Bundestagswahl

Migration: Schlagabtausch von Meister und Wingerter geht weiter

Sven Wingerter (SPD) spricht von beispiellosem Tabubruch. Michael Meister (CDU) verteidigt den Gesetzentwurf. Alle Infos zum Thema gibt es hier.

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Angela Schrödelsecker
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Sven Wingerter und Michael Meister führen einen Schlagabtausch über offene Briefe. © Thomas Neu

Bergstraße. Die Union hat mit Stimmen der AfD einen Bundestagsbeschluss für einen härteren Migrations-Kurs durchgesetzt - und damit für einen beispiellosen Eklat gesorgt. SPD und Grüne werfen der Union vor, die politischen Mitte verlassen zu haben und machten CDU-Chef Friedrich Merz persönlich dafür verantwortlich. Nach einem solchen Votum, dürfe man „nicht so einfach zur Tagesordnung“ übergehen, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Merz bot SPD und Grünen neue Verhandlungen an und versicherte, „keine anderen Mehrheiten als die in der demokratischen Mitte unseres Parlaments“ zu suchen. Er fügte hinzu: „Wenn es hier heute eine solche Mehrheit gegeben hat, dann bedaure ich das.“ Die AfD-Fraktion sprach von einem historischen Moment.

Diese Geschehnisse in Berlin Ende Januar prägen auch den Wahlkampf an der Bergstraße. Mittels offener Briefe lieferten sich die Direktkandidaten von CDU, Michael Meister, und SPD, Sven Wingerter, einen Schlagabtausch. Wingerter zeigte sich entsetzt über die Ankündigung des Kanzlerkandidaten der CDU/CSU, ab sofort auch gemeinsam mit der AfD Anträgen zur Mehrheit im Deutschen Bundestag zu verhelfen. Bislang sei es Konsens der demokratischen Parteien gewesen, sich nicht von Rechtsextremen abhängig zu machen, sondern gemeinsame Wege unter Demokratinnen und Demokraten zu finden. Sven Wingerter, der 2021 als Direktkandidat knapp gegen Michael Meister unterlegen ist und daher aktuell nicht dem Bundestag angehört, forderte Michael Meister dazu auf, „hierbei nicht mitzumachen und für die Brandmauer einzustehen“.

Dieser erwiderte, dass es nach den schrecklichen Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg nicht reiche, Betroffenheit zu äußern oder immer nur wiederholt Regierungserklärungen abzugeben.Er sei selbst Vater von zwei Kindern und möchte sich nicht ausmalen, wie man sich als Elternteil fühlen müsse, wenn man sein Kind morgens in die Kita bringe und es danach nie mehr in seine Arme schließen könne. Es ginge um die Sicherheit im öffentlichen Raum und das Ende irregulärer Migration.

Sven Wingerter hat Michael Meister in einem neuen Brief erneut heftig für den gemeinsamen Beschluss eines Antrags mit der AfD kritisiert. „Die schwarz-blaue Mehrheit ist ein beispielloser Tabubruch in der Geschichte des Deutschen Bundestags. Herr Dr. Meister, Herr Merz und die CDU haben dafür gesorgt, dass Rechtsextreme erstmals seit dem Nationalsozialismus die Politik in diesem Land mitbestimmen.“ Wingerter schreibt, das Stimmverhalten von CDU und Dr. Meister sei „für viele Menschen – mich eingeschlossen – unbegreiflich. Dies zeigen die aktuellen Demonstrationen im Land und auch die Statements von Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie einer Reihe weiterer aufrechter Parteikolleginnen und -kollegen von Ihnen.“ Wingerter kritisiert zudem, die immer größere Härte in der Migrationspolitik sei nicht mit dem Anspruch vereinbar, für ein christliches Menschenbild zu stehen. Dies werde durch die die scharfe Verurteilung des CDU/AfD-Mehrheitsbeschlusses durch beide großen christlichen Kirchen in Deutschland unterstrichen.

Meister weist die Unterstellungen der Nähe zum Rechtsextremismus entschieden zurück

Wingerter ruft Meister zur Umkehr und zum Wiederaufbau der eingerissenen Brandmauer nach Rechtsaußen auf. Außerdem hätte Meister mehrere Fragen des letzten offenen Briefs unbeantwortet gelassen – unter anderem, wie er sich im Falle eines Wiedereinzugs in den Bundestag verhalten würde, wenn sich Kanzlerkandidat Merz zur Wahl als Bundeskanzler stellen und erneut ankündigen sollte, dass ihm egal sei, wer zustimmt.

Diese Frage beantwortete Michael Meister wiederum in einem offenen Brief: „Friedrich Merz hat zu diesem Thema unmissverständlich erklärt, dass wir uns als Union von der AfD nicht in eine Mehrheit oder in eine Bundesregierung bringen lassen. Damit ist alles gesagt.“

Meister weist weiterhin die Unterstellungen der Nähe zum Rechtsextremismus entschieden zurück. Er spricht von einer wahlkampftaktischen Skandalisierung politischer Initiativen demokratischer Parteien. Das Zustrombegrenzungsgesetz, über das am 31. Januar 2025 im Bundestag abgestimmt wurde, habe die CDU/CSU-Fraktion bereits vor knapp fünf Monaten ins Parlament eingebracht - nach der Messerattacke in Solingen mit drei Toten und mehreren Verletzten. Der Gesetzentwurf umfasste, wie Meister schildert, drei Maßnahmen:

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„Wir wollten die Kompetenzen der Bundespolizei beim Vollzug des Aufenthaltsrechts ausweiten. Dies entspricht dem einschlägigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 23.-25. Oktober 2024. Zweitens sollte das Regelungsziel der „Begrenzung“ wieder in das Aufenthaltsgesetz einführen, nachdem die vormalige Ampel-Regierung es aus dem Gesetz gestrichen hatte. Das bedeutet, dass Behörden sich bei Ermessensentscheidungen im Aufenthaltsrecht gerade an dem Ziel der „Begrenzung“ der Migration orientieren hätten müssen. Drittens sollte der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten - also zu solchen Asylsuchenden, die nicht individuell verfolgt werden, sondern nur aufgrund der Verhältnisse im Heimatland vorübergehenden Schutz in Deutschland erhalten - beendet werden. Eine solche Entscheidung hatte die frühere Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD - auch mit meiner Stimme - bereits im Jahr 2016 getroffen.“

Der CDU-Abgeordnete fragte Wingerter, was an diesen Maßnahmen „verfassungsrechtlich fragwürdig“ sein solle, so wie dieser es behaupten würde. Es sei seit über 75 Jahren demokratische Praxis im Parlament, Anträge einzubringen und darüber abstimmen zu lassen: „Wenn sich ein Abgeordneter seine Positionierung von den Regierungsparteien genehmigen lassen müsste, lebten wir nicht mehr in einer Demokratie.“

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