Kommunalpolitik

Heppenheim und seine Ersten Stadträte

Christine Bender für eine zweite Amtszeit vereidigt / Wechselhafte Geschichte des Amtes

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fran/ü
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Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach überreicht Christine Bender (links) die Ernennungsurkunde zur Ersten Stadträtin. Vereidigt wurde die alte und neue Stellvertreterin des Bürgermeisters durch Stadtverordnetenvorsteherin Susanne Benyr. © Lutz Igiel

Heppenheim. „Ich schwöre, dass ich das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Hessen sowie alle in Hessen geltenden Gesetze wahren und meine Pflichten gewissenhaft und unparteiisch erfüllen werde. So wahr mir Gott helfe.“ So lautete vor Wochenfrist die Eidesformel der alten und neuen Ersten Stadträtin Christine Bender (SPD).

Zuvor wurde Bender von Stadtverordnetenvorsteherin Susanne Benyr (CDU) „auf eine gewissenhafte Erfüllung ihrer Aufgaben“ verpflichtet. Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) überreichte seiner Stellvertreterin überdies die von ihm und dem ehrenamtlichen Stadtrat Christoph Zahn (CDU) unterschriebene Ernennungsurkunde. Diese wurde, so der Rathauschef, „in der Erwartung vollzogen, dass die Ernannte ihre Amtspflichten gewissenhaft erfüllt, das Vertrauen rechtfertigt […] und sich jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzt“. Anfang Oktober hatte sich das Stadtparlament mit großer Mehrheit für eine zweite Amtszeit Benders ausgesprochen. Klar definiert wurde in der Urkunde überdies das neue Dienstverhältnis: Mit Wirkung vom 1. März 2023 verlängert sich Benders seit März 2017 bestehendes „Beamtenverhältnis auf Zeit“ mit der Kreisstadt Heppenheim um weitere sechs Jahre.

Bis 1970 nur ehrenamtlich

Insbesondere Letzteres klingt zwar vergleichsweise lapidar, war in der jüngeren Geschichte der Heppenheimer Stadtgeschichte allerdings alles andere als selbstverständlich, wie Burelbach in den anschließenden Mitteilungen aus dem Magistrat noch einmal klarstellte. So habe es bis 1970 beispielsweise gar keinen hauptamtlichen Vertreter des Bürgermeisters gegeben. „Es gab bis dahin nur ehrenamtliche Erste Stadträte, bis zum 16. September 1954 hießen sie Erste Beigeordnete“, führte Burelbach aus.

Und anders als die Bürgermeister, die vor Burelbachs Büro im zweiten Stock des Rathauses in einer „Ahnengalerie“ fotografisch aneinandergereiht sind, sind deren jeweilige Stellvertreter nur noch alteingesessenen Bürgern bekannt. Umso wichtiger war es Burelbach am vergangenen Donnerstag, alle noch einmal in seinem Bericht zu erwähnen – und entsprechend zu würdigen.

Es begann mit Philipp Dambier

Erster Beigeordneter (ab dem 29. Mai 1952) und später auch erster ehrenamtlicher Erster Stadtrat war demnach der CDU-Mann Philipp Dambier. Insgesamt dauerte Dambiers Amtszeit zwölf Jahre. Die Bürgermeister hießen seinerzeit Otto Holzamer (FDP, 1948 bis 1954) und Wilhelm Metzendorf (1954 bis 1973).

Stattliche 17 Jahre (1964 bis 1981) vertrat anschließend Leopold Wollbeck (CDU) den parteilosen Metzendorf und dessen Nachfolger Hans Kunz (CDU, 1973 bis 1987). Wollbeck war laut Burelbachs Ausführungen in den ersten sechs Jahren ebenfalls noch ehrenamtlich tätig, erst ab dem 23. Juni 1970 war er hauptamtlich für die Bergsträßer Kreisstadt tätig. Auf Wollbeck folgte die knapp siebenjährige Amtszeit von Volker Rathje (CDU), der wiederum 1988 von Anton Röckl (CDU) abgelöst wurde. Übrigens: Mit Röckls Amtsübernahme wurde der 1. März zum turnusmäßigen Start der jeweiligen Amtszeit.

Weitere sechs Jahre später, Anfang März 1994, übernahm mit Arnold Reiter der bislang letzte (hauptamtliche) Erste Stadtrat aus den Reihen der CDU das zweithöchste Amt im Rathaus. Mit Gerhard Herbert folgte, kurz nach dem Beginn des neuen Jahrtausends, dafür der erste Sozialdemokrat. Herbert hatte sich bei der Wahl im Stadtparlament überraschend deutlich gegen den CDU-Kandidaten Horst Wondrejz durchgesetzt. Reiter war indes, nach Rathje, der zweite Hauptamtliche, dem die CDU zuvor die Kandidatur für eine zweite Amtsperiode verweigert hatte.

Gestrichen und wieder eingeführt

Herberts Amtszeit endete derweil vorzeitig – nicht aber, weil er abgewählt wurde. Vielmehr setzte sich der damalige Stellvertreter im Frühjahr 2005 in der Stichwahl um den Chefsessel im Rathaus gegen Amtsinhaber Ulrich Obermayr durch. „Die Zeiten standen nach 18 erfolgreichen Jahren auf Wechsel“, blickte Obermayr selbst in der 2005 erschienenen Chronik „1250 Jahre Heppenheim“ auf diese Zeit zurück.

Und der neue Bürgermeister hatte sogleich – insbesondere in repräsentativer Hinsicht – deutlich mehr zu tun als seine Vorgänger. Denn: Auf Antrag der SPD-Fraktion hatte das Stadtparlament kurz vor der Bürgermeisterwahl den Posten des hauptamtlichen Ersten Stadtrats aus der Hauptsatzung gestrichen. In Anbetracht der ohnehin notwendigen Veränderungen in der Verwaltungsstruktur sei es sehr wohl möglich, einen Teil der Aufgaben an die Spitzenbeamten im Rathaus zu delegieren, lautete die damalige Begründung der Sozialdemokraten. Ein Versuch von CDU, Freien Wählern und FDP, die Stelle doch noch zu besetzen, scheiterte im Herbst 2005.

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Während Herbert also in seiner sechsjährigen Amtszeit auf einen Stellvertreter verzichten musste, wurde der Posten unter seinem Nachfolger Rainer Burelbach im Herbst 2011 zumindest wieder eingeführt – allerdings nur ehrenamtlich. Bis Ende Februar 2017 bekleidete fortan Christoph Zahn (CDU) das Amt des Ersten Stadtrats.

Eine „Rolle rückwärts“ der SPD ebnete schließlich Christine Bender vor knapp sechs Jahren den Weg ins Rathaus: Nach der Kommunalwahl 2016 schmiedeten CDU und SPD eine Große Koalition. In diesem Zuge verzichtete die SPD zunächst auf einen Gegenkandidaten für den amtierenden CDU-Bürgermeister, im Gegenzug entsprach die CDU dem Wunsch des Koalitionspartners, Bender zu dessen Stellvertreterin zu wählen. Begründet wurde die Kehrtwende vonseiten der Genossen mit dem hohen verwaltungstechnischen Aufwand, der mit den Großprojekten Kaufhaus Mainzer (heutiges Stadthaus), Umbau des Amtshofs und Neubau der Nibelungenhalle einhergehe. fran/ü

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