Kabarettistischer Jahresrückblick

Kabarettist Frederic Hormuth fragt: „Wie war’s für dich?“

Der Heppenheimer bearbeitet bei seinem Heimspiel die Absurditäten des abgelaufenen Jahres. Von Donald Trump bis Thomas Gottschalk.

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ai/ü
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Der Kabarettist Frederic Hormuth bei seinem Auftritt im Saalbau-Kino in Heppenheim: Mit Humor und Ernsthaftigkeit blickte er auf das Jahr 2024 zurück. © Sterzelmaier

Heppenheim. Wenn der Kabarettist Frederic Hormuth auf das vergangene Jahr zurückblickt, sieht er die Welt mit viel Humor. Doch er zieht nichts ins Lächerliche, wenn es dem Ernst der Lage nicht angemessen ist. Mit geistreichen Texten und Liedern unterhielt er im Heppenheimer Saalbau-Kino 200 Zuhörer. Wie in den vergangenen Jahren wurde Hormuth vom Forum Kultur für dieses „Heimspiel“ engagiert. Der Regisseur, Musiker und Texter wohnt im Stadtteil Kirschhausen. Mit seinen 56 Jahren hat er sich bundesweit in der Kleinkunstszene etabliert.

„Wie war’s für Dich?“, mit dieser Frage leitete Hormuth seine Jahresbilanz ein, in der er zunächst den Bruch der Ampel-Koalition und die Präsidentschaftswahl in den USA bearbeitete. Bei seiner Interpretation der politischen Verhältnisse in Berlin bekam das Führungspersonal aller Parteien ihr Fett weg: Zunächst Christian Lindner, danach Kanzler Olaf Scholz, Robert Habeck und Friedrich Merz. Die Beliebtheit von Verteidigungsminister Boris Pistorius kommt für Hormuth nicht überraschend: Im Vergleich zu seiner Vorgängerin Christine Lambrecht sei Pistorius eine Lichtgestalt.

Hormuth verdeutlichte, dass es nicht die Kabarettisten sind, die überzeichnen: Rentner, für die das Heizungsgesetz den Kältetod bedeutet, Landwirte, die durch eine Dieselsteuer in den Ruin getrieben werden, und hunderte Millionen Euro für Radwege in Peru, seien die Übertreibungen aus dem vergangenen Jahr.

Wie Klagen über hohe Lebensmittelpreise und der Ansturm auf sündhaft teure Dubai-Schokolade zusammenpassen, diese Frage drängte sich auf. Einwanderer, die der Bevölkerung die Haustiere wegessen, das hat sich kein Kabarettist ausgedacht, sondern der 47. Präsident aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Hormuth spielte den Originalton der Trump-Worte ein, die wie ein absurdes Gedicht klingen. Hormuth hat wie weltweit andere Musiker zu dem Text „They’re eating the cats, they’re eating the dogs“ ein Lied geschrieben, das er im Saalbau spielte.

„Im Himmel wird es immer voller“

Als 2024 bundesweit für den Schutz der Demokratie demonstriert wurde, war Hormuth unter den 5000, die in Heppenheim auf die Straße gingen. Auch darauf ging er in seinem Rückblick auf 2024 ein. Er thematisierte die Messerangriffe von Solingen und Mannheim, die Aufregungen über angebliche Blasphemie bei der Olympia-Eröffnungsfeier in Paris und das Spiegel-Interview von Thomas Gottschalk, der ernsthaft behauptete: „Ich habe Frauen im TV rein dienstlich angefasst.“

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Hormuths Auftritt im Saalbau endete besinnlich. Mit seinem Lied „Im Himmel wird es langsam immer voller“ erinnert er an Menschen, die jeweils im vergangenen Jahr gestorben sind. Franz Beckenbauer könnte mit Andi Brehme, Bernd Hölzenbein, Karl-Heinz Schnellinger und all den anderen Fußballlegenden eine Mannschaft bilden. Klaus Töpfer, Friedrich Schorlemer und Alexej Nawalny würden philosophieren, Richard Rogler, Lizzy Aumeier und Fredl Fesl ein Kabarett bilden. Die Literaturwissenschaftlerin Hildegard Hammerschmidt-Hummel erwähnte Hormuth in seinem gesungenen Nachruf wegen des ungewöhnlichen Namens. Auch damit zeigte er, dass im Kabarett Ernst und Spaß keinen Widerspruch dulden.

Das Publikum honorierte Hormuths Rückblick mit lang anhaltendem Beifall. Der revanchierte sich als Zugabe mit dem Lied, in dem er einen Zusammenhang zwischen Altenpflege und Außenhandel herstellt. ai/ü

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