Industriekultur

Alter Schlachthof in Worms ganz neu

Darmstädter Investor will im kommenden Sommer seine Erlebnis-Immobilie in Worms eröffnen

Von 
Bernhard Zinke
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Worms. Der „Lost Place“ ist gar nicht mehr verloren. Der ehemalige Schlachthof in unmittelbarer Nähe des Rheinufers ist zwar immer noch eine große Baustelle. Aber wer genau hinschaut, kann sich leicht ausmalen, dass hier gerade ein architektonisches Schmuckstück entsteht. Aktuell streichen Maler die Stahlkonstruktionen der großen Halle, in der im Sommer fünf Shops einziehen werden.

Das gewölbte Dach hat Investor Marc Baumüller aufbrechen und Glas einsetzen, eine später gesetzte Wand in der Fassade wieder aufbrechen lassen. An den Wänden hängt ein Fliesenspiegel aus dunkelgrünen Kacheln, die – deutlich erkennbar – aus Schlachthof-Gründerzeiten stammen. Viele Lücken klaffen noch in der Keramik. Man habe die Fliesen aufwendig nachbilden lassen. „Die Farbgebung stimmt. Aber den neuen Fliesen fehlt halt noch die Patina“, sagt Baumüller.

Mehreren Industriebrachen neues Leben eingehaucht

Der Darmstädter Investor hat Erfahrung damit, alten Industriebrachen neues Leben einzuhauchen. Eine alte Landmaschinenfabrik in Frankfurt-Fechenheim hat er in ein Mekka für Oldtimer-Liebhaber verwandelt, inklusive hoch spezialisierten Restauratoren-Werkstätten, Szene-Restaurants und Eventflächen. Das erfolgreiche Projekt firmiert als Klassikstadt Frankfurt. Auch die Zeche Ewald, ein stillgelegtes Steinkohlebergwerk in Herten, rettete er vor dem Verfall.

Wormser Schlachthof

Eine beeindruckende Jugendstilarchitektur prägt die noch erhaltenen Gebäude des Wormser Schlachthofs.

Nach seiner Eröffnung im Jahr 1912 war er für viele Jahre einer der modernsten seiner Art.

Bis Anfang der 1980er Jahre war der Schlachthof in Betrieb, rentierte sich zuletzt aber nicht mehr.

Danach firmierte er mehrere Jahre als Markthalle und Eventlocation.

Jetzt hat Investor Marc Baumüller das Anwesen vor dem Verfall gerettet. bjz

Den Wormser Schlachthof hat Baumüller entdeckt, als er vor einigen Jahren über die Wormser Rheinbrücke fuhr. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, gestand er im Frühjahr beim Richtfest. Die Liebe wurde allerdings immer wieder herausgefordert. Ein um 30 Zentimeter abgesenkter Dachstuhl im Nebengebäude sei nur eine von vielen Herausforderungen gewesen.

Nicht zuletzt deshalb wurde die Eröffnung des neuen Matadero – der spanische Name für Schlachthof – um ein halbes Jahr verschoben. Nun will Baumüller Mitte des Jahres mit Wucht loslegen. Die Mietverträge sind längst geschlossen. Nun verrät er, wer das eine von zwei Restaurants betreiben will. In der Moto59 Foodgarage sollen die Gäste Produkte aus der italo-amerikanischen Küche genießen können: neapolitanische Pizza, Pasta und Gourmet-Burger – und das alles im Flair einer Werkstatt für den Motorradrennsport. An den Decken und Wänden hängen Motorteile, in der Deckenkonstruktion stehen Ölfässer und auf den Raumteilern ganze Motorräder. In der Zeche Ewald sind Moto59 und Baumüller auch Partner. Es gibt bereits Restaurants dieser Art in Köln, Gütersloh, Gießen und Hamburg.

Marc Baumüller inmitten der Baustelle des Matadero. © Bernhard Zinke

Ein zweites Restaurant ist auch schon fix. Nur darüber will der Investor erst in den kommenden Wochen sprechen, wenn das Konzept in trockenen Tüchern ist. Nur so viel: „Es wird ein Volltreffer“, verspricht Baumüller. Unter den fünf Shops werde beispielsweise ein Uhrmacher sein, der auch eine Werkstatt für Vintage-Chronographen betreiben wird. Der Fokus liege auch hier auf den guten schönen Dingen. Das Motto lautet: „Heimat für Geschmack“.

Wie bei seinen anderen Projekten will Baumüller, dass auch das Matadero Arbeitsplatz wird – und zwar nicht nur für Gastronomen. Im Frühjahr wird das IT-Unternehmen Datatronic auf einer Fläche von 800 Quadratmetern in eines der Schlachthofgebäude ziehen. Datatronic entwickelt IT-Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen, ist seit 35 Jahren am Markt und betreut aktuell laut eigener Homepage rund 2000 Unternehmen in ganz Deutschland an 13 Standorten. Das Matadero soll die Zentrale werden.

Event- und Tagungsräume für bis zu 1000 Personen

Darüber hinaus wird der alte Schlachthof Event- und Tagungsräume zur Verfügung stellen, von 50 bis 1000 Personen. Exklusive Firmenevents, Präsentationen und Tagungen, aber auch Privatfeiern sollen hier möglich werden. „Die ersten Anfragen für Hochzeiten und Geburtstage haben wir schon“, sagt Baumüller.

Und weil er weiß, dass Tagungen nicht mit dem Schluss des offiziellen Programms enden, hat der Investor einen Hotelkomplex direkt daneben geplant. Den Pächter gibt es schon. „Keine große Kette, wir wollten auch hier etwas Individuelles“, verrät Baumüller. Und auch das Hotel werde unter dem Label „Matadero“ laufen.

In Sachen Umwelttechnik wird der Alte Schlachthof ebenfalls auf dem neuesten Stand der Technik vorne dabei sein. „Wir werden das Matadero CO2-neutral betreiben“, hatte der Unternehmer schon beim Richtfest im Frühjahr gesagt. Erdwärme aus 150 Metern wird den Gebäudekomplex beheizen. Strom liefert unter anderem eine Photovoltaik-Anlage. Die ist bereits fertig auf dem Dach montiert.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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