Heppenheim. Man müsste viel mehr für die Jugend in Heppenheim machen – das sagt sich so einfach, doch der Weg zum Handeln oft weit. Wer eine bestimmte Zielgruppe ins Visier nimmt, wie es die Stadtverwaltung auch in diesem Fall vorhat, tut gut daran, sie direkt anzusprechen. Das erfolgte durch eine seitens der Stadtverordnetenversammlung erwünschte Jugendumfrage, die sich in diesem ersten Teil um Freizeitverhalten und vor allem das Jugendzentrum Oase drehte. Nun liegen die Ergebnisse vor.
Die Hälfte der knapp 100 Teilnehmer an der Umfrage war schonmal in der Oase, gut jeder Fünfte aus allerdings ungeklärten Gründen noch nicht. Knapp ein Drittel kennt sie gar nicht. Auffällig bleibt die für viele Akteure große Herausforderung, die Menschen überhaupt noch zu erreichen, da klassische Kommunikationskanäle nicht mehr ausreichen.
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Von Mai bis einschließlich Juli bestand die Möglichkeit, anonym an der Umfrage der städtischen Jugendförderung teilzunehmen. Angesprochen waren Kinder und Jugendliche von 8 bis 21 Jahren, genau 99 reichten Antworten ein. Die Allermeisten (87) sind Schüler, nur sechs schon berufstätig. Knapp die Hälfte verpasste der Oase ein (sehr) gut, von elf beziehungsweise zehn Teilnehmern gab es aber ein mangelhaft oder sogar ungenügend. Fast alle finden die Oase räumlich mindestens befriedigend; nur sechs Personen sagen, sie sei zu weit weg. Die meisten kommen mit Rad, Roller oder zu Fuß.
„Mit Freunden chillen“: Die absolute Mehrheit mit 75 Nennungen möchte genau das in der Oase tun. An zweiter Stelle landet der obligatorische Wunsch nach freiem WLAN. Bemerkenswert komplettieren Kochen und Backen das Podest. Deutlich mehr Mädchen als Jungs wünschen sich einen eigenen Treff. Mit beachtlichen 15 Nennungen dazwischen liegt der Wunsch für einen queeren Treff. Eine andere Frage wäre, ob der dann auch angenommen würde.
Klettern, zusammen verreisen und schwimmen
Konsolen und andere Spiele sind natürlich beliebt. Ein Graffiti-Projekt kam im Mai sehr gut an, darum reicht es aber wohl damit erstmal. Die meistgenannten Ausflugsideen, von denen es sehr viele gab: In den Kletterpark wollen zwölf, dann folgen, jeweils um eins absteigend, Freizeitparks, längere Reisen und Schwimmen.
Neuigkeiten sollen am ehesten über Instagram Verbreitung finden, zeitlich am besten passt jeden Werktag die Stunde zwischen 19 und 20 Uhr. Wenig überraschend, ist der Freitag am beliebtesten und der Mittag weniger – da sind die meisten ja noch in der Schule. Mit Freunden oder der Familie (37) und daheim oder sportlich (je 32) verbringen die Jugendlichen ansonsten ihre Freizeit, jedenfalls lagen da die Höchstwerte.
Eine Stimme der Jugend merkte im offenen Textfeld an, dass es so wirke, als sollte die Jugend aus der Innenstadt ferngehalten werden. Wenn es im Stadtleben zu Reibereien zwischen den Generationen kommt, geht es jedenfalls meist um das Thema Lärm. Auch frühere Jahrgänge schlugen sich gern in die Weinberge, ließen aber vielleicht nicht so viel Müll zurück, wie es nun durch Einzelne immer wieder vorkommt.
Mehr und gezieltere Werbung für die Oase wünschen sich einige. „Ich hatte keine Ahnung von euch“, lauten Rückmeldungen, es gibt aber auch viel Dankbarkeit. Manche bedauern, nicht häufiger Zeit für einen Besuch zu haben. „Ihr seid cool“, „Ihr seid alle sehr nett“ – auch das kommt zurück. Die Oase sei ein sicherer Ort, „und dort ist es immer gemütlich, dass man gerne hingeht mit Freunden und auch allein.“
Einerseits ist Heppenheims Jugend mit seinen entfernt liegenden Stadtteilen auch auf dezentrale Lösungen angewiesen, andererseits wollen sich die meisten gern im Zentrum der Kernstadt aufhalten. Dort aber ist wenig zu finden. Und die Oase, das machte Fachbereichsleiter Thomas Markowic bei einem Vor-Ort-Termin deutlich, spricht vor allem Jüngere an – spätestens ab 18 Jahren nicht mehr. Umgekehrt brachte ein jüngerer Teilnehmer das Dilemma so auf den Punkt: „Gruppenangebot 12-20 zu breit. Was soll ich mit 18-Jährigen oder die mit mir? Ganz andere Bros und Interessen.“
Der "Apfelbaum" fehlt noch immer
Es stellt sich immer wieder heraus, dass die Interessen jüngerer und älterer Jugendlicher weit auseinander liegen. Die potenziellen Partygänger haben kaum noch eigene Möglichkeiten in Heppenheim und weichen demzufolge nach Bensheim oder in die großen Städte beziehungsweise Clubs der Region aus. Der „Apfelbaum“ fehlt immer noch ersatzlos.
Ein zweiter Teil der Umfrage soll Freizeitgestaltung und Jugendangebote beleuchten. „Die Jugendlichen bekommen die Gelegenheit, ihre Ideen für die Stadt mit einzubringen und sich so am politischen Prozess in Heppenheim zu beteiligen“, erklärt die Jugendförderung in der Ouvertüre zur Auswertung, der ein ausdrücklicher Dank folgt. Offen bleibt noch, inwiefern die Erkenntnisse zu konkreten und die Jugend einbeziehenden Maßnahmen führen. mbl/ü
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