Umzug

Die Postfiliale bleibt in der Heppenheimer Innenstadt

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fran/ü
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Die Tage der Filiale in Heppenheims Ernst-Schneider-Straße sind gezählt, 2023 soll nach mehr als 130 Jahren Schluss sein. © Jürgen Reinhardt

Heppenheim. Zyniker würden sagen: „Man konnte sich in den vergangenen Wochen schon daran gewöhnen, wie es sein wird, wenn die Postfiliale in der Ernst-Schneider-Straße dauerhaft geschlossen hat.“ In der Tat standen die Kunden in der jüngeren Vergangenheit dort oftmals vor verschlossenen Türen – als Begründung wurde das hohe Infektionsrisiko im Zuge der Corona-Herbstwelle angeführt.

Pakete und Briefe mussten somit in den kleinen Agenturen am Erbachwiesenweg, am Rewe-Center in der Tiergartenstraße oder in der Gießener Straße abgegeben oder abgeholt werden. Für Paketsendungen standen und stehen überdies ein Paketshop in der Hirschhorner Straße sowie vier Packstationen in der Ludwigstraße, in der Dieselstraße, In der Lahrbach und in der Tiergartenstraße bereit.

Öffnungszeiten werden angepasst

Und dennoch war die Kritik an der tagelangen Schließung der einstigen Hauptstelle insbesondere in den sozialen Medien groß. Nicht jeder kann oder will schließlich eine der kleinen Agenturen in der Weststadt aufsuchen.

Und die Kunden werden dies auch künftig nicht tun müssen, wie Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) am Dienstagabend im Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss berichtete. „Die Post hat einen neuen Standort in der Innenstadt gefunden – in der Wilhelmstraße 8, gegenüber dem Café ,Avanti‘“, so Burelbach.

Die neue Filiale wird demnach bereits am 10. Januar 2023 eröffnet, am Abend des 11. Januar schließt die einstige Hauptstelle – zumindest als Filiale von Post und Postbank – ihre Türen. Die nächste Postbank-Filiale befindet sich fortan in Bensheim, in der Schwanheimer Straße. Bestätigt wird die Aussage des Rathauschefs auf Anfrage dieser Zeitung von Post-Pressesprecher Stefan Heß, die Kunden werden zudem über einen Aushang im Schalterraum der Filiale in der Ernst-Schneider-Straße über den Umzug informiert.

Der künftige Standort befindet sich in der Wilhelmstraße. © Dagmar Jährling

Zugleich bestätigt Heß Burelbachs Aussagen vom Juli 2022, wonach auch in der neuen Filiale zwei Schalter zur Verfügung stehen sollen. „Es werden darüber hinaus Schreibwaren, Lotto und Toto, Finanzdienstleistungen und ein Postfach-Service angeboten“, kündigt Heß an. Nicht zustellbare Pakete würden in der Wilhelmstraße ebenfalls für ihre Adressaten bereitgehalten. Die künftigen Öffnungszeiten bezeichnet der Sprecher derweil als „etwas kundenfreundlicher als in der Ernst-Schneider-Straße“. Geöffnet wird demnach unter der Woche bereits um 8.30 Uhr, samstags ist eine halbe Stunde länger offen als bisher.

Gleichwohl ist mit dem Umzug der Postfiliale in die Wilhelmstraße das Ende einer Ära in der Bergsträßer Kreisstadt besiegelt: In der Ernst-Schneider-Straße fanden die Heppenheimer schließlich seit inzwischen 132 Jahren einen verlässlichen Anlaufpunkt für alles und alle, wenn es um Briefe, Päckchen, Pakete, aber oft auch um Geldangelegenheiten ging.

Eröffnet wurde Heppenheims markantes, zwischen Ernst-Schneider-Straße und Lorscher Straße gelegenes Postamt bereits im Jahr 1890. Baubeginn war nur ein Jahr zuvor auf einem Grundstück, auf dem vier Vorgängerbauten 1887 bei einem Feuer zerstört worden waren. Für das Landesamt für Denkmalschutz ist das im Stil der deutschen Renaissance erbaute Postamt „städtebaulich von eminentem Wert“, wie es im Verzeichnis der Kulturdenkmäler in Hessen heißt.

Eine Frage der Wirtschaftlichkeit

Der „eminente Wert“, den das Gebäude kulturhistorisch für die Kreisstadt darstellt, ist für ein Unternehmen wie die Postbank, das zuletzt als Hauptmieter fungierte und zusätzlich die Dienstleistungen der einstigen „Mutter“ Deutsche Post AG, anbot, natürlich nicht das Entscheidende, wenn es um den Fortbestand einer Filiale geht. Wie andere Institute prüfe „die Postbank auf Basis des Kundenverhaltens laufend ihr Vertriebsnetz.

Andere Vertriebskanäle, wie zum Beispiel das Kooperationspartner- und Direktgeschäft wurden ausgebaut, neue Zugangswege für Kunden geschaffen“, ließ die Tochter der Deutschen Bank im Sommer dieses Jahres auf Anfrage verlauten. Die Wirtschaftlichkeit des Standorts war demnach wohl nicht mehr gegeben, weshalb sich das Unternehmen entschloss, die Filiale am Postknoten 2023 dichtzumachen – mit schwerwiegenden Folgen nicht nur für Nostalgiker.

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Und auch zum Leidwesen der Deutschen Post, wie Sprecher Stefan Heß betont. „Ohne die Entscheidung der Postbank hätten wir keinen Handlungsbedarf für einen neuen Standort gesehen“, sagt er. Keinen Hehl macht er zudem daraus, dass die Post durch die Entscheidung der einstigen Tochter auch unter gehörigen Zugzwang gesetzt wurde. „Wir wollen und müssen weiterhin in der Innenstadt präsent sein. Es gibt schließlich gesetzliche Vorgaben, die wir auch erfüllen.“

Bleibt die Frage, wer künftig für die neue Innenstadt-Filiale verantwortlich zeichnet. Stefan Heß‘ Antwort darauf dürfte nun ebenfalls nicht jedem gefallen. Dies gilt besonders für die Kunden der Agentur am Erbachwiesenweg, die offiziell unter dem Namen „Kiosk am Kreisel“ firmiert.

„Die neue Filiale wird mit Karin Bauer eine Partnerin übernehmen, mit der wir bereits am Erbachwiesenweg zusammenarbeiten“, so Heß. Sie werde jedoch nicht zwei Filialen gleichzeitig betreuen, sondern ihren „Kiosk am Kreisel“ bereits am 26. November schließen, um sich auf den Umzug vorzubereiten. Die Inhaberin selbst wollte sich hierzu auf Nachfrage nicht äußern. fran/ü

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