Närrisches Treiben

„Endlich wieder Fastnacht“ in Heppenheim

800 Gäste amüsierten sich beim Bunten Abend des SV Erbach.

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rid/ü
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Sitzungspräsident Steffen Maurer und sein Sidekick Dirk Arnold sangen sich brillant durch den Bunten Abend in Erbach © Astrid Wagner

Heppenheim. Wehe, wenn sie losgelassen, die Narren des SV Erbach, dann bleibt kein Auge trocken, dann herrscht vom ersten Moment an eine tolle Stimmung im Saal. 800 Gäste feierten bei der größten Saalfastnacht des Kreises ausgelassen bis spät in die Nacht in der Mehrzweckhalle, standen auf Tischen und Stühlen, schunkelten und sangen, was das Zeug hielt. Oben auf der Bühne zog Rampensau Steffen Maurer mit seinen Sidekicks Michael Endres und Dirk Arnold alle Register, als habe es niemals eine Corona-Pause gegeben. „Endlich Bunter Abend“ sang der Sitzungspräsident frei nach Robbie Williams´ „Let me entertain you“, als er mit dem Elferrat die Bühne eroberte.

Das allererste Mal vor Publikum traten die kleinen Protagonisten des Kinderballetts auf – und verzauberten das Publikum mit ihrer Dschungelbuch-Show. Da marschierte die Elefantenpatrouille, die Affen rasten durch den Wald und natürlich probierten es die kleinsten Nachwuchs-Handballer auch mal mit Gemütlichkeit. Zuckersüß! Mitten unter ihnen stapfte Balu der Bär, der vielen irgendwie bekannt vorkam: SVE-Vorsitzender Thomas Lulay.

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Michael Endres nahm die bevorstehende Bürgermeisterwahl mit einem Triell aufs Korn. Freilich mischte er sich nicht in den Heppenheimer Wahlkampf ein und ließ alles in der fiktiven Stadt Peppenpeim stattfinden. Dabei schlüpfte er in atemberaubendem Tempo in die Rollen und Klamotten der drei Kandidaten: Amtsinhaber Keiner Pullertbach – „Liebe Nutten, liebe Nonnen, Wahlen werden in der Mitte gewonnen“, so sein Wahlspruch – duellierte sich mit Jeter Pansen (weiße Perücke mit Schwänzchen) und Kia Pritz-Föhn-Sass im Baumfällerhemd von der Schutzpartei.

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen waren da natürlich rein zufällig. Der eine wiederholte gebetsmühlenartig seinen Slogan und bedauerte nur, dass auf der Stadtkerwe das Kölsch zu früh leer war, dem anderen wurde wegen ausufernder Erklärungen stets die Redezeit entzogen, und die dritte versprach eine Hundewiese mit Dach und erklärte, dass Kängurus nicht rückwärts hüpfen können. Wo soll man da nur sein Kreuzchen machen?

Bei der tollen Tanzdarbietung des Jugendballetts konnte man die Lachmuskeln wieder etwas entspannen, dafür waren die Handflächen beim Klatschen gefordert. Fabian Jordan, Yannick Lulay, Daniel Kreicha und Anna Jordan zeigten, wie es beim Vorstellungsgespräch bei einem Radiosender zugehen kann. „Guten Tag, ich bin die Thea Tralisch, kann nicht nur gut sprechen, bin auch musikalisch.“

Für Bombenstimmung sorgte einmal mehr der Musikzug Starkenburg, der mit Zugmarschall Norbert Weiser und Schirmherrin Kerstin die Paragrafenreiterin in den Saal einzog. Die hatte in Erbach ein Heimspiel: Gleich im Anschluss tanzte sie mit ihren Proseccoschneggen. Doch vorher warb sie für den Umzug am kommenden Sonntag und wurde dann von Steffen Maurer bei einem Wissensquiz über Rechtsfragen auf die Prüfung gestellt.

Als alte Damen eroberten die Proseccoschneggen dann die Bühne – buchstäblich bis der Arzt kam. Besser: die Ärztin und Proseccoschnegge Dr. Anette Blessing-Jobst, die ein Allheilmittel verabreichte. Das war – natürlich – Prosecco. Und schon tanzten die „Alten“ wie neugeboren zu einem 90er-Jahre-Medley.

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Großartig die Hits der 90er, mit denen Steffen Maurer und Dirk Arnold direkt nach der Pause den Saal wieder auf Betriebstemperatur brachten. „Hier kommt die Sonne“, ging so durch Mark und Bein, dass die Halle im wahrsten Sinne des Wortes bebte. Ein Hit nach dem anderen ertönte. „Show must go on“ grölte der ganze Saal mit. Da konnte keiner stillsitzen, so muss Fastnacht sein.

Das Gardeballett, größtenteils Bezirksoberliga-Handballerinnen, setzte noch eins drauf. Großartig, wie sie in ihren glitzernden Bodys und lila Tutus synchron die Beine in die Höhe schleuderten. Die beiden Handwerker Moritz „Mo“ Lulay und Bastian „Guschdl“ Flath kamen gerade noch rechtzeitig, denn der eine war auf der Fahrt in die Radarfalle am Friedhof gefahren.

„Hat’s geblitzt?“ „Na, gescheppert!“ Und man erfuhr, dass der „Karl Lauterbach gesagt hat, dass die ganzen Corona-Corona-Bestimmungen sou long bestehjn bleiwe, bis der HC VfL mal gegen den SVE gewunne hat.“ „Okay, dann müsse mer halt damit lewe!“ Und so kalauerten sich die beiden durch den Abend: „Kommt im März die Sommerzeit, bleibt‘s länger hell für Schwarzarbeit.“

Einer der Höhepunkte war einmal mehr der Auftritt des Showballetts, in dem die Männer längst ein fester Bestandteil sind. Die Bravo-Supershow der 90er-Hits sorgte für Ekstase im Publikum: Das Ballett tanzte zu Hits wie „Hyper, hyper“ von Scooter, zu Songs von NSYNC, den Back Street Boys und den Spice Girls. Großartig und mitreißend – nicht nur die tänzerische Leistung, auch die Kostüme aller Balletts.

„Fastnacht, Fastnacht, endlich wieder Fastnacht“ sangen dann noch einmal Maurer und Arnold, ließen das Äppelwoi-Lied folgen, dichteten einen Song der Pet Shop Boys um und gipfelten in „My sex is on fire“, freilich in der Erbacher Version. Die Halbzeit-Show des Super Bowl tags drauf konnte einpacken. Auch, weil der SVE als letzten Act Jennifer Lopez persönlich eingeladen hatte – das Männerballett setzte den fulminanten Schlusspunkt, die Zugabe gab es oberkörperfrei, ekstatische Schreie aus dem Publikum inklusive.

„Wir sagen Dankeschön“, sang Maurer zum Abschluss. Und dann wurde nur noch Party gemacht. Ganz große Klasse, was der Sportverein da wieder auf die Beine gestellt hat. rid/ü

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