Heppenheim. Wer am Kassenhäuschen seinen Eintritt ins Schwimmbad zahlt, der kauft immer auch ein Erlebnis. Die Erwartungen sind klar: saubere Liegewiesen und Schwimmbecken, geputzte Böden, reinliche Toiletten und Duschen. Für einen Notfall und an den Rutschen soll der Bademeister aufpassen, ob sich alle gut verhalten.
Selbst der Bademeister sein, das wollen jedoch nur wenige. „Es ist nicht leicht, Fachkräfte zu bekommen“, sagt Christine Bender (SPD), Erste Stadträtin in Heppenheim. „Es gab auch schon Ausschreibungen, auf die sich keiner beworben hat.“ Das Problem kennt nicht nur die Kreisstadt. Kommunen im ganzen Kreisgebiet sind betroffen.
Zu seiner Zeit als Erster Stadtrat in Lampertheim stieß Jens Klingler (SPD) deshalb die Idee an, sich für die Ausbildung von „Fachangestellten für Bäderbetriebe“, umgangssprachlich Bademeister, zusammenzutun. Nach einer Bürgermeisterdienstversammlung kristallisierte sich eine Zusammenarbeit der Kreisstadt Heppenheim, Lampertheim, Einhausen und Lindenfels heraus. Eigentlich sollte die Kooperation schon vor der Pandemie starten, doch Corona erschwerte den Betrieb in den Bädern. „Wir reden immer viel über interkommunale Zusammenarbeit, jetzt wollen wir beginnen“, so der Einhäuser Bürgermeister Helmut Glanzner (parteilos).
Die Berufsausbildung zur Fachkraft dauert in der Regel drei Jahre und wird dual durchgeführt. Knackpunkt: Viele Kommunen im Kreis haben lediglich ein Hallenbad oder ein Freibad, können eine Ausbildung also schlichtweg nicht anbieten, da der Ausbildungsort nur saisonweise zur Verfügung steht. Lampertheim deckt dagegen mit den Biedensand Bädern nicht nur Freibad und Hallenbad ab, sondern hat auch einen Badesee. In der Spargelstadt wird daher bereits ausgebildet. Lindenfels und Heppenheim haben nur Freibäder, Einhausen wiederum nur ein Hallenbad. Nun wollen die Kommunen die Bäder als gemeinsame Ausbildungsorte nutzen.
Ticket für den ÖPNV inklusive
Durch die Zusammenarbeit soll die Ausbildung geteilt werden, die Hauptrolle übernimmt weiterhin Lampertheim. Das erste gemeinsame Ausbildungsjahr soll im Herbst beginnen. Da die Lehre auf junge Leute mit Haupt- und Realschulabschluss abzielt, wird es für die Fahrten durch den Kreis ein Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel geben, so Marius Schmidt (SPD), Erster Stadtrat in Lampertheim.
Wie dringend der Nachwuchs gebraucht wird, zeigt sich in Lindenfels. Derzeit gibt es eine Bademeisterin, diese wird aber wohl in etwa zehn Jahren in Rente gehen. Der Bewerbermangel zeigt, wie schwer es sein wird, Nachwuchs zu bekommen. „Umso wichtiger ist es, selbst für Nachwuchs zu sorgen und auszubilden“, erklärt der Lindenfelser Bürgermeister Michael Helbig (SPD). Ohne eine Fachkraft dürfen die Schwimmbäder nicht öffnen. Die Arbeit geht weit über das Aufpassen am Beckenrand hinaus. Im Falle eines Unfalls muss die körperliche Fitness stimmen, Erste-Hilfe-Maßnahmen müssen sitzen. Viele technische Arbeiten wie das Testen des ph-Wertes oder des Chlorgehalts im Wasser gehören ebenso dazu. Anlagen und Geräte, etwa Wasserfilter, müssen überprüft und gewartet werden. Außerdem ist die Arbeit im Schwimmbad kein Job für Eigenbrötler. Wichtig sei eine gewisse Sozialkompetenz, mit Menschen umzugehen, so Glanzner. Schwimmkurse geben oder planen stehen ebenfalls auf dem Programm.
Obwohl Lampertheim ausbilden kann, sieht Marius Schmidt Vorteile in der Zusammenarbeit. Für die Stelle in den Biedensand Bädern hatten sich bislang hauptsächlich Lampertheimer beworben. „Es ist eine schöne Sache, Jugendlichen aus dem ganzen Kreis die Möglichkeit zu geben.“ So teilen sich die Städte auch die entstehenden Kosten.
Langfristig kann sich Schmidt auch eine Art gemeinsamen „Mitarbeiterpool“ vorstellen. So könnte eine Kraft beispielsweise zwei Teilzeitstellen in zwei Kommunen abdecken, bei einem Krankheitsfall könnten die Bäder sich mit Personal aushelfen. „Es ist eine besondere Möglichkeit, vier Bäder und somit vier Systeme kennenzulernen“, betont Bender. So könne der angehende Bademeister von vielen Mitarbeitern lernen und von den Eindrücken profitieren. bb/ü
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim_artikel,-heppenheim-fachkraeftemangel-in-den-schwimmbaedern-im-kreis-bergstrasse-_arid,1932137.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim.html
[2] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lindenfels.html