Heppenheim. Filialen der Deutschen Post AG gibt es in nahezu jedem Ort. Diese These ist weit verbreitet – auch in Heppenheim. Riesengroß war vor Wochenfrist dann auch der öffentliche Aufschrei, als bekannt wurde, dass die altehrwürdige Postfiliale an der Ernst-Schneider-Straße im kommenden Jahr geschlossen und durch eine neue Agentur in der Innenstadt ersetzt werden soll. „Eine Kreisstadt ohne Post – unvorstellbar“, lautete der Tenor. In der Stadt, insbesondere aber in den sozialen Netzwerken.
Doch tatsächlich ist auch die Filiale im altgedienten Postamt seit Jahren nichts anderes als eine Agentur – eingebettet in eine Filiale der Postbank. Die Bundesstadt Bonn (Konzernzentrale), die Hauptstadt Berlin (Bundestag) und der bayerische Touristen-Hotspot Garmisch-Partenkirchen (Zugspitze) sind deutschlandweit die einzigen Standorte, in denen das einstige Staatsunternehmen noch eigenständige Postämter betriebt.
Bei allen anderen Niederlassungen, rund 25 500 an der Zahl, handelt es sich um sogenannte Postagenturen. Seit einer gravierenden Umstrukturierung der Deutschen Post im Jahr 1995 wird das frühere Kerngeschäft mit den drei genannten Ausnahmen ausschließlich im Shopsystem abgewickelt. Klamottenläden, Schreibwarengeschäfte, Reinigungen, ein Kiosk oder eben auch eine Niederlassung der früheren Tochter Postbank bieten zusätzlich zu ihren eigenen Produkten noch die Dienstleistungen der Post an.
Nicht nur mit Blick auf die Ernst-Schneider-Straße kommen bei der Postbank, die längst zur Deutschen Bank gehört und mit der Post kaum noch etwas zu tun hat, aber die aktuellen wirtschaftlichen Faktoren ins Spiel: Bundesweit sollen in den nächsten beiden Jahren 200 Postbank-Filialen mit angeschlossener Postagentur geschlossen werden. Und sind diese Türen dicht, fallen auch die Dienstleistungen der Deutschen Post weg.
Für die Post heißt das wiederum: Will sie einen Standort nicht aufgeben, muss sie sich – getreu dem Shopsystem – um einen neuen Partner an einem anderen Standort umschauen. Und genau das passiere derzeit auch in der Bergsträßer Kreisstadt, wie Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) im Gespräch mit dieser Zeitung betonte.
Vorangegangen war ein Austausch des Rathauschefs mit einer Sprecherin der Deutschen Post AG. Am Ende der traditionsreichen Filiale am Postknoten ist demnach kaum noch zu rütteln – zumal Burelbach noch einmal betont: „Es sind zwei verschiedene Unternehmen, mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen.“ Er selbst bedauere die Entscheidung, der städtische Einfluss auf die beiden börsennotierten Unternehmen halte sich jedoch in einem äußerst überschaubaren Rahmen.
Zwei Schalter geplant
Gleichwohl machte die Post Burelbach gegenüber wohl doch das eine oder andere Zugeständnis. „Man ist sehr zuversichtlich, dass schon bald ein guter Standort in der Innenstadt gefunden werden kann. Allerdings bittet die Post hierfür noch um ein bisschen Geduld“, sagte der Bürgermeister. Fest geplant sei jedoch – und das dürfte die aufgebrachten Bürger wohl ein wenig besänftigen – dass die künftige Agentur zumindest über zwei Schalter verfügen soll. Für alle Postbank-Kunden interessant: „Auch kleinere Finanzdienstleistungen sollen dort angeboten werden.“ Welche dies sein werden, vermag Burelbach freilich nicht zu sagen. Allerdings: „Einen Geldautomaten wird es dort nicht geben.“
Zumindest der Post-Standort Innenstadt scheint demnach aber gesichert. Auch über das kommende Jahr hinaus wird es im Stadtgebiet somit vier Agenturen geben: in der Innenstadt, am Erbachwiesenweg (Reinigung mit Lotto-Annahmestelle), im Rewe-Center (La Stampa) sowie in der Gießener Straße (Kio4you). Hinzu kommt ein DHL-Paketshop an der Hirschhorner Straße.
Zudem verfügt die Kreisstadt über vier Packstationen – an der Ludwigstraße (The Bergstraße Sports & Country-Club), an der Dieselstraße, in der Lahrbach (jeweils auf dem Aldi-Parkplatz) sowie an der Tiergartenstraße (Rewe-Parkplatz). Mitnichten müssen Post- oder DHL-Kunden künftig also in die Nachbarkommunen fahren, um die Postleistungen in Anspruch zu nehmen. Stefan Heß, Pressesprecher der Post-Tochter DHL, spricht gar von einem „postalischen Netz“, das „in Heppenheim enger geknüpft (ist) als die Netze anderer Postunternehmen“.
Es gab auch Nachteile
Zu guter Letzt bleibt festzuhalten: Es gab in der vergangenen Woche längst nicht nur Kritik an der bevorstehenden Schließung der Filiale an der Ernst-Schneider-Straße. So bevorzugen offenbar schon jetzt viele Heppenheimer die Agenturen im Westen der Stadt – unter anderem wegen der besseren Parkmöglichkeiten. Auch habe beispielsweise das „La Stampa“ im Rewe-Center deutlich kundenfreundlichere Öffnungszeiten, war in den sozialen Medien zu lesen.
Der städtische Behindertenbeauftragte Helmut Bechtel beklagt derweil schon seit mehreren Jahren die fehlende Barrierefreiheit in dem denkmalgeschützten Gebäude am Postknoten. Dem Umzug in ein neues Gebäude steht er nicht zuletzt deshalb ausgesprochen positiv gegenüber.
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