Bergstraße. Auf dem aktuellen Bild sehen wir am Ende der Bleiche die verlassenen Gebäude der Firma Thermoplastik.
Vom Bensheimer Stadtarchiv bekamen wir eine historische Ansicht, die vom Bensheimer Fotografen Wilhelm Schermer fotografiert wurde. Es zeigt die Anfänge der Firma Thermoplastik GmbH, die im Jahre 1953 gegründet wurde und als Firmensitz das Anwesen des ehemaligen Schönhofes von der Stadt gepachtet hatte.
In den Unterlagen kann man lesen, dass die nötigen „Verbesserungs- und Instandsetzungsarbeiten“ an den Gebäuden zur Hälfte von der Stadt und zur anderen Hälfte von der Firma getragen wurden. Im Jahre 1968 erwarb man das Anwesen dann mit einem eingetragenen Vorkaufsrecht für die Stadt Bensheim - ein wichtiger Punkt bei der aktuellen Diskussion über Wohnbebauung in diesem Bereich.
Eine lange Vorgeschichte
Um die gesamte Vorgeschichte des Anwesens zu erzählen, reicht der Platz an dieser Stelle nicht. Die Ursprünge gehen zurück bis ins 16. Jahrhundert, als an dieser Stelle die Doppelmühlen Biermühle und Heinzenmühle standen.
In den Bergsträßer Heimatblättern von 1972 zitiert Richard Matthes den Stadtpfarrer Blösinger von St. Georg, der in die Kirchenchronik schrieb, dass im Schönberger Tal im Jahre 1858 die beiden alten Mühlen verschwunden seien und an ihrer Stelle „großartige Ökonomiegebäude nebst Herrschaftshaus und ein bedeutendes, nach neuster Art eingerichtetes Mühlwerk getreten sind“.
Ein Schloss als Sommerresidenz
Mehrere Besitzerwechsel werden in den Geschichtsblättern noch erwähnt, bis im Jahre 1910 der in Österreich geadelte Millionär Ritter Heinrich von Marx das Anwesen kaufte. Bereits im Jahre 1881 hatte er die Falkenhofmühle erworben und sich in den Jahren 1898 bis 1901 als Sommerresidenz ein Schloss im englischen Stil hoch über dem Tal bauen lassen (die heutige Klinik Schloss Falkenhof).
Als er Mitte der 1930er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten kam, verkaufte er das Schloss an die Nationalsozialistische Volksfürsorge (NSV) und den Schönhof an die Stadt Bensheim. Das Herrschaftshaus diente als Bürgermeisterwohnung, und das 400 Morgen große Hofgut wurde in eigener Regie bewirtschaftet.
Bei der Recherche zu dieser Folge unserer Serie haben wir die Erinnerungen von Josef Fertig zugesendet bekommen. Er schreibt: „Hier erinnere ich mich an die vielen Milchkühe, die entlang der Lauter und gegenüber angrenzend an der B 47 weideten. Das Jungvieh war auf dem großen Areal des heutigen Waldfriedhofs untergebracht. Mein Vater hatte dieses Gelände bis etwa 1962/63 gepachtet.“
Wir bedanken uns bei Claudia Sosniak vom Archiv der Stadt Bensheim für die Bereitstellung des historischen Fotos und bei Rudolf Schmitt vom Museumsverein Bensheim für die Zusendung der Bergsträßer Heimatblätter von 1972. tn/Bild: Thomas Neu
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