Kuratorium

Wo der Biograf Karls des Großen arbeitete

Lorscher Mitglieder besuchten die Steinbacher Basilika / Interessante Führung von Welterbestättenleiter Hermann Schefers

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red
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Der Historiker und Lorscher Welterbestättenleiter Dr. Hermann Schefers übernahm es, die Kuratoriumsmitglieder über die Einhardsbasilika zu informieren. © Kuratorium

Lorsch. Gründe für eine Fahrt in den schönen Odenwald gibt es viele – allein für die Einhardsbasilika sind es in diesem Jahr drei. Daran erinnerte das Kuratorium Kloster Lorsch und lud zu einem Ausflug dorthin ein. Geführt wurden sie dort vom Lorscher Welterbestättenleiter Dr. Hermann Schefers.

Genau 950 Jahre ist es her, seit Lorscher Mönche am Karfreitag 1073 die damals schon stark verfallene Anlage im Odenwald wieder in Betrieb nahmen, dort eine Propstei gründeten, um von hier aus die Mark Michelstadt für eine wesentlich verstärkte Bewirtschaftung und auch Besiedelung weiter zu entwickeln.

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Dass es die Steinbacher Basilika war, die von dem Karlsbiographen Einhard bis Ende 827 erbaut wurde und nicht etwa ein Vorläuferbau der Michelstädter Stadtkirche, wie man lange Zeit glaubte, das weiß man seit genau 1873. Damals, an einem schönen Juniabend soll es gewesen sein, fand der Darmstädter Professor für Kunstgeschichte Georg Schäfer heraus, dass die Basilika übereinstimmende bauliche Details mit der Seligenstädter Abteikirche aufweist, die Einhard nach 830 dort erbauen ließ.

Die Arkadenpfeiler beider Kirchen bestehen aus Backsteinen mit breiten Mörtelfugen, ganz in römischer Manier. Georg Schaefer ist 1823 in Mainz geboren, wäre also heuer 200 Jahre alt geworden.

Beim Besuch der Lorscher Kuratoriumsmitglieder vor Ort ging es zunächst natürlich um Leben und Werk Einhards, also um die Jahre 770 bis 840. Einhard war nicht nur ein bedeutender Gelehrter, sondern auch ein überaus einflussreicher Funktionär zweier Kaiser, der nach Karls des Großen Tod Einkünfte aus sieben bedeutenden Königsklöstern bezog, die er gleichzeitig für den Königsdienst zu ertüchtigen hatte.

Freund des Lorscher Abts Adelung

Auch als Künstler, als Schreiber gedankenreicher Briefe, als Freund des Lorscher Abtes Adalung und als Grundherr wurde Einhard in der Fantasie der Reiseteilnehmer wieder lebendig. Spannend auch die Geschichte der Reliquien der Heiligen Marcellinus und Petrus – ihre Auffindung in Rom, ihre Überführung nach Steinbach und dann weiter nach Seligenstadt, das damals noch Mulinheim hieß.

Die Basilika, die sich Einhard als Rückzugsort für sich und seinen Stab aus Geistlichen im Odenwald erbauen ließ, war für damalige Verhältnisse ein ganz moderner Bau: elegant, mit dezenter Bauzier von höchster Qualität. Aber auch die späteren Zutaten des 12. Jahrhunderts und der folgenden Zeiten lassen sich sehen, erfuhren die Besucher. Beeindruckend ist immer wieder der seit dem 12. Jahrhundert intakt gehaltene und immer wieder ertüchtigte Dachstuhl, durchaus aber auch das solide Sichtmauerwerk des aus dem nördlichen Nebenchor entwickelten Gebäudeflügels, in dem sich eine kleine Ausstellung zu Einhards Reliquien befindet.

Nächstes Ziel ist Seligenstadt

Auch die Unterkirche, in der auch die Stätte des Begräbnisses Einhards und seiner geliebten Imma geplant war, sollte besichtigt werden. Daraus aber wurde nichts. Die beiden fanden ihre letzte Ruhe in der schönen Seligenstädter Basilika, wohin auch auf einhelligen Wunsch die nächste Exkursion des Kuratoriums führen wird.

Der informative Ausflug fand seinen gemütlichen Abschluss in einer Michelstädter Traditionsgaststätte und mit einem Stadtbummel, bei dem, ganz unverhofft, das Lorscher Grüppchen in den spontanen Genuss einer Spezialführung durch die in der alten Kellerei wieder zu neuem Leben erweckten Kainsbacher Getreidemühle kam.

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