Ludwigshafen. Liebeserklärungen werden ja in der Regel eher im ganz kleinen Kreis gemacht. Anders beim neuen BASF-Chef Markus Kamieth: Am Donnerstagmorgen feuert er sein emotionales Bekenntnis zum Ludwigshafener Heimatwerk auf allen Social-Media-Kanälen ab - von X, über Facebook und Linkedin bis zu Instagram.

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Überall schickt er die gleiche Botschaft: „Ludwigshafen hat Zukunft, ich freu mich drauf.“ Der Standort sei das Herz der BASF und mit zehn Quadratkilometern Fläche der bei weitem größte Produktionsstandort und das Zentrum der globalen Forschung und Entwicklung des Konzerns, erklärt Kamieth, der seit Ende April den Vorstandsvorsitz innehat. Kamieth: „Er ist unser Powerhouse! Auch in der Zukunft. Und wir machen ihn stark.“
Kamieth betont: BASF investiert in "moderne, rentable Anlagen und Technologien"
Neues erzählt der BASF-Chef eigentlich nicht dabei. Dass das Chemieunternehmen etwa zwei Milliarden Euro im Jahr in das Ludwigshafener Werk investiert, ist längst bekannt und auch Teil der laufenden Standortvereinbarung zwischen Management und Betriebsrat. Kamieth zählt detailliert auf, in welche „moderne, rentable Anlagen und Technologien“ BASF im Stammwerk investiert: „Wir erweitern den Vitamin-A-Verbund, bauen die Citral-Wertschöpfungskette mit zwei nagelneuen Anlagen aus. Wir errichten den neuen Biohub, eine Anlage auf Basis modernster Fermentationstechnologie. Und wir investieren in Transformationsprojekte wie die ersten elektrisch beheizten Crackeröfen (eFurnaces), die Wasserelektrolyse, und wir planen den Bau eines Solarparks.“
Das Post-Feuerwerk des BASF-Chefs soll den Anilinern Mut machen
All das ist bekannt, die eFurnace-Anlage hat zum Beispiel noch sein Vorgänger Martin Brudermüller eingeweiht. Auch die übrigen Investitionen wurden in den vergangenen Monaten verkündet. Aber in der Bündelung wirken sie durchaus imposant. Genau das ist gewollt, ebenso die enthusiastischen Beschreibungen von Werk und Belegschaft („Wir haben hier fantastische Leute, die besten...“). Mit seinem Post-Feuerwerkdürfte der BASF-Chef der Angst in der Belegschaft entgegentreten, das Pfälzer Werk werde in der Bedeutungslosigkeit versinken. Eine Sorge, die auch altgediente Aniliner beim Gang durch das Werk beschleicht angesichts der niedrigen Auslastung einiger Anlagen.
Offenbar will Kamieth auch nicht hinnehmen, dass BASF gerne von Kritikern an der Energiewende, an Bundesregierung und EU als Paradebeispiel für den Niedergang der deutschen Industrie herangezogen wird. Die BASF drehe Deutschland den Rücken zu, heißt es da etwa. Von einem lautlosen Abschied ist die Rede. Auch weil der Konzern für rund zehn Milliarden Euro einen neuen Verbundstandort in China baut und Anlagen in Ludwigshafen dichtmacht.
Hoffnungsschimmer in der Chemie
- Die Stimmung in der deutschen Chemiebranche hat sich deutlich aufgehellt. Der dazugehörige Index des Ifo-Instituts sprang im Mai um 11 Punkte nach oben, wie die Münchner Wirtschaftsforscher am Donnerstag mitteilten. Zudem liegt er mit 5,8 Punkten erstmals wieder im Plus, seit er im Frühjahr 2022 im Zuge des Ukrainekrieges abgestürzt war. Die Unternehmen beurteilten im Mai sowohl ihre aktuelle Lage als auch ihre Zukunftserwartungen positiver. "Die Zuversicht der deutschen Chemiebranche kehrt zurück", sagte Ifo-Expertin Anna Wolf. Ein Anstieg um elf Punkte sei "erheblich", zudem sei es bereits die dritte Verbesserung in Folge.
- Als Grund für den Aufschwung sieht man beim Ifo eine anziehende Nachfrage und besser gefüllte Auftragsbücher - wenngleich noch auf niedrigem Niveau. Für die nächsten Monate planten die ersten Firmen auch mit steigenden Verkaufspreisen. Zudem habe auch die Stabilisierung bei den Energie- und Rohstoffpreisen zum Anziehen der Chemiekonjunktur beigetragen, sagte Wolf, ebenso wie der Rückgang der Inflation, positive Exporterwartungen und die allgemeine konjunkturelle Erholung. dpa
Kamieth räumt ein: „Ja, wir schließen einige nicht wettbewerbsfähige, energieintensive Anlagen“. Schon im Februar 2023 hatte BASF angekündigt, mehrere Anlagen in Ludwigshafen stillzulegen, die wegen der hohen Energiekosten nicht mehr rentabel sind. Betroffen sind zum Beispiel die erst wenige Jahre alte TDI-Anlage, in deren Bau eine Milliarde Euro investiert wurde, und eine der beiden Ammoniakanlagen. Vor kurzem gab BASF zudem bekannt, dass drei der insgesamt elf Anlagen komplett verkauft und umgesiedelt werden sollen.
Der BASF-Chef betont: Man stecke dennoch viele Hundert Millionen Euro in die Modernisierung unserer Infrastruktur. In Ludwigshafen entstehe „Chemical High-Tech“.
BASF stellt sich gegen "kursierende Falschmeldungen"
Die Motivation für Kamieths offizielle Liebeserklärung wird deutlich beim Kommentar, den BASF etwa auf der Plattform X dem Post voranstellt: „Klares Bekenntnis zur Zukunft unseres Standorts Ludwigshafen von unserem Vorstandsvorsitzenden Markus Kamieth. Damit ist auch alles gesagt zu den kursierenden Falschmeldungen, dass BASF Deutschland verlasse und eine ’Abwanderung nach China’ stattfindet.“
Vorstandsvorsitzender arbeitet an neuem Zielbild für den Standort Ludwigshafen
Dagegen stellt Kamieth sein Treuebekenntnis: „Ich kann mir eine erfolgreiche BASF ohne ein erfolgreiches Ludwigshafen nicht vorstellen.“ Der Standort sei ein Kernelement der grünen Transformation. Gleichzeitig spricht er aber auch von „Anpassungen“, bereitet auf Einschnitte vor, die Vorgänger Brudermüller bereits angekündigt hat: weitere Schließungen von Anlagen und auch Jobabbau.
Kamieth soll ein Zielbild für Ludwigshafen ausarbeiten, den Standort ein Stück weit neu erfinden. Der müsse nachhaltig wettbewerbsfähig und wieder profitabel werden. „Mit einem langfristigen Zielbild und einem ganzen Bündel von Maßnahmen, an dem wir gerade arbeiten.“ Bezeichnend für Kamieths Botschaft sind seine Hashtags am Ende des Post, mit denen Tatendrang und Loyalität zu BASF vermittelt: zum Beispiel #letsdothis oder #LoveBASF und #BelongatBASF”.
Am Nachmittag hat allein seine Botschaft auf Linkedin fast 1400 Likes ob Daumen hoch oder Herz-Symbol. Übrigens auch von Betriebsratschef Sinischa Horvat.
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