Vereine

FC 07 in der Krise: Der Traditionsclub kämpft um seine Zukunft

Der FC 07 Bensheim konnte in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am Montagabend das Aus abwenden. Mit Frank Richter hat der Traditionsclub einen neuen Vorsitzenden gefunden, der sein Engagment an Bedingungen knüpfte.

Von 
Thomas Tritsch
Lesedauer: 
Der FC 07 Bensheim hat mit personellen, finanziellen und strukturellen Problemen zu kämpfen. Das Aus für den Traditionsclub konnte vorerst abgewendet werden. © Thomas Neu

Bensheim. Die Nullsiebener stecken in einer existenziellen Krise. Nicht sportlich, aber strukturell. Der älteste Bensheimer Fußballverein muss seit 2017 ohne vollständigen Vorstand auskommen. Als Geschäftsführer hat Michael M. Hagn den personell stark humpelnden Traditionsclub durch schwierige Jahre geführt.

Der Posten des Vorsitzenden blieb vakant. Mit Beginn des neuen Jahres hatte Hagn sein Amt zur Verfügung gestellt. Bislang gibt es keinen Nachfolger. Für den Sommer kündigen zudem die Vorstandsmitglieder Andy Zehnbauer und Bernd Gast ihren Rückzug an.

Zeitgleich wuchs die Kritik an der Motivation aller Mitglieder, sich im Vorstand, als Betreuer oder bei anderen Tätigkeiten ehrenamtlich zu engagieren und dem Club auf diese Weise eine Perspektive zu geben.

Am Montag stand bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Frage im Raum, ob und in welcher Form der Verein überhaupt noch eine Zukunft hat. „Es ist fünf vor zwölf“, betonte Frank Arzberger vom Förderverein. Manuel Bruckdorfer brachte die Situation auf den Punkt: „Wenn von über 80 Mitgliedern und Gästen, die heute anwesend sind, gerade einmal fünf die Hand heben, dann läuft etwas grundlegend falsch!“

So nah am Abgrund wie noch nie

Bei den Ergänzungswahlen wurde Bruckdorfer einstimmig zum neuen Schriftführer gewählt, Thomas Blüm wird zum 1. Juli als Sportlicher Leiter bei den Fußballern Andy Zehnbauer ablösen. Stefan Schwehm (Jugendleiter) und Daniel Ehret (Rechner) bleiben mindestens bis zur ordentlichen Hauptversammlung im zweiten Quartal in ihren Ämtern.

Vorausgegangen war dem Votum die Suche nach einer neuen Spitze. Denn ohne Geschäftsführer und Vorsitzenden wäre der Verein allein rein rechtlich nicht handlungsfähig gewesen. So nah am Abgrund stand der Club, der Krisen durchaus kennt, noch niemals seit der Gründung 1907. Nach langem Hin und Her hat sich schließlich Frank Richter den rettenden Hut des Vorsitzenden aufgesetzt. Sein „Ja“ hat die Lage zumindest vorerst leicht entspannt.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Mit den Nullsiebenern verbindet ihn eine 30-jährige Zusammenarbeit: Er war in Bensheim unter anderem Spieler, Trainer, Jugendleiter und Sportchef. Richter ist Mitglied seit 1970 und hat unter anderem zwei Aufstiege in die Hessenliga geschafft: 1981 als Spieler und 2007 als Trainer. Er hatte als Aktiver maßgeblichen Anteil am Titelgewinn der Bezirksliga Süd im Jahr 1987 und an der Rückkehr in die Liga als Spielertrainer 2008. Im Dezember 2012 übernahm er den SC Olympia Lorsch und führte die Mannschaft auf Platz neun in der Kreisoberliga.

Für Richter, Jahrgang 1964, ist der Job in Bensheim Ehrensache. „Mir liegt der Verein sehr am Herzen. Das wissen hier alle.“ Den Abend bewertet er als guten Anfang. „Nicht ideal, aber immerhin!“ Er stellte allerdings gleich nach seiner einstimmigen Wahl (sechs Enthaltungen) unmissverständlich klar, dass er nur dann im Amt bleiben werde, wenn zeitnah eine positive Veränderung innerhalb der Nullsiebener-Familie spürbar sei.

Bis zur Hauptversammlung, die voraussichtlich im Mai stattfinden wird, will er eine erste Bilanz ziehen. Ohne eine erkennbare Motivation der Masse und der nötigen Unterstützung des nach wie vor lückenhaften Vorstandsteams sei ein Weitermachen zwecklos und letztlich nur ein Abschied auf Raten, so Frank Richter, der den Club nicht durch weitere Jahre der personellen Lethargie begleiten will, sondern einen deutlichen Aufbruch spüren möchte.

Mehr zum Thema

Fußball

Die Fußballer des FC 07 Bensheim in einem ungeahnten Hoch

Veröffentlicht
Von
maz
Mehr erfahren
Fußball

Fair-Play-Cup in Bensheim mit über 600 Teilnehmern

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren
Fußball-Gruppenliga

Der letzte Torschuss trifft die TSV Auerbach

Veröffentlicht
Von
maz
Mehr erfahren

Und zwar sowohl im Vorstand wie auch in den Reihen der Mitglieder. Als Urgestein des Vereins nehme er sich das Recht heraus, seine Entscheidung an diese Bedingung zu knüpfen, sagte er dem BA nach drei Stunden Krisensitzung im Vereinshaus am Weiherhausstadion.

Richter sagte aber auch klipp und klar, dass eine Fusion mit einem anderen Verein für ihn nicht in Frage komme. Er will weiterhin Autarkie, den guten Namen des Clubs bewahren und dafür sorgen, dass sich auch wieder mehr junge Sportler mit ihm identifizieren.

Dafür gab es Beifall – und danach ein entsprechendes Votum: Bei nur einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen wurde ein klares Urteil für die Eigenständigkeit gefällt. Mit der kleinen Fußnote, dass man sich mittel- bis langfristig die Option auf einen Zusammenschluss (welcher Art auch immer) offen halten wolle.

Vor allem Frank Arzberger, der am Montag als Versammlungsleiter fungierte, sprach sich für diese Perspektive aus: „Unsere strukturellen Nachteile sind offensichtlich. Die Zeit hat uns überholt“, so Arzberger über den Einspartenverein, der seinen Mitgliedern sportlich wie infrastrukturell weniger anbieten könne als die Konkurrenz im Stadtgebiet.

An einer Kooperation oder Spielgemeinschaft mit anderen Clubs könne er nichts Schlechtes finden. Vor allem im Nachwuchsbereich sei dies eine Chance, die man nicht per se ausschließen sollte. Mit der TSV Rot-Weiß Auerbach wurde bereits 2013 ein Juniorenförderverein (JFV) formiert.

Immer mehr Arbeit verteilt sich auf immer weniger Schultern

Auch Andy Zehnbauer sprach gleich zu Beginn des Treffens von massiven strukturellen und finanziellen Problemen, mit denen der Verein seit Jahren zu kämpfen habe. Die Mitgliederzahlen sinken, die Kosten steigen, das über 35 Jahre alte Clubhaus ist stark sanierungsbedürftig. Zudem hatte sich die Firma Schilling als wichtiger Förderer zurückgezogen.

Die Suche nach Sponsoren gestalte sich zunehmend schwierig. Es sei über Jahre hinweg schlecht gewirtschaftet worden, der FC habe praktisch keine Rücklagen. „Immer mehr Arbeit verteilt sich auf immer weniger Schultern“, so Zehnbauer. Auch im Jugendbereich sei die Situation ernst, viele Kicker wechseln früh den Verein. Am späten Abend keimte dann doch noch etwas Hoffnung auf. Mit einem neu kombinierten „Vorstand auf Probe“ (Frank Richter) hat der Traditionsclub etwas Zeit gewonnen, um sich neu zu positionieren und die aktuell nur noch 327 Mitglieder auf diesem Kurs mitzunehmen. Allen im Clubhaus war klar, dass sich die sportlichen Ambitionen der strukturellen Erfrischung unterordnen müssen, um überhaupt überleben zu können.

Mehr zum Thema

Vereinsleben

Tennisclub Einhausen blickt auf ein erfolgreiches Jahr

Veröffentlicht
Von
Michael Volk
Mehr erfahren
Kolumne

Wie geht es weiter?

Veröffentlicht
Von
Claudio Palmieri
Mehr erfahren

Aber selbst wenn sich Richter nicht bereit erklärt hätte, wäre eine Auflösung am Montag nicht möglich gewesen, denn das muss die ordentliche Mitgliederversammlung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen. Das teilte Wahlleiter Michael M. Hagn mit. Dass für ihn am Montag kein Nachfolger gefunden wurde, kann der Club durch die Wiederbesetzung des Vorsitzenden – nach fast sieben Jahren – vorerst abfedern.

Der Vorstand will sich darum bemühen, dass der künftige Geschäftsführer von einem Team unterstützt wird. Vier Mitglieder haben bereits ihre Mitarbeit signalisiert.

Damit will man Berührungsängste vor diesem wichtigen Job abbauen und eine innere Gruppendynamik befeuern. Aber auch nach außen hin wollen die Nullsiebener wieder präsenter sein. Es brauche jemanden, der über die richtigen Kontakte verfüge und den Club in der Stadtgesellschaft gut repräsentieren könne, so der Wunsch vieler Mitglieder. Der Vorstand will diesbezüglich seine Fühler ausstrecken, einen prominenten Kandidaten hat man bereits im Visier.

Der Vorstand des FC 07 mit (v.l.) Manuel Bruckdorfer (Schriftführer), Stefan Schwehm (Jugendleiter), Frank Richter (Vorsitzender), Thomas Blüm (ab 1. Juli Sportlicher Leiter), Daniel Ehret (Rechner) und Andy Zehnbauer (Sportlicher Leiter). © Thomas Neu

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Winzerfest Bensheim