Mannheim/Ludwigshafen. Kurz gefasst könnte man sagen, dass es von einer Talsohle aufwärts geht. „Die Unternehmen schätzen ihre Lage im Frühjahr leicht schlechter ein als zu Jahresbeginn, gleichzeitig verbessern sich die Erwartungen. Diese Stimmungsaufhellung weckt Hoffnung, dass die Konjunktur wieder etwas an Fahrt aufnimmt“, kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke das Ergebnis vorsichtig optimistisch. Getrieben werden diese positiven Erwartungen vor allem von einem wieder steigenden Welthandel und damit höheren Exportplänen der Unternehmen nach Nordamerika, in die Eurozone und Asien.
Wirtschaft ist laut dem ehemaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard auch Psychologie, Hoffnung kann also durchaus ein zentrales Motiv der Wirtschaftslage sein. Mehr scheint aktuell auch nicht zu bleiben, denn von greifbaren Fakten lässt sich ein positives Bild kaum ableiten. „Zuletzt war die Lage Anfang der 2000er-Jahre vergleichbar lange so schlecht wie heute“, so Nitschke. Selbst im Vergleich zur negativ geprägten Januarumfrage sei die Geschäftslage der Unternehmen noch einmal schlechter geworden. Bekannte Probleme wie teure Energie, Fachkräftemangel und hohe Arbeitskosten sowie mittlerweile auch eine schwache Inlandsnachfrage hemmen die Entwicklung. Daher will die IHK bewusst nicht von „Wachstum“ sprechen. Ein kraftvoller Aufschwung sei in diesem Jahr nicht zu erwarten.
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Insolvenzen sieht die IHK derzeit nur vereinzelt und nicht – wie oft befürchtet – im größeren Umfang, wenngleich es hier schon Grund zur Sorge gebe, wie Axel Nitschke erklärt. „Es gibt insolvenzgefährdete Betriebe in der Region. Wenn zum Beispiel die BASF Teilstilllegungen ihrer Werke durchführt, trifft das die Zulieferbetriebe hart. Jeder verlorene Arbeitsplatz bei der BASF bedeutet mehrere verlorene Arbeitsplätze bei den Zulieferern“, erklärt er.
Bei Betrachtung einzelner Branchen fallen der Einzel- und Großhandel sowohl mit einer schlechten Geschäftslage als auch mit einem äußerst negativen Ausblick auf. So bildet der Handel das Schlusslicht im Vergleich. Da passen Meldungen wie die Schließung der Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof in Mannheim ins Bild, können den Trend aber auch weiter befeuern. Beginnt nun also das Ende des stationären Einzelhandels? Die Industrie- und Handelskammer widerspricht diesen Schreckensszenarien. Sicherlich gebe es Befürchtungen, dass durch solche Schließungen die Kundenfrequenz auch für andere Händler niedriger werden kann. „Durch eine stabilere Inflation und eine EM im eigenen Land kann sich aber auch der Einzelhandel wieder positiver entwickeln. Man sollte diese Effekte nicht unterschätzen“, gibt sich Nitschke zuversichtlich.
Die IHK fordert wirtschaftspolitische Impulse
Doch auf derartige Sondereffekte und das Prinzip Hoffnung allein will man sich bei der IHK offensichtlich nicht verlassen. „Damals brachte die Agenda 2010 eine Trendwende. Jetzt braucht es wirtschaftspolitische Unterstützung mit Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit“, fordert die IHK in Richtung der Politik. Das kann sich mit Blick auf die Umfrage lohnen, denn: „Die Industrie der Region hat wieder Hoffnung, die Unternehmen möchten anpacken.“ Dies würde sich an einer hohen Zahl von Unternehmen zeigen, die in Digitalisierung und Innovationsprojekte investieren möchte. Knapp jedes vierte Unternehmen plant der Umfrage zufolge eine Erweiterung seiner Kapazitäten.
Wenn schließlich die Industrie durch bessere Ausfuhrpläne wieder Hoffnungen schöpft und sich diese Hoffnungen dann konkret bemerkbar machen, könnte von dem Aufschwung der einzelnen Branchen auch der Handel als aktuelles Sorgenkind wieder profitieren. Ob sich die Geschäftslage der Unternehmen jedoch tatsächlich so positiv entwickeln wird, wie es die Erwartungen momentan vorgeben, bleibt abzuwarten. Denn neueste Entwicklungen wie ein sich abzeichnender Handelskonflikt zwischen den USA und China sind in der Umfrage nicht mehr erfasst. Aus Hoffnung muss also nicht zwingend reales Wachstum werden.
Zumal es auch pessimistische Prognosen gibt. So hat die IHK in einer Umfrage für die Pfalz ein recht düsteres Bild für die Unternehmen gezeichnet. Sowohl Geschäftslage als auch Stimmung sind dort gedämpft und hellen sich auch mit Blick auf die Fußball-EM nicht auf, eine Erholung der Wirtschaft sei laut IHK nicht in Sicht. Albrecht Hornbach, Präsident der IHK Pfalz, bemängelt: „Es fehlt der dringend benötigte wirtschaftspolitische Ruck. Die Lippenbekenntnisse aus der Politik helfen den Unternehmen nicht.“ Er fordert eine grundsätzliche und klare Neuausrichtung der Finanz- und Wirtschaftspolitik, deren Reformen schnell bei den Betrieben ankommen.
Diese deutliche Differenz schlägt sich im Konjunkturklimaindex nieder. Während er für die Pfalz nur bei 89 und damit unter der Wachstumsschwelle von 100 liegt, erreichte er für die Region Rhein-Neckar mit 109 einen höheren Wert.
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