Heppenheim. Mit einem Satz über 8,18 Meter gewann Hans Baumgartner 1972 bei den Olympischen Spielen in München die Silbermedaille im Weitsprung. Am heutigen Donnerstag, 30. Mai, ist Baumgartner 75 Jahre alt geworden.
1967 kam er von Waldshut nach Heppenheim, um im Turnverein trainieren zu können. Er gehörte zu den vielen Talenten, die der Heppenheimer Leichtathletiktrainer Hansjörg Holzamer (1939-2019) entdeckt hat.
Seit zwei Jahren wohnt er im Odenwald
Holzamer achtete darauf, dass seine Sportler gebildet sind. Deshalb absolvierte Baumgartner die Berufsaufbauschule in Bensheim, um über die Fachoberschule zum Studium zu kommen. So konnte er als Diplom-Ingenieur ein Unternehmen für Haustechnik gründen. Baumgartner könnte längst im Ruhestand sein. Doch erst jetzt ist er dabei, sich aus seinem Unternehmen zurückzuziehen. Seit zwei Jahren wohnt er im Odenwald. „Ich genieße jede Minute“, sagt er. Sorgen bereitet ihm nicht das eigene Leben. Sein Glaube an eine gerechte Welt wird erschüttert, weil er die Demokratie bedroht sieht.
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Das Grundgesetz – fast auf den Tag genauso alt wie er selbst – müsse respektiert und verteidigt werden. Deshalb schließt sich Baumgartner dem „Viernheimer Appell“ an, den der frühere Bergsträßer Landrat Norbert Hofmann formuliert hat. Im Rückblick auf seine Karriere als Sportler erinnert sich Baumgartner, wie er über all auf der Welt Gastfreundschaft erlebt hat. Nach seinem Wechsel zum TV Heppenheim hatte er sich schnell in die Weltspitze vorgearbeitet.
Die Siegerehrung am 9. September war „sehr ergreifend“
In München gehörte er zu den Medaillenanwärtern. Nur Randel Luvelle Williams (USA) sprang dort mit 8,24 Meter weiter. Baumgartners Erfolge bei Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften füllen eine lange Liste. 1976 bei den Olympischen Spielen in Montreal kam er mit 7,84 Meter auf Platz acht. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat den Sportlern von damals die Ehre erwiesen und sie 50 Jahre nach Olympia nach München eingeladen.
„Da wurde mir klar, dass allein die Teilnahme an Olympischen Spielen, neben der Völker verbindenden Wirkung, auch eine wichtige persönliche Bereicherung war, die ich mir zuvor nicht vorstellen konnte“, so seine eigenen Worte. In Erinnerung an den Terroranschlag vom 5. September 1972 bleibt die Trauer um die Sportfreunde aus Israel. Baumgartner und Holzamer gingen damals davon aus, dass die Spiele vorbei sind, bis IOC-Präsident Avery Brundage verkündete: „The games must go on.“ Baumgartner: „Im Nachhinein die einzig richtige Entscheidung. Mit der Aufgabe der Spiele hätten die Attentäter ihr Ziel erreicht.“
Die Siegerehrung am 9. September „war sehr ergreifend. Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, was ich geleistet hatte“. Der Empfang in Heppenheim auf dem Marktplatz und im Rathaus war für Baumgartner überwältigend. „Die Anteilnahme der Bevölkerung an meinem Erfolg hat mich beeindruckt und geehrt“, sagt er im Rückblick.
Das Rathaus kam noch einmal ins Spiel, als er dort 1979 seiner Frau Christa das Ja-Wort gab. Deren frühen Tod mussten er und die drei Kinder 2004 betrauern. Wenn am 26. Juli die Olympischen Spiele in Paris beginnen, wird Baumgartner mitfiebern. Er träumt zudem davon, dass Deutschland nach 1972 wieder Gastgeber sein könnte. Weil mit Los Angeles und Brisbane die nächsten beiden Austragungsorte bereits feststehen, wäre dies frühestens 2036 möglich. Baumgartner hält es für eine großartige Idee, wenn sich Berlin gemeinsam mit der israelischen Stadt Tel Aviv bewerben würde. ai/ü
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