Manchmal sind es die unvorhersehbaren Ereignisse, die dem Leben eine neue Richtung geben. Für Bäckermeister Leonhard Menig war es die Coronawelle, die ihm einen Neuanfang bescherte. 2018/19 hatte sich der rührige Handwerker selbstständig gemacht und zunächst in der Leutkircher Genussmanufaktur auf lediglich 70 Quadratmetern seine Backwaren hergestellt und verkauft. Als dann das Virus um sich griff und sich das Geschäft auf die Märkte der Region verlagerte, wo mehr und mehr Kunden die Qualität seiner Produkte schätzen lernten, kaufte er sich ein größeres Grundstück an der Autobahn A 96 und ließ dort eine gläserne Schaubackstube mit Verkaufsbereich und Café errichten.
Im Oktober 2022 war Eröffnung, und seither läuft der Laden. Menigs Erfolgsrezept: „Ein sehr kleines Sortiment, aber jedes Produkt mit einzigartigem Charakter von hoher Qualität.“ Im Angebot sind lediglich zehn Brotsorten, drei bis acht Sorten Kleingebäck, also Brezeln, Brötchen und Seelen, sowie ein paar süße Stückchen. Dabei achtet der 45-Jährige auf kurze Wege, bezieht seine Zutaten aus der Nachbarschaft und verwendet keinerlei Backmischungen. „Ich will mit dem Teig arbeiten, ihn riechen und ihm vor allem Zeit geben“, sagt er. Und für interessierte Hobbybäcker, die ihm und seinen Mitarbeitern nicht nur zuschauen wollen, bietet er auch Backkurse an.
Dem Grundprinzip Nachhaltigkeit haben sich auch Angela und Wolfgang Abler mit ihrer Biolandwirtschaft „Fruchtbares“ bei Bodnegg verschrieben. Auf dem geradezu paradiesisch anmutenden Hofgut, wo ein großer Garten mit altem Baumbestand und Gemüsebeeten zum Flanieren und gemütlichen Verweilen einlädt, will das Paar seine Gäste und Hofladen-Kunden auf Ideen bringen, wie sich naturnaher Anbau auch daheim im eigenen Umfeld verwirklichen lässt. Zum Gruppenevent im hofeigenen Kochstudio gehört daher nicht nur das Zubereiten selbst geernteter Köstlichkeiten, sondern auch das eine oder andere Wissenshäppchen über Pflanzen, Ernährung und Gesundheit.
Dabei legen die bodenständigen Oberschwaben großen Wert auf heimische Produkte und die Bewahrung alter, manchmal fast vergessener Schätze. So befindet sich die bereits erwähnte Genussmanufaktur in Leutkirch-Urlau in einem historischen Brauereigebäude aus dem Jahr 1904, das 2019 im Zuge eines Bürgerprojekts wiederbelebt wurde und heute 16 ganz unterschiedliche Kunst- und Genusshandwerker beherbergt. Verteilt auf mehrere Etagen findet die Kundschaft neben Käse, Kaffee oder Gin auch handgewebte Textilien, Töpferwaren, Schmuck und vieles mehr. Dabei lassen sich die Inhaber gern bei der Arbeit zuschauen und geben bereitwillig Auskunft über ihre in der Regel handgefertigten Waren.
Eine kleine Brauerei zählt gewissermaßen als Hommage an die ursprüngliche Nutzung ebenfalls dazu, wobei Bier in der für ihren Hopfenanbau bekannten Region natürlich zur Grundversorgung gehört. Um dazu einen Beitrag zu leisten und die in Aulendorf jahrzehntelang brach liegende Brautradition wiederzubeleben, gründete der gelernte Brauer und Mälzer Flo Angele kurzerhand die dortige Schlossbrauerei. Seit nunmehr zehn Jahren braut er in einer denkmalgeschützten Säulenhalle seine Gerstensäfte streng nach Reinheitsgebot und schenkt diese im zugehörigen Wirtshaus mit einladendem Biergarten aus.
Bei aller Liebe zur auch landschaftlich traumhaften Heimat mit all ihren Gepflogenheiten und Traditionen traut sich so mancher, die gewohnten Pfade zu verlassen. So zeigt Wolfgang Schmid mit seiner Straußenfarm in Waldburg, dass das oberschwäbische Gras nicht nur glücklichen Kühen, sondern auch den afrikanischen Laufvögeln schmeckt. Auf seinem Hof hat er mittlerweile mehr als 300 Tiere, deren Zucht er als „sehr angenehm“ bezeichnet. „Kühe oder Schweine müssen zu bestimmten Zeiten gefüttert oder gemolken werden, und sie sind laut und stinken“, sagt er. Strauße seien dagegen äußerst pflegeleicht, und das nicht aus Massenhaltung stammende, magere Fleisch sei sehr gesund und schmecke ausgezeichnet. Im Rahmen von Führungen habe er davon schon viele Besucher überzeugen können.
Sagt’s und stellt gleich eine verlockend bestückte Platte mit frischer und geräucherter Straußenwurst auf den Tisch: Oberschwabens Leckerbissen vertragen auch eine Prise Exotik.
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