Freizeit

Närrischer Hutzelschweizer Doppel-Wumms

Heppenheimer Vorstadt-Fastnachter inszenieren glamouröse Sitzung im Stil der goldenen 20er Jahre im Saalbau-Kino

Von 
rid/ü
Lesedauer: 
„Mama ma ma Platz“ sangen die „Häbbätz“ bei der Hutzelschweizer Fastnacht. © Astrid Wagner/ü

Heppenheim. Schon beim Betreten des Saalbau-Kinos fühlte man sich am Freitagabend, als wäre man in einer anderen Zeit gelandet: Männer in Knickerbockern oder Gehrock, Damen im Charleston-Outfit – nur echt mit Stirnband mit Feder.

Sogar der große Gatsby ward gesehen. Ganz großes Kino auch die Deko im Stil der Goldenen Zwanziger mit ganz viel Glitzer und Glamour, das Bühnenbild mit Jugendstilmotiv und mittendrin das gülden glänzende und funkelnde Motto des Abends: „Willkommen in den goldenen 20er Jahren“. Allein für Motto und Umsetzung hätte die Hutzelschweizer Fastnacht einen Orden verdient.

Einen Tanz auf dem Vulkan und Fastnacht mit Niveau versprach Bojemoaschder Holger Mitsch im stilechten Tweed samt Schiebermütze. Er sollte recht behalten. Und los ging sie, die etwas andere Fastnacht der Hepprumer Vorstadt.

Nachwuchs tanzt den Charleston

Die Vorstädter trumpften mit dem niedlichsten auf, was sie haben: mit den Kinderballetts. Drei sind es mittlerweile, die Produktion des närrischen Nachwuchses läuft ganz offensichtlich auf Hochtouren. Kleine Charlie Chaplins tanzten mit Stock, Hut und Charme – an Niedlichkeitsfaktor kaum mehr zu überbieten.

Die nächst größeren Vorstadt-Kids verzauberten mit güldenem Outfit und akrobatischen Einlagen. Und auch die älteren Mädchen und Jungen durften sich nach ihrer großartigen Charleston-Darbietung über Beifallsstürme freuen. Später sah man die Balletts noch einmal gemeinsam mit einem tollen leuchtenden Hingucker.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Märchenhaft ging’s weiter, als Kevin und Ela Wulf ihre Performance aus 2019 weitersponnen: Noch immer wandelte der arme Prinz Kevin samt Diener vergeblich auf Freiersfüßen – hoch zu Ross, besser gesagt Einhorn und mit Selfmade-Pferdegetrappel a la „Ritter der Kokosnuss“.

„Ich sammel Gaaßeknoddl fer unsern Garde, des gibt dicke Kadoffel und grouße Tomade“, verkündete s’Christinsche – großartig die erst elfjährige Cora Schneider – vor der Kulisse des Gaaßebrunnens in der Vorstadt. Gemeinsam mit Mundart-Fürst Franz Rothermel aus Kirschhausen brillierte die Fünftklässlerin in der Bütt.

Duschen ohne Türen?

Der Mundart-Vortrag war nur so gespickt mit Pointen. Das Knoddelkärschel wurde beiseite gestellt, und die beiden guckten mithilfe einer chinesischen Maschine von ihrer Zeit im Jahr 1923 in die Zukunft. Man blickte auf die Eröffnung des Freibads anno 1931, bei der den „Bensemern der Zutritt aus hygienischen Gründen“ verwehr geblieben sei.

100 Jahre später habe man aus hygienischen Gründen die Türen der Duschen abmontiert, erzählt der Opa: „Des glab ich net, dass die in Hepprum sou was mache. Sou dumm sin die net, “ so Christinschens Replik. Ob sie sich da nicht geirrt hat?

Weitere Mitwirkende

Kinderballetts: Alma und Heidi Mohlsberger, Marie und Tilly Milrose, Judith Steyer, Mila und Martha Ziegler, Leonie, Julian und Lara Mitsch, Noah Jäger, Rita, Johann und Oskar Scholz, Cola und Lia Schneider, Carlotta Söhnten, Lorenz Mainberg.

Fleischworschdballett: Oliver Wilkening, Thorben Ruhs, Mirko Ruhs, Sören Ruhs, Matthias Jäger. rid/ü

Babsi und Mandy alias Katja Dreiling und Beate Schmidl vom Sporthotel „Stramme Wade“ begaben sich schweißtreibend auf eine Zeitreise durch 100 Jahre Sportgeschichte. Als Hambacher Abordnung fuhr mit Future-Lenny Guthier und Hyper-Anton Matzke närrischer Nachwuchs mit der Zeitmaschine auf die Bühne.

Bierpreisdeckel gefordert

Norbert Schneider und Robert Köhler, der Hutzelschweizer Doppel-Wumms, forderten den Bierpreisdeckel, überlegten, künftige Koarschler an die Halbstunnebrück’ zwischen Hepprum und Bensem zu babbe und kommentierten die bierlose Fußball-WM und das Abschneiden der deutschen Mannschaft.

Seitenstechen vor Lachen

Matthias „Mättl“ Jägers Auftritt stand einmal mehr unter dem Motto „Mut ist, wenn man trotzdem singt“. Köstlich sein Auftritt im 20er-Jahre-Badeanzug, blau-weiß-geringelt mit Entenschwimmring. Mit seinem Hit „Fastnacht, Fastnacht, wir feiern heute Fastnacht“, brachte er das Publikum im Saal trotz einiger Dissonanzen zum Toben.

Nicht vergessen darf man natürlich eines der Aushängeschilder der Hutzelschweizer Fastnacht: die Combo – Petra und Martin Zipp und Michael Mitsch –, die den Abend musikalisch begleitete. Beim „Lewwerworschtlied“ schlängelte sich die erste spontane Polonaise durch den Saalbau.

Mehr zum Thema

Saison

Für die Heppenheimer Fastnachter ist die Kampagne schon nah

Veröffentlicht
Von
mbl/ü
Mehr erfahren
Ellenbach

Kulturbühne in Ellenbach besteht seit zehn Jahren

Veröffentlicht
Von
arn
Mehr erfahren

Als Uwe Friedrich und Thorben Ruhs alias Günther, der mit seinem Gebiss aussah wie eine Mischung aus Horst Schlämmer und Kloppo und Biggi in der Bütt standen, blieb kein Augen trocken. Seitdem Günther sich nicht mehr Hausmeister schimpft, sondern Facility-Manager, ist er auf ’nem Höhenflug – und tat das so inbrünstig kund, dass er sein Gebiss in hohem Bogen verlor. Die Narren im Saal bekamen Seitenstechen vor Lachen.

Die „Häbbätz“ setzten noch eins drauf, brachten die Stimmung mit Songs wie dem „Bratworschtlied“ oder „Mama ma ma Platz“ zum Sieden. Es war schon fast Mitternacht, als sich die „Bimmelbahn“-Polonaise mit dem musizierenden Walking-Act durch den Saal auf eine schier nicht enden wollende Reise machte. Das Männerballett setzte mit dem kleinen grünen Kaktus in Zylinder und Gehrock und einer anschließenden fulminanten Nummer, bei der die Sakkos und Hemden flogen, den köstlichen Schlusspunkt. rid/ü

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

Thema : Festspiele Heppenheim

  • Bergstraße Festspiel-Start in Heppenheim und Worms

    Im Kurmainzer Amtshof der Bergsträßer Kreisstadt läuft die erste Saison unter neuer Leitung, am Wormser Dom ist ein gänzlich neues Stück zu sehen.

    Mehr erfahren
  • Heppenheim Weicher sitzen und besser sehen bei den Heppenheimer Festspielen

    Fliegender Wechsel im Amtshof. Noch hängt die Fahne des am Sonntag beendeten Weinmarkts über der großen Bühne, da sind schon die Veranstaltungs- und Lichttechniker für das nächste große Ereignis am Werk. Die gemeinnützige „Theaterlust“-GmbH übernimmt die Regie mit ersten Vorbereitungen für das Bühnenbild, das ab diesem Mittwoch aufgebaut wird. In wenigen Tagen beginnen die Heppenheimer Festspiele: Die Premiere von Carl Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg“ markiert am 15. Juli nach zweijähriger Corona-Pause den Neubeginn des traditionsreichen, 1974 von Hans Richter begründeten Freiluft-Theaters. {element} Die Schauspielerin und Regisseurin Iris Stromberger hat die Intendanz übernommen, jetzt steht sie zum ersten Mal auf der Bühne, die bis Ende August der Mittelpunkt ihres Theaterlebens sein wird. Ihr Mann Ingo Schöpp-Stromberger, Geschäftsführer und Bühnenbildner der Festspiele, schaut unterdessen auf dem Pflaster nach den Markierungen fürs Podest im hinteren Teil des Hofes. Weil das Gelände abfällt, werden die Sitzplätze erhöht, damit die gute Sicht gewährleistet ist. Neues Mobiliar und neue Polster {furtherread} Und auch in die Bequemlichkeit für die Gäste wird einiges investiert. Die Stadt hat neues Mobiliar angeschafft, vierzig Tische, achtzig Bänke, zusätzlich Stühle, allesamt ausgestattet mit Rückenlehnen. Denn der Festspielbesuch konnte früher zur Strapaze werden, altgediente Theaterfreunde erinnern sich an die harten Biertisch-Garnituren. Auch Andrea Helm, Stiftungsmanagerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, hat solche Abende erlebt, „es war doch immer eine Herausforderung“, seufzt sie. Umso erfreuter stellte sie eine Anschaffung vor, die am Dienstag der Stadt von der Stiftung als Dauerleihgabe übergeben wurde: Polster für Bänke und Stühle, maßgeschneidert für das Amtshof-Mobiliar, abwaschbar, wetterfest und mit praktischen Klettbändern zu befestigen. Bei der Auswahl der grauen Farbe hat die Intendantin ein Wörtchen mitgeredet, sieht ja auch sehr schick aus zum Weiß der Bänke, und Iris Stromberger verspricht Tischdecken und Blumen-Deko. Sie will die Menschen aus ihren bequemen Fernsehsesseln wieder ins Live-Theater locken, und dann sollen sie es auch schön haben. „Die Festspiele bekommen einen anderen Charakter“, sagt Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), und er meint nicht nur den Anblick im Theaterhof, sondern auch die enge und offenkundig sehr gute Zusammenarbeit der Betreibergesellschaft mit der Stadt. Dass die Zuschauer in diesem Sommer unter freiem Himmel sitzen, sei angesichts wieder steigender Corona-Zahlen eine gute Sache. Für die kommenden Jahre, ergänzt Schöpp-Stromberger, solle es aber wieder einen Regenschutz geben. Premiere fast ausverkauft Neben den Polstern, die von der Stadt auch für andere Veranstaltungen genutzt werden können, spendet die Stiftung den Festspielen 20 000 Euro. „Gelebte Kulturförderung“, die sowohl bei der Sparkasse als auch bei deren Stiftung selbstverständlich sei, sagt Helm. Allmählich zieht auch der Vorverkauf an, für die erste Premiere gibt es nur noch vereinzelt Karten, an allen Abenden lohnt es, an der Abendkasse nachzufragen. In den kommenden Tagen wird der Hof sein Gesicht verändern. An der Seite wird sich die Herrmann Gastro Gruppe aus Lampertheim einrichten, die außer Wein der Bergsträßer Winzer eG und Odenwaldquelle-Wasser auch kleine Speisen anbietet. Nicht nur der weiche Sitz, auch die Bewirtung markiert die Abkehr vom sehr rustikalen Charme, der dieses Festival früher auszeichnete. Dann geht es Schlag auf Schlag, die Endproben zum „Fröhlichen Weinberg“ sind schon auf der Amtshof-Bühne angesetzt, und nach dem ersten Wochenende muss rasch umgeräumt werden, damit die bereits fertig einstudierte zweite Produktion „Cash!“ am 22. Juli folgen kann. Die Wartezeit darauf verkürzt von 19. bis 21. Juli an drei Abenden der Schauspieler Walter Renneisen – mit zwei Programmen seines Dauerbrenners „Deutschland, deine Hessen“, dazwischen moderiert er mit eigenen Erinnerungen den Abend „Als der Jazz in Deutschland laufen lernte“, zu dem Sigi’s Jazz Men musizieren. Dann wird im Wochenturnus zwischen rheinhessischem Volksstück und britischer Farce gewechselt. In beiden Komödien hat Iris Stromberger als Regisseurin ihren Ensembles nicht nur Präzision, sondern auch Tempo verordnet. Den „Weinberg“ will sie in rekordverdächtigen neunzig Minuten plus Pause auf die Bühne bringen. Die Regisseurin verspricht: „Wir sind flott unterwegs.“ job/ü

    Mehr erfahren
  • Bergstraße Die Proben von „Cash“ machen Lust auf die Festspiel-Premiere im Amtshof

    In rund sechs Wochen – am 15. Juli zunächst mit Zuckmayers „fröhlichem Weinberg“ und ab 22. Juli mit „Cash“ – hebt sich nach zwei Jahren Corona-Pause wieder der Vorhang in Heppenheim.

    Mehr erfahren

Thema : Bürgermeisterwahl Heppenheim