Heppenheim. Seit 18. August bietet das Saalbaukino den Filmgenuss im Freien an – Open-Air-Kino also. Was werden da die Nachbarn dazu sagen? Das hagelt doch Beschwerden ohne Ende, sind wohl die ersten Gedanken, die Heppenheimern durch den Kopf gehen bei diesem Angebot.
Doch im Kastanienhof am Saalbau ist oft nur das Rascheln des Laubes zu hören, manchmal das Lachen der Kinobesucher, die sich über den Film „Guglhupfgeschwader“ amüsieren. Es ist einer von drei Filmen, der an diesem Abend im Saalbaukino läuft. Auch im denkmalgeschützten großen Saal sowie im 2018 neu hinzugekommenen „Petit Cinema“, dem Sälchen mit 18 Kinosesseln, werden Filme gezeigt.
Auf Stühlen und bequemen Liegen
Mehr als 50 Gäste haben sich für den Sonntagabend zum Open-Air-Kino angemeldet. Jörg Fritz stellt zusätzliche Liegen zu den Stühlen auf. „Das ist wohl dem Umstand geschuldet, dass wir heute im Hofkino ‚Guglhupfgeschwader‘ zeigen“, sagt Fritz.
Aber vielleicht hat sich die neue Technik bis dahin auch einfach herumgesprochen. Angeboten wird nämlich ein Kopfhörerkino. Die Kinobesucher kriegen einen Funkkopfhörer für die Ohren und können die Lautstärke selbst regeln. Da gibt es dann keine klassischen Störgeräusche mehr, etwa das Knistern der Chips- oder Popcorntüte des Sitznachbarn.
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Erst 2021 ging ein Kino in Japan neue Wege in Sachen Kopfhörerkino, kombiniert mit bequemen Liegesesseln sowie Zimmerpflanzen im Raum, um eine Wohlfühlatmosphäre wie im eigenen Heim zu schaffen. Die Bequemlichkeit der Ligen und Stühle im Heppenheimer Open-Air-Kino lässt sich vielleicht noch verbessern. Doch unter den alten Kastanienbäumen im Freien Kino zu genießen, dürfte unschlagbar sein. An der Bergstraße ist es das Einzige dieser Art.
Beim Kopfhörerkino wird auch von „Silent Cinema“ (stilles Kino) gesprochen. Dank der Funktechnik wird der Ton des Films auf die Kopfhörer übertragen. Kopfhörer sind gerade für ältere Menschen ein gutes Hilfsmittel für ein besseres Hörerlebnis. Während der Filmvorführung aufzustehen, um sich vielleicht noch ein Getränk an der Kasse im Foyer zu organisieren, ist mit Kopfhörern angenehmer, weil zumindest das Hörerlebnis mitgeht. Nach der Filmvorführung müssen die Kopfhörer wieder abgegeben werden, immerhin kostet so ein Funkkopfhörer 100 Euro, erläutert Kino-Betreiber Jörg Fritz.
Den Nachbarn zuliebe
Der Filmprojektor mit verschlüsseltem Kinoserver und die Funkantenne sind im Foyer aufgebaut. Vom Filmprojektor wird durch das Doppelglas der Fenster auf die Leinwand im Freien mit etwa zehn auf dreieinhalb Meter der jeweilige Film projiziert. Die Rückwand der Leinwand ist schwarz, sodass nichts durchleuchtet und die Nachbarn stören kann. Wie kam Familie Fritz auf die Idee eines Open-Air-Kinos? „Schon unser Vater (Hellmuth Fritz) wollte gerne ein Freiluftkino anbieten. Doch damals fehlte noch die Technik“, sagt der Kinobetreiber.
Anders als bei der LED-Leinwand, die beim Open-Air-Kino der Messdiener auf dem Kirchplatz vor Sankt Peter verwendet wurde, müsse es für die Übertragung aber schon dunkel sein. Der Film beginnt erst, wenn es dunkel genug ist. Um 22.30 Uhr endet das Kino unter freiem Himmel.
Die Investition von insgesamt 75 000 Euro habe nur bewerkstelligt werden können durch verschiedene Förderung, etwa von „Hessenfilm und Medien“, sowie Aktionen wie „Sommerwanderkino“. Das Freiluftkino beißt sich nicht anderen Veranstaltungen, die sich während der letzten beiden Pandemiejahre im Kastanienhof eingebürgert haben. Das Musikschulfest vom 24. bis zum 26. September, die Interkulturelle Woche oder das Kino der Kulturen würden trotzdem stattfinden.
An diesen Abenden gebe es kein Freiluftkino. Während der Hessischen Biotage wird am 16. September der Film „Unser Boden, unser Erbe“ und zum Abschluss am Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober) „Lindenberg! Mach Dein Ding!“ gezeigt. dj/ü
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