Erinnerung

Gedenkfeier mit Nachkommen aus USA

Elf weitere Stolpersteine in Heppenheim verlegt

Von 
ai/ü
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Einen Ring ihres Heppenheimer Urgroßvaters brachte Ava Morgan Leipsic mit zur Gedenkfeier anlässlich der Verlegung von Stolpersteinen unter anderem in Gedenken an die Mitglieder der Familie Hirsch. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Vor Häusern in der Innenstadt und vor einem Haus im Hambacher Tal sind weitere elf Stolpersteine verlegt worden. Damit erhöhte sich deren Zahl im Stadtgebiet von Heppenheim auf 49. Der Verlegung in der Innenstadt ging eine bewegende Feier im Marstall voraus. Schüler des Starkenburg-Gymnasiums erinnerten an die Schicksale der Menschen aus der jüdischen Familie Hirsch, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Mehrere Familienmitglieder wurden in Konzentrationslagern misshandelt oder ermordet. Einigen gelang die Flucht in die USA.

Ehrengäste während der Erinnerungsfeiern waren Dr. John Leipsic und dessen Töchter Zoey und Ava, die aus Arizona und aus München angereist waren. Die Familie Leipsic stammt von Maria Anna Hirsch ab, die schon Anfang des 20. Jahrhunderts von Heppenheim nach Kalifornien ausgewandert war.

Im Marstall sprach Stadtverordnetenvorsteherin Susanne Benyr (CDU) von einem „besonderen Tag für Heppenheim“. Die Erinnerung an jüdisches Leben in der Stadt und an das dunkle Kapitel zwischen 1933 und 1945 werde wach gehalten und an die Jugend weitergegeben.

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Tief bewegt bedankte sich der Psychologe Leipsic beim Verein Stolpersteine und bei Katrin Rehbein, Leiterin des Stadtarchivs. Im Fall der Familie Hirsch hatten zehn Jahre Spurensuche nicht zum Ziel geführt. Doch als Ava zwei Semester lang in München studierte, schrieb der Vater an das Stadtarchiv und bekam Antwort. So fanden Stolpersteinverein und die Nachkommen zusammen.

Leipsic sagte im Marstall, niemand der heute lebenden Deutschen trage Schuld. Die Erinnerung an die Vergangenheit könne „Wunden heilen und Hoffnung in die Zukunft tragen“. Die Stolpersteine – so die Vereinsvorsitzende Sabine Fraune – seien ein „Zeichen gegen das Vergessen ohne Hass, Antisemitismus und Rassismus“.

Am Tag zuvor hatten sich die Gäste in das Goldene Buch der Stadt eingetragen. Stadtverordnetenvorsteherin Benyr, Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), Erste Stadträtin Christine Bender (SPD) und der Verein bildeten im Rathaus das Begrüßungskomitee. „Wir sind dankbar, dass sich der Verein so engagiert“, sagte Burelbach. Den Stammbaum dieser Familie skizzierte Vorstandsmitglied Dr. Hermann Müller.

Im Marstall wurde die Feier von Kathrin German umrahmt, die von Philipp Gölz am E-Piano begleitet wurde. Sie sang Lieder, wie sie von den Menschen in den Konzentrationslagern gesungen wurden.

Im Regen wurden vier Stolpersteine am Kleinen Markt 3 für Leo und Selma Hirsch und die Zwillinge Erna und Walter gelegt. Nur Walter überlebte den Holocaust. Er flüchtete 1938 in die USA. Die Eltern und die Schwester wurden 1942 nach Piaski in Polen deportiert und sind dort umgekommen. Am Kleinen Markt 4 wohnte die Witwe Alice Martha Hirsch mit Tochter Lore. Beide konnten 1938 fliehen. Später verließ auch ihre Cousine Cilli Hirsch Heppenheim. Sie wohnte im Graben 9.

An der Fürther Straße, heute Siegfriedstraße 14, war Bertha Hirsch zu Hause. Mit 80 Jahren zog sie nach Darmstadt in das jüdische Alten- und Siechenheim. 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, wo sie kurz darauf starb. Bertha ist die Schwester von Maria Anna Leipsic, der Großmutter von John.

Markus Hirsch verlegte 1932 seine Fabrik für „Korsetten“ auf das Gelände der Silberwarenfabrik Neumeier. In der Pogromnacht wurde er 1938 in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt und misshandelt. Die Kopfverletzungen haben ihn bis zu seinem Lebensende gezeichnet. Er konnte 1939 mit seiner Frau Lina über Palästina in die USA fliehen. Seine Mutter folgte ihm. An Markus, Lina und Helene erinnern die Steine vor dem Haus Hambacher Tal 12.

Die Schüler Elias Fischer, Aron Fischer, Leonie Diehl, Hanna Rapp und Salka Steiba trugen Texte vor, die das Schicksal der jüdischen Bürger Heppenheims nachzeichnen. Sie wurden von Christiane Wüstner angeleitet, der ehemaligen Lehrerin am Starkenburg-Gymnasium. Sie gehört dem Vorstand des Stolpersteinvereins an.

Bei der Verlegung wurde der Verein von Mitarbeitern des Bauhofs unterstützt. Rosen schmücken die Steine. Gedichte wurden verlesen, Gebete gesprochen. Dabei waren Pfarrer Frank Sticksel als Vorstandsmitglied sowie Sabine Schreck, Petra Götter und Annette Spencer aktiv.

Wie alle anderen Stolpersteine wurden die neuen Exemplare in der Werkstatt des Künstlers Gunter Demnig mit Namen und Daten graviert. Jeder Stein kostet 120 Euro. Spenden können auf das Konto IBAN: DE85 5095 1469 0000 0421 92 des Vereins überwiesen werden. ai/ü

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