Mannheim. Das Optimale herausholen und die Kosten niedrig halten - diese Devise gilt für alle Unternehmen. Im E-Commerce, also dem Onlinehandel, sind es besonders die Werbeausgaben, die das Budget von Unternehmen belasten. Ein wichtiger Faktor für den Erfolg ist es deshalb, sie zielgerichtet und effizient einzusetzen.
Hier bringen sich die drei Gründer des Mannheimer Start-ups Insage ins Spiel - von denen zumindest zwei in Mannheim keine Unbekannten sind: Simon Engelhorn aus der bekannten Modehandels-Familie und Investor Matthias Storch. Sie haben Insage zusammen mit Marc Schauer gegründet.
Gemeinsam haben sie eine Software entwickelt, die Unternehmen aus dem E-Commerce dabei unterstützt, ihre Daten aus Quellen wie Shopify, Facebook, Instagram, TikTok und anderen zusammenzuführen und auszuwerten. Insage nutzt dabei Künstliche Intelligenz (KI). Die Idee des Start-ups ist, dass die Kunden ihre Daten optimal nutzen, um so ihr Wachstum zu steigern.
Alle Gründer bringen Erfahrung aus E-Commerce mit
Im E-Commerce sind die drei Gründer alle seit Jahren zu Hause. Simon Engelhorn hat sich bis zu seinem Abschied aus dem operativen Geschäft des Familienunternehmens dort als COO unter anderem um den Bereich IT gekümmert und die Digitalisierung des Modehändlers vorangetrieben.
Matthias Storch wiederum begleitet mit seiner Beteiligungsfirma Good Brands seit Jahren D2C-Start-ups, also Gründungen, die ihre Produkte direkt an Endverbraucher verkaufen. Zu den Beteiligungen gehören unter anderem die Sockenmarke von Jungfeld oder das Start-up Bedrop, das Kosmetik und Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Bienenprodukten vertreibt.
Marc Schauer - mit 27 der jüngste der drei Gründer - bringt ebenfalls einiges an E-Commerce-Erfahrung mit. Er hat vor einigen Jahren schon einmal ein Start-up gegründet. Seit einiger Zeit berät er andere D2C-Marken in der Wachstumsphase. Bei Insage ist er vor allem für die technischen Aspekte zuständig.
„Durch unsere Erfahrungen kennen wir die Probleme aus dem E-Commerce und wissen, welche Fragen sich daraus ableiten“, erklärt Storch. Aus Engelhorns Sicht ein klarer Vorteil: „Die Probleme unserer Kunden haben wir über Jahre selbst erlebt. So können wir das Produkt bauen, das sie wirklich benötigen.“
Er nennt ein Beispiel für eine Analyse: „Welchen Einfluss hat das Fußball-Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande auf den Erfolg meiner Werbeausgaben?“ Aus den gewonnenen Erkenntnissen könne man beispielsweise eine Strategie entwickeln, um die Werbung für die bevorstehende Fußball-EM viel effizienter und gezielter zu steuern.
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Wie Engelhorn berichtet, herrscht in vielen E-Commerce-Unternehmen immer noch das Bauchgefühl vor. Nicht immer würden so die richtigen Entscheidungen getroffen. „Zumindest kommt man mit dem Bauchgefühl irgendwann an eine Grenze“, so Storch. „Wenn ich zum Beispiel Geld für Werbung in einem bestimmten Kanal ausgebe, ohne dass das viel Umsatz bringt, merke ich das als Mensch auch irgendwann, aber die KI erkennt das viel schneller.“
„Im E-Commerce gibt es immer riesige Datenmengen, sie müssen aber entsprechend ausgewertet werden“, sagt Schauer. Dabei soll die Insage-KI helfen. So könne man die Werbung optimieren oder den richtigen Zeitpunkt für Nachbestellungen festlegen. „Nichts ist ärgerlicher als wenn ein Bestseller-Produkt ausverkauft und ein paar Wochen nicht lieferbar ist.“ Deshalb ist Storch überzeugt: „Ich kann Erkenntnisse aus den Daten gewinnen, die andere nicht haben.“
Anders als der öffentlich zugängliche KI-Chatbot Chat GPT, der auch mal Dinge erfindet, um vorhandene Wissenslücken zu schließen, sei die KI von Insage trainiert und spezialisiert. „Sie weiß, was passiert, wenn ich diese oder jene Frage eingebe“, so Schauer.
„Das Gute ist: E-Commerce funktioniert überall gleich“, sagt Engelhorn. Daher tauge das Geschäftsmodell des Start-ups auch international. „In den USA, der Türkei oder Asien ist man solchen Tools gegenüber viel offener. Europa ist einer der schwierigsten Märkte“, sagt Storch. Zunächst will sich Insage besonders auf Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz konzentrieren. Neben den drei Gründern sind drei Entwickler an Bord, das Team wird nun schrittweise aufgebaut.
Storch und Engelhorn kennen sich noch aus Schulzeiten
Kennengelernt haben sich die Gründer übrigens schon vor Jahren, Engelhorn und Storch waren sogar gemeinsam auf der Schule. „Wir hatten auch danach immer wieder Kontakt - und bei beiden kam irgendwann der Wunsch, etwas eigenes zu gründen“, erzählt Storch. Über Engelhorn kam schließlich Schauer ins Spiel, beide seien vor einigen Jahren über dessen früheres Start-up in Kontakt gekommen. Die Idee, Insage zu gründen, sei dann nach und nach entstanden, sagt Engelhorn.
Der heute 40-Jährige war 2012 als viertes Familienmitglied in die Geschäftsführung des Modehändlers Engelhorn eingestiegen. Zuletzt stand er mit seinen Cousins Fabian Engelhorn und Andreas Hilgenstock an der Spitze. Im Februar gab der Modehändler bekannt, dass sich Hilgenstock und Simon Engelhorn aus der Geschäftsführung zurückziehen. Beide sitzen seither im Aufsichtsrat der Gruppe. Er wolle „neue berufliche Wege einschlagen“, begründete Engelhorn den Schritt. „Ich fand die Idee immer charmant, etwas von Null an aufzubauen“, erzählt er. „Auf einem weißen Blatt ein Schnellboot zu entwickeln, ist eben etwas ganz anderes, als ein Luxuskreuzfahrtschiff durch unruhige See zu manövrieren.“ Die Zeit für den Neuanfang sei jetzt da gewesen: „Ich bin im Januar 40 geworden. Ich wusste: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann mache ich es nie mehr.“
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