Interkultureller Tag

„Stepi“-Spruch hilft bei der Integration

Eine Mixtur aus schon etablierten Formaten und neuen Angeboten in verschiedenen Einrichtungen.

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mbl/ü
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Gut besucht war das Café Welcome Spezial im Rahmen der Interkulturellen Woche in den Räumen der Gemeinde Erscheinung des Herrn in der Weststadt. © Marius Blume

Heppenheim. Das mit dem Tanz auf verschiedenen Hochzeiten ist ja immer so eine Sache. Einen Beitrag dazu leistete die Interkulturelle Woche für interessierte Heppenheimer. Dabei waren ohnehin schon etablierte Formate Teil des Veranstaltungsreigens und erfreulicherweise an allen Stätten gut gelaunte Menschen jeweils ganz verschiedenen Alters anzutreffen. Das verbindende Schlüsselwort lautet Miteinander.

Liebe geht durch den Magen, heißt es, und dass Völkerverständigung über die Küche gelingt oder zumindest beginnt. Das Senioren gezielt ansprechende Erfolgsmodell „Plaudercafé“ im K2 kam interkulturell und in der Mitbring-Version daher und rief dazu auf, eine Kleinigkeit als Fingerfood dabei zu haben. Nebst Rezept, wenn möglich. Besonders interkulturell war das Ganze nicht, aber Gäste polnischer und ukrainischer Herkunft hatten sich unter die muntere Truppe gemischt. Eher solche, die schon länger hier leben.

Gerade mal seit drei Jahren sind Hans-Günter Ulrich und seine Frau in Heppenheim, aber er wirkt schon schwer verwurzelt. Und das ist für einen älteren niedersächsischen Baum auch nicht selbstverständlich. Tochter und Schwiegersohn lockten an die Bergstraße. In Heppenheim, abends auf dem Marktplatz, kam das Ambiente gut an: „Hier könnte man leben.“ Bald fiel die Entscheidung und blieb die Frage: „Wie lernt man Leute kennen?“ Das Plaudercafé macht’s möglich, und „hier wird auch wenigstens noch diskutiert“.

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Bis das Menschen eines völlig anderen kulturellen Hintergrunds bei hemmender Sprachbarriere gelingt, vergeht Zeit. Oder es gelingt nie. Anna Morasch aus dem zentralukrainischen Dnipro lebt bereits seit 2005 hier und ist für die Stadt Heppenheim als Integrationslotsin tätig. Wie sie im Gespräch mit dieser Zeitung beim Café Welcome Spezial im Raum der Kirchengemeinde Erscheinung des Herrn erklärt, liegt ihre Motivation darin, zunächst einmal Orientierung zu geben. Frei nach Eintracht-Kulttrainer Dragoslav „Stepi“ Stepanovic pflegt auch sie zu sagen: „Leben geht weiter.“ Im Fall geflohener Landsleute rät sie unbedingt dazu, den Hebel umzulegen, vorauszuschauen. Zumal die meisten bleiben wollten.

Die Sprache sei eine Hürde, die viele noch nicht meistern, weiß sie von beim Sprachtest Durchgefallenen. Ja, einige hätten schon Arbeit gefunden, vor allem Männer – als Handwerker. Da ist nicht so viel reden notwendig, doch im Büro funktioniere das eben kaum. Gleichwohl empfiehlt die Lotsin dringend, die Menschen arbeiten zu lassen. Zwangsläufig lernten sie dann Deutsch. „Ich habe es irgendwie mit drei Worten versucht, und die Kollegen antworteten in langen Sätzen. Aber ich hörte das alles, und beim nächsten Mal konnte ich schon fünf Wörter.“

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Fließend Deutsch sprechen Atina (13) aus Afghanistan und Sabrin (12) aus Somalia, die beide keine Erinnerung an ihre Flucht haben, da sie als kleine Kinder herkamen. Beide besuchen heute die Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim. Atinas Augen strahlen zur Frage, ob sie so ein Mischmasch der Kulturen wie beim sehr gut besuchten Café Welcome mag. Dort gab es sehr wenige Männer zu sehen und viele internationale Speisen als Buffet. Atina hat schon klare Vorstellungen von ihrer Zukunft, will gern Naturwissenschaften oder Mathematik studieren, vielleicht forschen – „oder mein eigenes Business gründen“.

Bis dahin noch Zeit haben die vom Henna-Workshop hellauf begeisterten Mädchen, die sich unter der Expertise von Mubashra Navzeed Hände, Arme oder auch Beine nach uralter Tradition bemalten beziehungsweise bemalen ließen. Durch Zufall erfuhren sie von dem Angebot, stolz gingen sie verziert nach Hause – Folie sollte das frisch Erworbene schützen, das aber auch abwaschbar ist. „Jaaaa“, lautet die Antwort zur Frage, ob der Nachmittag Spaß machte. Und Navzeed erklärt, dass die aus dem Hennastrauch gewonnene und durch zum Beispiel Zitrone oder Kaffee gefärbte Paste auch Haarprobleme lindern kann, medizinisch und kosmetisch wirkt. Und nicht etwa nur eine muslimische Tradition prägt, sondern auch Hindus, Sikh oder Buddhisten vertraut ist. Traditionell wird von Hand bemalt, und dann muss das Ganze trocknen: „Henna braucht Geduld.“

Interkulturalität jedenfalls im besten Sinne. So ging es weiter. „Courage, Herz und Antirassismus“ widmete sich der Ladies Talk, und eine Trainerfortbildung trug den wegweisenden Titel: „Sport als Brücke zur Integration“. Es geht letztlich um das Gewähren und Nutzen von Chancen. mbl/ü

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    Fliegender Wechsel im Amtshof. Noch hängt die Fahne des am Sonntag beendeten Weinmarkts über der großen Bühne, da sind schon die Veranstaltungs- und Lichttechniker für das nächste große Ereignis am Werk. Die gemeinnützige „Theaterlust“-GmbH übernimmt die Regie mit ersten Vorbereitungen für das Bühnenbild, das ab diesem Mittwoch aufgebaut wird. In wenigen Tagen beginnen die Heppenheimer Festspiele: Die Premiere von Carl Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg“ markiert am 15. Juli nach zweijähriger Corona-Pause den Neubeginn des traditionsreichen, 1974 von Hans Richter begründeten Freiluft-Theaters. {element} Die Schauspielerin und Regisseurin Iris Stromberger hat die Intendanz übernommen, jetzt steht sie zum ersten Mal auf der Bühne, die bis Ende August der Mittelpunkt ihres Theaterlebens sein wird. Ihr Mann Ingo Schöpp-Stromberger, Geschäftsführer und Bühnenbildner der Festspiele, schaut unterdessen auf dem Pflaster nach den Markierungen fürs Podest im hinteren Teil des Hofes. Weil das Gelände abfällt, werden die Sitzplätze erhöht, damit die gute Sicht gewährleistet ist. Neues Mobiliar und neue Polster {furtherread} Und auch in die Bequemlichkeit für die Gäste wird einiges investiert. Die Stadt hat neues Mobiliar angeschafft, vierzig Tische, achtzig Bänke, zusätzlich Stühle, allesamt ausgestattet mit Rückenlehnen. Denn der Festspielbesuch konnte früher zur Strapaze werden, altgediente Theaterfreunde erinnern sich an die harten Biertisch-Garnituren. Auch Andrea Helm, Stiftungsmanagerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, hat solche Abende erlebt, „es war doch immer eine Herausforderung“, seufzt sie. Umso erfreuter stellte sie eine Anschaffung vor, die am Dienstag der Stadt von der Stiftung als Dauerleihgabe übergeben wurde: Polster für Bänke und Stühle, maßgeschneidert für das Amtshof-Mobiliar, abwaschbar, wetterfest und mit praktischen Klettbändern zu befestigen. Bei der Auswahl der grauen Farbe hat die Intendantin ein Wörtchen mitgeredet, sieht ja auch sehr schick aus zum Weiß der Bänke, und Iris Stromberger verspricht Tischdecken und Blumen-Deko. Sie will die Menschen aus ihren bequemen Fernsehsesseln wieder ins Live-Theater locken, und dann sollen sie es auch schön haben. „Die Festspiele bekommen einen anderen Charakter“, sagt Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), und er meint nicht nur den Anblick im Theaterhof, sondern auch die enge und offenkundig sehr gute Zusammenarbeit der Betreibergesellschaft mit der Stadt. Dass die Zuschauer in diesem Sommer unter freiem Himmel sitzen, sei angesichts wieder steigender Corona-Zahlen eine gute Sache. Für die kommenden Jahre, ergänzt Schöpp-Stromberger, solle es aber wieder einen Regenschutz geben. Premiere fast ausverkauft Neben den Polstern, die von der Stadt auch für andere Veranstaltungen genutzt werden können, spendet die Stiftung den Festspielen 20 000 Euro. „Gelebte Kulturförderung“, die sowohl bei der Sparkasse als auch bei deren Stiftung selbstverständlich sei, sagt Helm. Allmählich zieht auch der Vorverkauf an, für die erste Premiere gibt es nur noch vereinzelt Karten, an allen Abenden lohnt es, an der Abendkasse nachzufragen. In den kommenden Tagen wird der Hof sein Gesicht verändern. An der Seite wird sich die Herrmann Gastro Gruppe aus Lampertheim einrichten, die außer Wein der Bergsträßer Winzer eG und Odenwaldquelle-Wasser auch kleine Speisen anbietet. Nicht nur der weiche Sitz, auch die Bewirtung markiert die Abkehr vom sehr rustikalen Charme, der dieses Festival früher auszeichnete. Dann geht es Schlag auf Schlag, die Endproben zum „Fröhlichen Weinberg“ sind schon auf der Amtshof-Bühne angesetzt, und nach dem ersten Wochenende muss rasch umgeräumt werden, damit die bereits fertig einstudierte zweite Produktion „Cash!“ am 22. Juli folgen kann. Die Wartezeit darauf verkürzt von 19. bis 21. Juli an drei Abenden der Schauspieler Walter Renneisen – mit zwei Programmen seines Dauerbrenners „Deutschland, deine Hessen“, dazwischen moderiert er mit eigenen Erinnerungen den Abend „Als der Jazz in Deutschland laufen lernte“, zu dem Sigi’s Jazz Men musizieren. Dann wird im Wochenturnus zwischen rheinhessischem Volksstück und britischer Farce gewechselt. In beiden Komödien hat Iris Stromberger als Regisseurin ihren Ensembles nicht nur Präzision, sondern auch Tempo verordnet. Den „Weinberg“ will sie in rekordverdächtigen neunzig Minuten plus Pause auf die Bühne bringen. Die Regisseurin verspricht: „Wir sind flott unterwegs.“ job/ü

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