (CDU), Evelyn Berg (Bündnis 90/Die Grünen), Till Mansmann (FDP) und Bruno Schwarz (Die Linke). Die Zusammensetzung der jungen Teilnehmenden, das war ihren Fragen und Diskussionsbeiträgen zu entnehmen, war sehr vielfältig. Neben politisch noch relativ Unerfahrenen gab es mehrere gesellschaftlich Engagierte, etwa in der Klimabewegung. Dennoch wurden die Gespräche nicht von den Beiträgen einzelner Positionen dominiert.

So kamen in respektvoller Atmosphäre sehr gegensätzliche Standpunkte zur Sprache, von der Forderung nach einer Reaktivierung der Atomkraftwerke zum Beispiel bis zur Darlegung der Unmöglichkeit einer solchen Maßnahme und einem Plädoyer für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie der erforderlichen Netzstruktur. „Ohne den Ausbau der Bahn ist die Energiewende nicht zu schaffen“ war eine Position, die viel Zustimmung fand, ebenso wie die Forderung nach Aufrechterhaltung des Deutschlandtickets und der Stärkung des Nahverkehrs. Doch wurde auch der Sorge Ausdruck verliehen, wie all das trotz Schuldenbremse gelingen könne. Auch auf eine mitunter als bedrohlich empfundene Atmosphäre an den Bahnhöfen wurde hingewiesen.

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Deutlich wurde in den Diskussionsbeiträgen und Fragen auch die Angst vor einer Eskalation des Kriegs in der Ukraine und generell die Sorge, dass immer mehr Rechtsextreme und Autokraten Einfluss auf das Weltgeschehen gewinnen. Unverständnis äußerten viele Teilnehmende über die Zurückhaltung bei der Wiedereinführung der Vermögenssteuer angesichts einer extremen sozialen Ungerechtigkeit. Der oft geäußerte Anspruch „Leistung muss sich lohnen“ sei in der Realität häufig nicht einlösbar.

Eines der weiteren Themen war die Verknüpfung von Gewalttaten wie jüngst in Aschaffenburg mit dem Thema Migration. Die jungen Teilnehmenden traten vehement dagegen ein, dass aus Einzelfällen pauschale Rückschlüsse gezogen würden. Vielmehr müsse die psychische Verfassung der Täter in den Fokus gerückt und angemessen behandelt werden.

„Politik lauscht, Jugend spricht“ – so ganz geklappt hat das vielleicht noch nicht, wie sich nach gut einer Stunde des Austausches in der Schlussrunde zeigte, in der die Politiker zusammenfassen sollten, welche Anliegen sie mit in ihren politischen Alltag nehmen würden. Die Bundestagskandidaten nutzten vor allem die Gelegenheit, die jungen Menschen in ihrem politischen Interesse zu stärken und sie zu ermutigen, sich einzumischen und ihre Meinung zu vertreten.

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