Heppenheim. Finanziell steht die Kreisstadt Heppenheim so gut da wie schon lange nicht mehr. Seit Jahren spült insbesondere die Gewerbesteuer reichlich Geld in die Stadtkasse, der Haushaltsüberschuss stieg zuletzt von Jahr zu Jahr stetig an.
Zur Erinnerung: 2021 verbuchte die Stadt letzten Endes einen Jahresüberschuss von mehr als 9,2 Millionen Euro, ursprünglich war mit einem Überschuss von knapp 3,3 Millionen Euro geplant worden. Im Jahr davor betrug der Jahresüberschuss bereits stattliche 6,1 Millionen Euro – geplant wurde seinerzeit mit etwas mehr als 2,8 Millionen Euro.
Gute Prognosen für’s nächste Jahr
Kaum schlechter sehen auch die Prognosen für das laufende Jahr aus: „Die bisher veranlagte Gewerbesteuer sowie die Prognose beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer können die erwarteten Mehrausgaben insbesondere beim Energieverbrauch mehr als kompensieren. Bis zum Jahresende wird deshalb mit erheblichen siebenstelligen Überschüssen im ordentlichen Ergebnis gerechnet“, ließ die Verwaltung bereits im Juli verlauten.
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Wohin mit all dem Geld, könnte nun die Frage lauten. Doch die Verwaltung um Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) und Erste Stadträtin Christine Bender (SPD) übt sich diesbezüglich in Zurückhaltung. Solides Wirtschaften ist angesagt im Rathaus – wenngleich in den vergangenen Jahren natürlich auch kräftig investiert wurde. Beispiele hierfür sind die Kita-Neubauten an der Hirschhorner Straße (bereits fertiggestellt), am Jochimsee oder an der Dr.-Heinrich-Winter-Straße (beide in Planung) sowie der millionenschwere Neubau der Nibelungenhalle am Starkenburg-Stadion.
Hinzu kamen in der jüngeren Vergangenheit die Ankäufe des Anwesens Ludwigstraße 12 oder der historischen Güterhalle am Heppenheimer Bahnhof. Diese Investitionen sind von großer strategischer Bedeutung: Das Grundstück an der B3 bietet zusätzliche Optionen bei der Umgestaltung des angrenzenden Parkhofs, die Güterhalle könnte ein Faustpfand bei den Verhandlungen über den geplanten Erwerb des gesamten Bahnhofsgebäudes sein.
„Unabweichbare Bedürfnis“
Über die Kosten der beiden Immobiliengeschäfte machte der Magistrat bislang jedoch keine Angaben. Und auch nach der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses (HFW) am Dienstagabend bleibt die Frage weiter unbeantwortet – obwohl die Verwaltung bei den Stadtverordneten um die Freigabe einer „erheblichen überplanmäßigen Auszahlung“ in Höhe von zwei Millionen Euro bittet. Für die freizugebenden Mittel liege ein „unabweisbares Bedürfnis“ vor, heißt es in der Beschlussvorlage. Fast schon klar, dass Franz Beiwinkel (Grüne) genau dieses Bedürfnis hinterfragte.
Die Erste Stadträtin hielt sich diesbezüglich jedoch weitgehend bedeckt. Das „unabweisbare Bedürfnis“ sei ferner nicht wirklich projektbezogen, sondern in einem größeren Kontext zu betrachten, so Bender. „Schon länger ist bekannt, dass wir daran interessiert sind, Acker- oder Waldflächen anzukaufen. Zudem wollen wir auch weiterhin strategische Käufe tätigen. Die zusätzlichen Mittel werden uns dabei helfen, auch künftig schnell und flexibel handeln zu können“, führte sie aus. Der Immobilienmarkt sei derzeit so volatil, dass es dieser Flexibilität schlichtweg bedürfe, so Bender weiter.
Von fast allen Parteien unterstützt
„Ausdrückliche“ Unterstützung erhält der Magistrat in dieser Hinsicht von nahezu allen Parteien. Mit Ausnahme von Ulrike Janßen (LiZ/Linke) votierten alle Ausschussmitglieder für die Vorlage der Verwaltung. Deutliche Kritik und Unverständnis äußerten die Kolleginnen und Kollegen dann auch für Janßens Meinung, dem Magistrat „keinen Freibrief“ ausstellen zu wollen. Genau dies sei bei Immobiliengeschäften schließlich vonnöten, hielt die Mehrheit der Stadtverordneten entgegen. „So manche Kaufoption kann sich auch schnell erledigt haben, wenn man nicht flexibel handeln kann. Das wäre mitunter fatal“, sagte Markus Viereckl (CDU).
Strategische Käufe
Und Christopher Hörst (FDP) ergänzte: „So können wichtige stadtentwicklungsentscheidende Maßnahmen getroffen werden, ohne dass alles auf der großen Bühne diskutiert wird und der Preis dadurch womöglich in die Höhe getrieben wird.“ SPD-Fraktionschefin Andrea Pfeilsticker schlug in die gleiche Kerbe: „Es geht darum, bei strategischen Käufen als Erster da zu sein. Und dafür muss eben auch Geld vorhanden sein.“
Übrigens: Die FDP hatte bereits bei den Haushaltsberatungen im vergangenen Spätherbst eine deutliche Erhöhung der Haushaltsmittel für „strategisch wichtige Grundstücksankäufe“ beantragt und auch durchgesetzt – um 200 000 Euro auf danach eine Million Euro für 2022 sowie um 500 000 Euro auf dann 800 000 Euro für das Folgejahr.
Dass man in dieser Hinsicht auch weiterhin ausgesprochen flexibel ist, zeigt der weitgehend einhellige Beschluss vom Dienstagabend ebenso wie die Tatsache, dass der ursprünglich vorgesehene Betrag in Höhe von 1,5 Millionen Euro kurzfristig noch einmal kräftig aufgestockt wurde – durchaus getreu dem Motto „Wir haben‘s ja“, was Ulrike Janßen ausdrücklich monierte, vonseiten der Mehrheit aber offenbar als willkommener Ausdruck der Stärke angesehen wird. fran/ü
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