Natur in der Stadt

Heppenheim schafft Wohnraum für nicht ganz so wilde Tiere

Ein „Hochhaus“ am Parkhof soll Mauersegler anlocken / Mancherorts sorgen Eindringlinge für Unruhe

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mbl/ü
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Auf einer Brachfläche nördlich des Parkhofs hat die Stadt Heppenheim ein hohes Zuhause als Unterschlupf für Mauersegler errichten lassen. Die Vögel wurden auch schon gesichtet. © Marius Blume

Heppenheim. Unvergessen bleibt der Sturm einer ganzen Wildschweinrotte durch Straßen und Schaufenster der Rüsselsheimer Innenstadt. Erst kürzlich sorgte ein Wildschwein in Heidelberg für Aufregung, das unter anderem den Neckar durchschwamm und die Polizei abschüttelte. Auch in Heppenheim trabten die Tiere nachts schonmal den Bürgersteig entlang, und selbst der Naturschutzbund ärgerte sich über Zerwühltes. Wir fragen: Wie wild geht es eigentlich in der Kreisstadt aktuell zu, sind eingeschleppte Insekten ein Thema, und was ist mit dem eigens für Mauersegler angelegten Hochhaus am Parkhof?

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Mähen ist nicht mehr angesagt, vor allem wilde Wiesen braucht das Land – und die Stadt sowieso. Schon länger sorgen sich nicht nur Naturschützer um den Fortbestand der für den Naturkreislauf als Bestäuber so essenziell wichtigen Bienen. Als gefährlicher Fressfeind der Honigbiene breitet sich die Asiatische Hornisse auch in Deutschland weiter aus. Zwar war sie unter anderem in Zwingenberg gesichtet worden, die Stadt Heppenheim erklärt aber auf Nachfrage: „Uns sind keine Sichtungen bekannt.“ Ebenso in Bezug auf die invasive, ebenfalls aus Asien stammende Tigermücke, die auch für den Menschen gefährliche Krankheiten übertragen kann. Beruhigend, wenngleich die Augen nicht überall hinsehen können, und schon kleine Wasser-Ansammlungen oder gar Pfützen als Brutstätte genügen.

Wespen beharrlich Futtersuche

Darum gilt, wie die Stadt bestätigt und ausführt, der unbedingte Appell an alle Mitbürger, selbst danach zu schauen, ob etwa die Tigermücke auftaucht, was meldepflichtig wäre. „Jeder Grundstückseigentümer muss eigenverantwortlich handeln. So auch die Stadt Heppenheim“, nimmt sie sich selbst nicht aus der Verantwortung. „Die Stadt handelt nach den Vorgaben des Hessischen Landesamts für Gesundheit und Pflege“, ergänzt die Verwaltung.

Wie besagtes Amt auf der empfohlenen Seite erklärt, sei ein Stich in Hessen aktuell „kein Grund zur Beunruhigung“. Die Tigermücke und „die entsprechenden Krankheitserreger“ kämen selten vor, eine Übertragung sei darum aktuell unwahrscheinlich. Die heimischen Schnaken schienen dieses Jahr auch weniger stark aufzutreten, zuletzt ging das Hauen und Stechen aber wieder intensiver weiter. Auch Wespen traten nicht so sehr in Erscheinung, nun sind sie wieder präsent und beharrlich auf Futtersuche. Gerade in Bäckereien. Eine Mitarbeiterin ist allergisch und hat das Notfallspray parat.

Ein Leben im Fluge

Andere fliegende Tiere sind höchst willkommene Gäste, so der Mauersegler. Der faszinierende Vogel ist in Deutschland nicht gefährdet, aber er hat besondere Ansprüche für seinen Nistplatz. Hoch und eigentlich auch möglichst abgeschieden gelegen sollte er sein. Der Mauersegler verbringt fast sein ganzes Leben im Fluge, zur Brut nimmt er gern Gemäuer in Beschlag, die seinem Wesen entsprechen. Solche verschwinden mit der Stadtentwicklung. Also nahm sich die Stadt Heppenheim ein Herz und ließ eine Art „Hochhaus“ – eine Stange auf Fundament mit gleich dutzenden Einfluglöchern im besonderen Vogelhaus hoch droben – errichten. Im abgesperrten Areal zwischen Parkhof und Ludwigstraße.

Das hohe Zuhause wirkt luxuriös, Nachbarn gibt es jedenfalls keine auf besagter Exklusivfläche. Es zirpt nur im Gras. Brach liegen soll das nördlich an den Parkhof grenzende Gelände nicht ewig. „Es wird eine öffentlich zugängliche Fläche mit Sitzgelegenheiten, Boulebahn und einem Kinderspielgerät sowie einer schönen Pflanzenlandschaft entstehen. Im Nahbereich wird eine Fahrradreparaturstation aufgebaut“, erklärt die Stadt auf Nachfrage.

"Mauersegler wurden bereits gesichtet"

Einen genaueren Zeitplan gibt es noch nicht für das, was nach gesteigerter Lebensqualität klingt. Die muss derjenigen der Mauersegler nicht abträglich sein, befinden sie sich doch auf ganz anderem Niveau. Aus der Entfernung sieht es so aus, als ob Federn herunterhängen. Da wird doch kein Unglück geschehen sein?! Näher herangekämpft – zur Vogelschau erlaubt, die auch die Stadt zuweilen vornimmt – zeigt sich, dass dies Apparate unterhalb der Einstiegslöcher sind.

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„Mauersegler wurden bereits gesichtet“, versichert die Stadt. Der Verfasser dieser Zeilen konnte bei eigener Betrachtung keine erwischen, kann aber als nicht sehr Kundiger auch nicht ausschließen, dass bei den Überfliegern ein Exemplar dabei war. Die Jungfalken, die am Ostende des Parkhofs in einem Rundfenster herangezogen wurden, scheinen ausgeflogen. Fuchs, Waschbär oder Nutria tauchen auch in Heppenheim auf, stellen der Stadt zufolge aber „keine Herausforderung dar“. In der Redaktion fällt der Blick aufs Fenster – und auf eine große Heuschrecke. Wildes Heppenheim. Wo Flip ist, können Maja und Willi auch nicht fern sein. mbl/ü

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