Bensheim. Wenn die Sprache auf die Bensheimer Innenstadt kommt, reagieren viele Bürger resigniert und können spontan gleich mehrere Versäumnisse der Vergangenheit nennen. Aktuell gibt es aber mal richtig gute Neuigkeiten: Die Bensheimer dürfen sich Hoffnung auf die Wiederbelebung eines Traditionslokals machen – und zugleich soll eine seit Jahrzehnten klaffende Lücke im Straßenbild der Altstadt geschlossen werden.
Die traditionelle Funktion des Gebäudes soll erhalten bleiben
Konkret geht es um den kleinen Gebäudekomplex an der Mittelbrücke, in dem zur Hauptstraße hin zuletzt die Goldschmiedin Doris Pauling ihr Geschäft und ihre Werkstatt hatte. An der Straße Am Rinnentor lag die Gaststätte Mittelbrücke „Zum Ochs“. Dieser Gebäudekomplex wird aktuell durch den privaten Investor Uwe Lauer saniert.
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Unter dem Erhalt der traditionellen Funktion dieses Gebäudes soll hier in weiterer Zusammenarbeit mit der „Die Biermacher GmbH“, die auch mit ihrem Lager- und Logistikzentrum in Bensheim ansässig ist, ein Pfungstädter Brauereigasthaus entstehen. Mit der Sanierung und dem Anbau der ensemblegeschützten Fachwerkhäuser ist das Architekturbüro plan@m beauftragt, welches bereits viele Objekte saniert hat, unter anderem die Werkmeisterhäuser am Eulergelände.
Der „Ochs“ hat eine lange Geschichte als Gastwirtschaft – das Besondere ist: Schon mindestens seit 1925 wurde hier Pfungstädter Bier ausgeschenkt. An diese Tradition wird nun angeknüpft und es ist nicht das erste historische Gasthaus, das unter dem Vorzeichen „Pfungstädter Brauereigasthaus“ wiederbelebt und weiterbetrieben wird. Auch in weiteren Orten konnte dies schon erfolgreich umgesetzt werden, etwa in Ober-Beerbach, wo jetzt seit fast drei Jahren beim Pfungstädter Brauereigasthaus „Deese Oddo“ wieder Bier getrunken werden kann, nachdem die alte Dorfkneipe rund vierzig Jahre lang brach gelegen hatte.
Bei der Sanierung des Gebäudes soll in besonderem Maße darauf geachtet werden, die denkmalgeschützte Immobilie so behutsam wie möglich wieder zu ertüchtigen. So soll das Fachwerk nicht nur außen, sondern auch innen sichtbar sein und die Proportionen und Strukturen des alten Gebäudes bleiben erhalten.
Um 1715/16 entstanden dort einfache Fachwerkhäuser
„Das ist eine ziemlich komplexe Bauaufgabe und die Häuser sind zum Teil sehr marode“, erklärt Architekt Sanjin Maracic von plan@m, der mit den Biermachern gemeinsam das Konzept entwickelt hat. Seine Mitarbeiterin, Architektin Sophie Schuhmann, hat bei der Bestandsaufnahme vier bis fünf unterschiedliche Gebäude identifiziert.
Bis in die 1970er Jahre gehörten diese Häuser zu einem geschlossenen Straßenzug, der früher zur Neugasse zählte und heute Am Rinnentor heißt. Die schmale Straße entstand im 18. Jahrhundert nach dem Abriss der nördlichen Vorstadtmauer, wobei die Lauter nach Norden verlegt wurde. Um 1715/16 entstanden dort einfache Fachwerkhäuser.
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Zwei Gebäude westlich der Gaststätte wurden in den 1970ern abgerissen, die Keller mit dem Bauschutt verfüllt und mit einer Betondecke versiegelt. Anschließend wurde die Fläche gepflastert, zwei Platanen wurden gepflanzt und die Baulücke jahrzehntelang als Parkplatz und Müllabstellfläche genutzt.
Im Zuge der Sanierung soll der Gebäudekomplex von der Hauptstraße her nach Westen verlängert und diese Lücke damit wieder gefüllt werden. Um den Straßenzug in seinen historischen Dimensionen wieder herstellen zu können, muss eine der beiden dort gepflanzten Bäume weichen. Als Ausgleich werden drei Bäume an der Lauter gepflanzt - eine schon große mehrstämmige Kirsche und zwei große Bäume vor dem Kaufhaus Ganz.
Ein im Besitz der Stadt liegendes Grundstück soll künftig als öffentlich nutzbarer Sitzplatz unter der schattenspendenden Platane genutzt werden. Genau auf der Gegenseite der Lauter gibt es schon jetzt einen kleinen Sitzplatz, wo die Lauter über Trittsteine gequert werden kann.
"Konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadt Bensheim"
„Im Sinne der Innenstadtentwicklung ist die Umsetzung der Pläne ein Meilenstein. Zum Beispiel, weil ein wichtiger Wasserlauf in der Stadt erlebbar gemacht wird, unter anderem durch die Einbindung einer dann zur Gaststätte gehörenden Terrasse“, sagt Architekt Maracic, der sich seit Jahren für die Belebung der Innenstadt engagiert, und weist darauf hin, dass das aktuelle Projekt komplett ohne Fördermittel finanziert wird - er hatte in der Vergangenheit immer wieder vergeblich für die Teilnahme der Stadt an Bundes- und Landesprogrammen zur Revitalisierung der Innenstadt plädiert.
In Zusammenhang mit dem aktuellen Projekt freut er sich über eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadt. „Ohne die Unterstützung der Bürgermeisterin gäbe es das Projekt nicht“, sagt Maracic. „Sie hat unsere Vision sofort verstanden und ebenso wie auch Baustadträtin Nicole Rauber-Jung eng mit uns zusammengearbeitet“.
Wenn die Baumaßnahmen abgeschlossen sind, soll der „Ochs“ in seinen Grundzügen und in seinem ursprünglichen Flair wiederzuerkennen sein, und gleichzeitig in neuem Glanz erstrahlen, so dass sich sowohl neue Gäste als auch Stammgäste gleichermaßen „wie zu Hause“ fühlen. Die Gaststätte soll alle Altersgruppen ansprechen, Familien und junge Leute ebenso wie Skatrunden. Schon fest eingeplant ist ein großer Stammtisch im Hauptraum. Zukünftig soll es hier wieder Hausmannskost und Pfungstädter Bier vom Fass geben. „Wir freuen uns, dass an die lange Tradition des Gebäudes angeknüpft werden kann und der „Ochs“ als Pfungstädter Brauereigasthaus wieder neu belebt wird“, sagt Ralf Schuchmann, Geschäftsführer der „Die Biermacher GmbH“.
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