Heppenheim. Das Museum Heppenheim im Kurmainzer Amtshof ermöglichte nach seiner Sanierung vorab eine Führung durch die neue Dauerausstellung zur Historie der Stadt, bevor diese Präsentation offiziell im neuen Jahr eröffnet wird. Das Museum hat hier seinen Sitz seit 1995 und vereint dabei das frühere Volkskundemuseum Bergstraße-Odenwald-Ried und das Heimatmuseum.
Beim ersten Gang durch die neu gestaltete Dauerausstellung konnten die Teilnehmer mit Almut Rüllmann eine Zeitreise von der Steinzeit über Römerzeit, Mittelalter und frühe Neuzeit bis in die Gegenwart unternehmen. Auch ohne Führung ist ein solcher Gang dank der übersichtlichen chronologischen Angaben in den Abteilungen gut möglich.
„Wir haben hier in der Heppenheimer Gemarkung etliche steinzeitliche Funde, doch bedauerlicherweise sind gerade die Objekte aus der Altsteinzeit im Zweiten Weltkrieg bei den Angriffen auf Darmstadt dort verloren gegangen“, bedauerte Rüllmann. Sie verwies stattdessen auf die Hügelgräber aus der Jungsteinzeit auf der Juhöhe, zeigte Relikte aus der Epoche der Band- und der Schnurkeramik, der Keltenzeit sowie eisen- und bronzezeitliche Exponate.
„Man erkannte schon früh die Vorteile unserer Region, so dass etliche inzwischen ausgestorbenen Tierrassen in der Zeit um 100 000 bis etwa 10 000 vor der Zeitenwende hier lebten“, erläuterte sie und verwies auf Knochenreste von Wollmammut, Bison und Riesenhirschen in der Ausstellung. Auch die Römer erkannten die klimatischen Besonderheiten der Region vor ihrer Grenze, dem Limes im hinteren Odenwald. „Hier wurde Weinbau betrieben und man errichtete sich Wohnsitze wie etwa eine ‚Villa Rustica‘“, erläuterte Rüllmann.
Ins Zentrum der Geschichte geriet Heppenheim schon im frühen Mittelalter in Verbindung mit dem Kloster Lorsch, das 764 Graf Cancor und seine Mutter Williswinda für ihr Seelenheil errichteten, das dann in den Besitz Kaiser Karls des Großen als reichsunmittelbares Kloster wechselte und zu einem der bedeutenden Klöster im damaligen Reich wurde. „Karl hat diesem Kloster die Mark Heppenheim gestiftet, deren damalige Größe in etwa dem heutigen Landkreis Bergstraße entspricht“, informierte Rüllmann.
Als Meilenstein der lokalen Geschichte stellte sie das vom Lorscher Abt Udalrich errichtete Ensemble der Starkenburg vor, das allerdings mit der geänderten Kriegstaktik zunehmend an Bedeutung verlor und schließlich nach der Freigabe durch das Erzbistum Mainz als Steinlager für den Bau genutzt wurde. „Fragmente dieser Steine fanden sich in den Wohngebäuden und Ställen hier in Heppenheim“, zeigte sie auf, so auch das sogenannte „Affenfries“, das wohl im Sickingerhof eingebaut worden war.
Weitere Stationen zeigen den zunehmenden Einfluss der demokratischen Bewegung und die Suche nach einer anderen Staatsform als der Fürstenherrschaft im 19. Jahrhundert. „Diese Zeit war nicht nur durch die angestrebte politische Veränderung geprägt, sondern auch durch wirtschaftliche Spannungen im Zusammenhang mit der beginnenden Industrialisierung“, machte Almut Rüllmann deutlich. Hier spielte das Hotel „Halber Mond“ eine bedeutende Rolle im Vorfeld der Frankfurter Nationalversammlung 1848, als sich hier 1847 politische Kräfte trafen, um einen gesamtdeutschen Staat zu planen.
Ein Gang durch die Heppenheimer Geschichte wäre unvollständig ohne den Blick auf die lokale Wirtschaft, wie etwa die Steinindustrie, da die Granitblöcke nicht nur lokal oder regional verarbeitet, sondern bis ins Ausland exportiert wurden. Wichtige Stationen sind auch die Metzendorf-Ära mit ihren besonderen Bauten für wohlhabende Mitbürger, die unterschiedlichen Reformbewegungen und der Bau der Odenwaldschule mit der besonderen Pädagogik ihres Gründers Geheeb, die bekannte Künstler wie Thomas Mann oder Ernst Barlach unterstützten. Auch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg prägte die Stadt, in der sich die FDP als Partei 1948 gründete. Ebenso nimmt die Geschichte der Heppenheimer jüdischen Gemeinde hier einen besonderen Platz ein. steh/ü
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