Felsenmeer-Informationszentrum

1800 Jahre Steinbearbeitung am Felsberg auf fünf Schautafeln

Das Projekt von Günther Dekker zeigt die Entwicklung der Steingewinnung von der Römerzeit bis zu modernen Fertigungstechniken.

Von 
Walter Koepff
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Dicht gedrängt verfolgten zahlreiche Gäste die Ausführungen von Günther Dekker zu seinen neu geschaffenen Infotafeln „1800 Jahre Steinbearbeitung“. © Koepff

Reichenbach. Um fünf weitere Informationstafeln erweitert hat der ehemalige Geschäftsführer des Felsenmeer-Informationszentrums (FIZ), Günther Dekker (Bild: Koepff), die bisherige Präsentation in den Ausstellungen des FIZ. Dabei spannte er mit Bildern und informativen Texten den Bogen von den steinbearbeitenden Römern bis zu deren Kollegen der Neuzeit.

Im vollbesetzten Infozentrum begrüßte Bürgermeister Andreas Heun zum Vortrag von Günther Dekker unter dem Titel „1800 Jahre Steinbearbeitung“. Heun würdigte die Arbeit des ehemaligen FIZ-Chefs, der immer wieder gute Ideen mit großem Engagement umsetze.

So habe er ihm vor einiger Zeit die Pläne zur Komplettierung der Ausstellung auf der Empore des FIZ vorgestellt. Diese hätten mit geringen Bordmitteln umgesetzt werden können. Heun dankte Dekker im Namen der Gemeinde. Dekkers gelungene Arbeit sei ein Gewinn für das FIZ. Heun fand auch Worte des Dankes für alle, die bei der Umsetzung des Projekts mitgewirkt hätten und den zahlreichen Gästen für ihr Kommen.

Viele Quellen zusammengetragen

Auch der aktuelle Geschäftsführer des FIZ, Marco Kohlbacher, hieß alle herzlich willkommen. Es habe ihn sehr gefreut, wie Dekker aus vielen Puzzleteilen die Ausstellung jetzt vervollständigt habe. In dem „steinreichen“ Reichenbach hätten Steine schon immer eine Rolle gespielt. Er finde es toll, dass man jetzt in Ergänzung zu den Vitrinen erfahren könne, was über die Jahrhunderte hier passiert sei.

Günther Dekker selbst war „platt“ über so großes Interesse an seinem Vortrag. Diesen habe er bereits 2018 angegangen und jetzt mit Hilfe von Helmut Adam im FIZ installieren können.

Zu seiner ersten Tafel „Die Römer im Felsberg: Arbeitstechniken vom 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr.“ stellte der Referent seine vielfältigen Quellen vor. Das waren historische Zeitungen und Publikationen wie zum Beispiel eine Studie aus dem Jahre 1809 über den Felsberg von Barthélemy Faujas St. Fond in französischer Sprache, das die ehemalige Arbeitsgemeinschaft Felsbergmuseum in Beedenkirchen übersetzt und neu aufgelegt hatte. Der „Führer durch die römische Granitindustrie auf dem Felsberg im Odenwald“ von Professsor Friedrich Behn aus dem Jahr 1925 durfte ebenso wenig fehlen wie „Der Felsberg im Odenwald“ von Werner Jorns von 1959.

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Bedeutende Informationen zum Felsberg bietet das von Dekker neu aufgelegte Werk „Römische Steinbrüche auf dem Felsberg an der Bergstraße“ von Karl August von Cohausen (1876). Dieser hatte unter anderem die wichtigsten römischen Werkstücke aufgelistet und nummeriert. Bis dahin hatten jegliche schriftlichen Dokumente zur Steinverarbeitung der Römer am Felsberg gefehlt.

Das Originalwerk von Cohausen, so Dekker, existiere nur noch in zwei Exemplaren, eines davon befinde sich in London. Da die erste Neuauflage schnell vergriffen war, habe die Gemeinde sich für weitere Nachdrucke entschieden, die jetzt wieder erworben werden können. Weitere Quellen, die Dekker herangezogen hatte, waren das Reichenbacher Heimatbuch von Richard Matthes aus dem Jahr 1936 sowie die Reichenbacher Chronik des Pfarrers Martin Walther (1904).

Rund 1500 Jahre ruhte die Steinbearbeitung im Felsbergwald, bis 1879 böhmische Steinmetze in den Odenwald kamen, wie Dekker auf seiner zweiten Tafel „Neuzeitliche Steinbearbeitung: Neuanfang am Felsberg Ende des 19. Jahrhunderts“ informiert. Zum Glück habe die damalige Gemeinde Reichenbach beschlossen, dass keine Steine aus dem Blockstrom beziehungsweise römische Werkstücke entnommen werden dürfen. Letzteres sei wohl nicht ganz eingehalten worden, meinte Dekker, da einige bereits erfasste Steine fehlten.

Soziale Probleme in den Dörfern im Odenwald

Mit entsprechendem Bildmaterial belegen die Tafeln, wie beschwerlich und gefährlich die Steinbearbeitung gewesen war. Zum Abtransport des gewichtigen Materials standen nur Pferdefuhrwerke zur Verfügung. Die Zunahme von Arbeitern in den Steinbetrieben führte zu sozialen Problemen in den Dörfern des Odenwalds, die auf der dritten Tafel dargestellt werden.

Dekker verwies dabei auf die umfassenden Recherchen und Veröffentlichungen zu diesem Thema durch den erst kürzlich verstorbenen Reichenbacher Heinz Eichhorn. Zu einigen Ausstellungsstücken in den Vitrinen erläuterte Dekker, dass diese nicht unbedingt aus dem Felsberggebiet stammen, aber zur Veranschaulichung der benutzten Werkzeuge dienen.

Den Themenkreis „Wandel vom Handwerk zur industriellen Bearbeitung“ stellte Dekker mit Aufnahmen dar aus den großen Werkshallen der Reichenbacher Firma „Destag“ mit ihren Transmissionsriemen zum Antrieb der Arbeitsgeräte. Diese wurden später durch einzelne, mit Elektromotoren angetriebene Werkzeuge ersetzt, was mehr Flexibilität bedeutete. In den 80er-Jahren konnte Dekker bei dem Reichenbacher Betrieb eine Woche lang fotografieren, um Material für seinen letzten Themenkreis „Moderne Fertigungstechniken“ zu erhalten. Trotz modernster Technik sei heute noch Handarbeit gefragt, die wie bei den Römern ausgeführt werde.

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Für die Aufmerksamkeit und den Applaus der Gäste dankte Dekker mit einer kleinen Zugabe. Diese bestand aus einigen Beispielen seiner im März 2017 im FIZ vorgestellten historischen Postkartensammlung zum Felsberg, die ebenfalls noch im FIZ gezeigt werde. Dekker zitierte einen der damaligen Gäste des Hotels auf dem Felsberg, der als Kartengruß an die Daheimgebliebenen schrieb: „Hier ist es so ruhig wie auf einem Friedhof“.

Gemeindevertretervorsitzender Helmut Adam lobte den tollen Vortrag und zeigte sich erfreut, dass viele Mandatsträger der Einladung Dekkers gefolgt seien. Heun war fasziniert von der akribischen Arbeit Dekkers, die zeige, wie schwer damals in der Steinbearbeitung gearbeitet werden musste. Auch heute bedeuten diese Tätigkeiten schwere körperliche Arbeit. Zu Dekkers Cohausen-Buch betonte das Gemeindeoberhaupt, dass dieses einen Mehrwert für die Gemeinde bedeute, ohne die Gemeindekasse zu belasten.

Sollte man Grabdenkmäler ausstellen?

Aus der Reihe der Zuschauer regte Helmut Lechner an, die wenigen, noch vorhandenen historischen Grabdenkmäler auf den Lautertaler Friedhöfen als Zeugnisse vergangener Steinmetzkunst zu sichern und an geeigneter Stelle auszustellen. Sie seien einfach zu schade, zerschlagen zu werden.

Bei Getränken und Laugengebäck bestand anschließend die Möglichkeit, die neuen Schautafeln zu betrachten oder noch Fragen an den Referenten zu richten.

Freier Autor Nach Anfängen bei der Schülerzeitung "Kurfürst" des Bensheimer Alten Kurfürstlichen Gymnasiums (AKG), Freier Mitarbeiter bei der Lindenfelser Wochenzeitung "Samstag", 1971 Wechsel zum Bergsträßer Anzeiger. Pressemäßig in Wort und Bild in Lautertal tätig.

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