Weinbau

Pächter für Weinland in Heppenheim gesucht

Die Stadt Heppenheim bietet das gesamte Gelände von knapp 7500 Quadratmetern, auch parzellierbar, ab sofort zur Pacht an.

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mbl/ü
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Die Winzer und Rebveredler Helmut und Reinhard Antes verkaufen ihre Weinberge. Auf dem Südhang des Schlossberges handelt es sich um die größte zusammenhängende Fläche. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Was Köln der Dom und Frankfurt der Römer ist Heppenheim die Starkenburg. Und der Schlossberg, auf dem sie thront. Von Weitem zu sehen und lange nahezu komplett dem Weinbau gewidmet, war vor allem der obere Hang früher als sonnenverwöhnte Premiumlage begehrt. Inzwischen ist es nicht mehr einfach, diese wirtschaftlich zu betreiben. Ein Eigentümer zieht Konsequenzen, und die Stadt sucht nun Kümmerer.

„Die Situation im Weinbau hat sich insgesamt kolossal verändert”, sagt Helmut Antes. „Bis vor drei, vier Jahren war es noch rentabel.” Mit seiner Nichte Anja Antes-Breit führt er die Geschäfte beim auf Rebveredlung spezialisierten Weinbau-Betrieb Antes. Wohl der größte an der Bergstraße mit rund 50 Hektar Verantwortung. Von einem besonderen halben Hektar trennt sich der Winzer nun, was vor allem innerhalb der Familie für Kummer sorgt, denn oben auf dem Hausberg hat sie einst angefangen.

Das Areal grenzt an ein etwa halb so großes städtisches. Hobby-Winzer oder -Landwirte aufgemerkt: Die Stadt Heppenheim bietet das gesamte Gelände von knapp 7500 Quadratmetern, auch parzellierbar, ab sofort zur Pacht an. Alle Beteiligten und noch Verantwortlichen freuten sich natürlich, wenn der Weinbau Fortbestand erfährt. Aber auch eine andere Landwirtschaft ist vorstellbar zwischen dem Kanonenweg bei der Nabu-Hütte und dem Donnersbergweg. Die repräsentative Fläche soll wie das Auge des Betrachters nicht leiden müssen.

  • Interessenten sind eingeladen, ein Angebot über eine Pacht einzureichen. Bis 30. April nimmt die Stadt Angebote postalisch oder per Mail entgegen.
  • Die Anschrift lautet Stadt Heppenheim – Bauen + Umwelt – BauvertragsmanagementFriedrichstraße 21, 64646 Heppenheim beziehungsweise bauen@stadt.heppenheim.de
  • Für Infos oder Fragen: 06252-131256 und s.jakobi@stadt.heppenheim.de mbl/ü

So bleibt gespannte Hoffnung auf Interessierte mit Elan und kreativen Ideen. Das Schreckensszenario wäre ein Verbuschen des Geländes durch Vernachlässigung. „Erst kommen die Brombeerhecken, derer man irgendwann nicht mehr Herr wird, und dann kommt Wald”, fürchtet Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) und unterstreicht den Appell. Während des Gesprächs im Rathaus mit Helmut Antes und Bauvertragsmanagerin Sandra Jakobi, die das außergewöhnliche Projekt städtischerseits koordiniert, erinnert der Bürgermeister an die Vergangenheit. „Unheimlich bedeutend” sei dieses Stück „Kulturlandschaft”, das sich extrem wandelte.

Antes bestätigt Burelbachs Gedanken an reinen Weinbau ohne Wald auf dem Schlossberg. Das müsse um die Wende zum 20. Jahrhundert der Fall gewesen sein. Lebhaft erinnert sich Antes an die fordernde, zuweilen gefährliche Arbeit am Hang. „Ich bin da auch mit dem Schlepper rückwärts hochgefahren, das würde ich mich heute nicht mehr trauen.” Ja, es hängt auch Herzblut dran, aber Antes denkt an die Kostenentwicklung, spricht von durchschnittlich rund 12 000 Euro pro Hektar.

Der Weinbaubetrieb hat 40 Beschäftigte, hauptsächlich fest angestellt und sozialversichert. Die Lese falle insgesamt gar nicht so sehr ins Gewicht, in der Steillage aber schon. In rund zwei Stunden bewältige ein Vollernter einen Hektar. In der Höhe komme die Maschine aber nicht zum Einsatz. Von Hand dauert es eher 200 Stunden, also 100 im Fall der fraglichen eigenen Fläche. Die gestiegenen Kosten – etwa für Mindestlohn, Pflanzenschutz und oben schon nicht mehr eingesetzten Dünger – sind das eine, sinkende Zahlungen das andere.

„Ein Euro mehr pro Flasche müsste der Wein teurer sein, dass er sich rechnet”, sieht Antes den Einzelhandel in der Verantwortung, aber auch Mitbürger. Wer es sich neben dem begehrten Wohnen an der Bergstraße leisten kann, sollte ein Bekenntnis zur Region auch mit dem Inhalt seines Glases ablegen, statt auf günstigeren ausländischen Wein zu setzen. Der Winzer muss auch rechnen und möchte sich auf besonderen Rebensaft konzentrieren. Zehn Hektar dienen allein der Veredlung.

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Die gesamte Ernte geht an die Bergsträßer Winzer-Genossenschaft, die Vertrieb und Marketing zentral übernimmt. Werbung für einen kommerziellen Ansatz in der Steillage betreibt Antes nicht gerade, aber er bleibt ehrlich. Auch bei der Frage nach Auswirkungen des Klimawandels. Die heißen, trockenen Sommer sind ein weiteres Problem. Wie nur noch manche Bäume dem standhalten, kommen absehbar auch nicht mehr alle Rebsorten zur gewünschten Reife.

Der Riesling vollziehe diese eigentlich im Oktober, aber das wird schwierig. Die Zukunft liege eher bei Merlot oder Sauvignon. Es braucht Leidenschaft, sich dieser jahrtausendealten Arbeit zu widmen. Weinliebhaber bekommen nun die Chance, dem an einem Herzstück des Anbaugebiets Hessische Bergstraße nachzugehen. Und sie sollten schnell loslegen. „Wir haben eigentlich nur noch eine Woche Zeit, dann treiben die Reben aus”, sagt Helmut Antes. Es wäre also zu schneiden, er würde jetzt nur noch mähen. mbl/ü

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